Istanbuler Bürgermeister: Türkische Justiz verhaftet Erdogan-Kontrahenten Imamoglu

Ekrem Imamoglu ist Bürgermeister von Istanbul – und gilt als aussichtsreicher Herausforderer des mächtigen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan. Nun geht die Justiz gehen ihn vor.

Wenige Tage vor seiner geplanten Ernennung zum Präsidentschaftskandidaten der größten Oppositionspartei in der Türkei ist der Istanbuler Bürgermeister Ekrem Imamoglu verhaftet worden. Das wurde der Deutschen Presse-Agentur aus dem Umfeld des wichtigen Kontrahenten von Staatschef Recep Tayyip Erdogan bestätigt. 

Das Büro des Gouverneurs der Provinz Istanbul verhängte zudem eine viertägige Demonstrations-, Versammlungs- und Nachrichtensperre bis Sonntag.

Imamoglu werde unter anderem die Mitgliedschaft in einer kriminellen Organisation und Korruption vorgeworfen, berichtete die staatliche Nachrichtenagentur Anadolu unter Berufung auf die Staatsanwaltschaft.

Imamoglu: „Befinden uns im Angesicht einer großen Tyrannei“

Imamoglu veröffentlichte am Morgen auf der Plattform X ein Video, in dem er davon sprach, dass Hunderte Polizisten vor seiner Haustür stünden. „Wir befinden uns im Angesicht einer großen Tyrannei“, schrieb er dazu. Er werde aber nicht aufgeben. Mehrere Fernsehsender berichteten, die Polizei habe sich Zutritt zu Imamoglus Anwesen verschafft und das Gebäude durchsucht.

Die größte Oppositionspartei CHP wollte Imamoglu eigentlich am Sonntag offiziell zu ihrem Kandidaten für die nächste reguläre Präsidentschaftswahl im Jahr 2028 ernennen. 

Das Vorgehen der Strafverfolgungsbehörden gegen Imamoglu hatte sich schon vorher angekündigt. Am Dienstag war bekanntgeworden, dass die Istanbul-Universität ihm den Hochschulabschluss aberkannt hat. Dieser ist Voraussetzung zur Kandidatur für das Präsidentenamt. Hintergrund der Annullierung soll ein angeblich unrechtmäßiger Universitätswechsel sein.

Hochschulabschluss von Imamoglu zuvor aberkannt

Imamoglu erklärte, er wolle gegen die Entscheidung vor Gericht ziehen, habe aber das Vertrauen in faire Urteile verloren. Ihm drohen in einer Reihe weiterer Verfahren Haftstrafen und Politikverbote. 

Sein Anwalt Kemal Polat hatte der Deutschen Presse-Agentur vor Bekanntwerden des Haftbefehls gesagt, Imamoglu könne erst als Präsidentschaftskandidat antreten, wenn alle Rechtswege gegen die Entscheidung ausgeschöpft seien. 

Der Vorsitzende der CHP, Özgür Özel, sprach von einer politischen Entscheidung.