Bundesrat: MV stimmt für Grundgesetzänderung – Linke lenkt ein

Es bedurfte intensiver Gespräche zwischen SPD und Linken in MV, doch letztlich setzte sich Regierungschefin Schwesig durch: Mecklenburg-Vorpommern votiert im Bundesrat für das Milliarden-Finanzpaket.
Mecklenburg-Vorpommern hat trotz koalitionsinterner Differenzen im Bundesrat der Grundgesetzänderung für das geplante Multimilliarden-Schuldenpaket zugestimmt. „Diese Verfassungsänderung ermöglicht es dem Bund und den Ländern, kraftvoll in die Zukunft zu investieren. Wir brauchen Investitionen in Wirtschaft und Arbeitsplätze, in gute Kitas und Schulen und in moderne Krankenhäuser“, begründete Ministerpräsidentin Manuela Schwesig (SPD) die Entscheidung.
Das Finanzpaket ermöglicht Investitionen in Verteidigung, Infrastruktur und Klimaschutz. Die dafür erforderliche Grundgesetzesänderung erhielt wie schon im Bundestag auch in der Länderkammer die erforderliche Zwei-Drittel-Mehrheit.
Zuvor hatte es über Tage in Schwerin intensive Gespräche zwischen den Koalitionspartnern SPD und Linke gegeben. Zwar stehe die Linke höheren Verteidigungsausgaben weiterhin ablehnend gegenüber. „In der Gesamtabwägung unterstützt Mecklenburg-Vorpommern aber aus landespolitischer Verantwortung und im Interesse des Landes das Gesetzespaket“, erklärte die Regierungschefin, die auch in der Länderkammer das Wort ergriff. Nach ihren Angaben kann Mecklenburg-Vorpommern mit mindestens einer Milliarde Euro aus dem Infrastrukturpaket des Bundes rechnen. Die FDP scheiterte mit dem Versuch, der Regierung über das Landesverfassungsgericht die Zustimmung zum Finanzpaket zu untersagen.
Drohender Koalitionsbruch abgewendet
Für Bundesratsabstimmungen über Gesetze, bei denen sich die Regierungspartner in Schwerin nicht einig sind, ist eine Enthaltung vereinbart. Doch setzte sich in diesem Fall Schwesig durch und bewegte die Linke, das Votum mitzutragen. Der drohende Bruch der seit 2021 regierenden rot-roten Koalition wurde somit abgewendet.
„Wir finden es falsch, dass die Schuldenbremse einseitig für Verteidigungsausgaben geöffnet wird, ohne dass überhaupt darüber diskutiert wurde, was Verteidigungsfähigkeit bedeutet und wo die 100 Milliarden Euro Sondervermögen für die Bundeswehr geblieben sind“, betonte Linke-Landeschef Hennis Herbst. Die Ablehnung der einseitigen Öffnung der Schuldenbremse habe seine Partei daher in einer Protokollerklärung festgehalten. Schwesig befand die Kritik für berechtigt, dass die Schuldenbremse nur für Verteidigungsausgaben gelockert wird, nicht aber für andere Bereiche.
Die Linke nehme zur Kenntnis, dass Länder und Kommunen kaputtgespart worden, dringende Investitionen über Jahre ausgeblieben seien, sagte Herbst weiter. Die Länder benötigten daher zusätzliche Mittel. In Abwägung dieser Umstände respektiere die Linke die Zustimmung Mecklenburg-Vorpommerns zur Grundgesetzänderung.
Forderung nach grundlegender Reform der Schuldenbremse
Wie Herbst pocht auch Schwesig auf eine generelle Reform der Schuldenbremse. Sie habe die Zustimmung des Landes zum geplanten milliardenschweren Schuldenpaket an diese Erwartung geknüpft, sagte sie im Bundesrat. Union und SPD im Bund hatten in ihrem Sondierungspapier zuvor vereinbart, dass eine Expertenkommission einen Vorschlag für eine Modernisierung der Schuldenbremse entwickeln soll, die bis Ende 2025 erfolgen soll.
In ihrer Bundesratsrede verteidigte Schwesig das Gesamtpaket für schuldenfinanzierte Zusatzinvestitionen in Verteidigung und Infrastruktur. „Es ist heute ein gutes Paket, ein wichtiges Paket für die Bürgerinnen und Bürger. Und es wird jetzt unsere Verantwortung sein, dass wir verantwortungsvoll damit umgehen“, sagte sie.
Es gelte, die Balance der Generationengerechtigkeit zu halten. „Zum einen, unseren nachfolgenden Generationen nicht unnötige Schulden zu hinterlassen. Aber auf der anderen Seite, der jetzigen und nachfolgenden jungen Generation keine Infrastrukturschulden zu hinterlassen“, erklärte Schwesig. Großen Nachholbedarf gebe es bei Schienen, Straßen, Brücken, Kitas, Schulen und Krankenhäusern. Außerdem erneuerte sie ihre Forderung nach beschleunigten Planungs- und Genehmigungsverfahren: „Denn das Geld nützt nichts, wenn wir es nicht zügig – im wahrsten Sinne des Wortes – auf die Straße bringen.“
Union und SPD wollen Schulden machen für Militär und Infrastruktur
Union und SPD, die derzeit in Berlin Koalitionsverhandlungen führen, hatten sich nach langem Ringen mit den Grünen auf die schuldenfinanzierten Finanzpakete verständigt. Die frühere Ampel-Partei verhalf Schwarz-Rot am Dienstag im Bundestag daraufhin zur erforderlichen Zwei-Drittel-Mehrheit. Im Gegenzug erwirkten sie, dass 100 Milliarden Euro in den Klimaschutz fließen.
Ausgaben für Verteidigung, Zivilschutz, Nachrichtendienste und Cybersicherheit sollen nur noch bis zu einer Grenze von einem Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) – gemessen am BIP 2024: etwa 43 Milliarden Euro – unter die Schuldenbremse fallen. Alles darüber hinaus kann aus Krediten bezahlt werden. Die Bundesländer sollen mehr Spielraum für die eigene Verschuldung bekommen. Zudem soll im Grundgesetz ein Sondervermögen für Investitionen in Infrastruktur und Klimaneutralität verankert werden. Es wird von der Schuldenbremse ausgenommen und mit 500 Milliarden Euro aus Krediten gefüttert. 100 Milliarden Euro davon erhalten die Kommunen.
CDU erwartet Verbesserungen durch Sondervermögen
CDU-Landeschef Daniel Peters begrüßte das Votum des Bundesrats: „Heute ist ein guter Tag für Deutschland und Mecklenburg-Vorpommern. Mit der Zustimmung zu diesem Finanzpaket ermöglichen wir endlich die dringend benötigte Stärkung der Verteidigungsfähigkeit und die Modernisierung unserer Infrastruktur“, sagte er. Zusätzliche Mittel für die Verteidigung kämen auch der maritimen Industrie und vielen Zuliefererbetrieben in MV zugute.
AfD-Fraktionschef Nikolaus Kramer äußerte die Sorge, dass der „unerwartete Geldsegen für Rot-Rot“ aus Berlin in die falschen Kanäle fließen könnte. „Wenn es Frau Schwesig ernst mit ihrer Zustimmung im Bundesrat meint, sollte sie das Geld nicht dazu verwenden, sich noch einmal ihr Amt durch Wahlgeschenke zu erkaufen, sondern in nachhaltige Infrastrukturprojekte investieren, wie zum Beispiel den Bahn- und ÖPNV-Ausbau, Schulsanierungen sowie die umfassende Digitalisierung von Verwaltungsakten“, erklärte Kramer. Das allerdings soll in der weiteren Gesetzgebung vorgeschrieben werden.