Koalitionsverhandlungen: Arbeitsgruppen legen Ergebnisse vor

In den Koalitionsverhandlungen von Union und SPD sollen die Arbeitsgruppen schriftlich ihre Ergebnisse abgeben. Nicht überall läuft es reibungslos
Die erste Etappe der Koalitionsverhandlungen von Union und SPD steht kurz vor dem Abschluss. Bis 17.00 Uhr am Montag sollen die gemeinsamen Arbeitsgruppen die Ergebnisse ihrer Beratungen in schriftlicher Form abliefern – einige haben dies bereits am Wochenende erledigt.
In den nächsten Tagen wird dieses Material gesichtet und zusammengeführt. Alles, wozu noch keine Einigkeit erzielt ist, soll in der neuen Woche im kleineren Kreis besprochen werden.
Größere Differenzen gab es in den Arbeitsgruppen dem Vernehmen nach zu den Themen Steuern, Sozialpolitik und Eindämmung der irregulären Migration. Umstritten war etwa auch die von der SPD geforderte Legalisierung von Schwangerschaftsabbrüchen in den ersten zwölf Wochen.
Wo herrschte Einigkeit?
Zumindest in der Zielbeschreibung war man sich in der Gruppe einig, die sich mit Staatsmodernisierung und Bürokratieabbau beschäftigt hat. Generelle Einigkeit besteht nach Angaben aus Teilnehmerkreisen etwa auch, was die Notwendigkeit angeht, das Bundespolizeigesetz zu reformieren, eine rechtssichere Verpflichtung zur Speicherung von IP-Adressen zu schaffen und – wie von der Europäischen Union gefordert – Maßnahmen zum Schutz von Einrichtungen der kritischen Infrastruktur festzulegen.
Wie geht es weiter?
Noch vor dem kommenden Wochenende berät die sogenannte 19-er Runde. Ihr gehören neben den Parteivorsitzenden unter anderem auch CDU-Generalsekretär Carsten Linnemann und Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) an. Die Runde spricht vor allem darüber, wie die größten Meinungsverschiedenheiten gelöst werden könnten.
Ursprünglich war vorgesehen, dass abschließende Fragen in der ersten Aprilwoche final geklärt werden sollen. Der CDU-Vorsitzende Friedrich Merz hat bis spätestens Ostern die Bildung der geplanten schwarz-roten Regierung angepeilt. Auch Politikerinnen und Politiker der SPD mahnten zuletzt Tempo an. Doch bei der Union denken einige inzwischen, man sollte die eigene Verhandlungsposition nicht durch eine starre Zeitvorgabe schwächen.
Schulden als Schmierstoff
Mit Zustimmung der Grünen haben sich Union und SPD für die kommenden Jahre zusätzlichen finanziellen Spielraum verschafft. Wie dieser – abgesehen von Investitionen in Verteidigung, Cybersicherheit, Zivilschutz und Klimaschutz – genutzt werden sollte, ist allerdings unter den Koalitionären umstritten. Auch die Frage, wie die steuerliche Entlastung konkret aussehen soll, ist noch nicht geklärt. Im Sondierungspaket steht dazu lediglich: „Wir werden die breite Mittelschicht durch eine Einkommensteuerreform entlasten“ und „Wir steigen in der kommenden Legislaturperiode in eine Unternehmenssteuerreform ein.“.
Bundestag und Bundesrat hatten den Weg für ein Finanzpaket frei gemacht, mit dem über neue Schulden Milliardenbeträge in Verteidigung und Infrastruktur investiert werden können. Zudem wird ein Sondervermögen geschaffen, für das die Schuldenbremse nicht gilt und das mit Krediten bis zu 500 Milliarden Euro gefüttert wird. Daraus soll die Instandsetzung der Infrastruktur bezahlt werden. 100 Milliarden Euro sollen an die Länder gehen, weitere 100 Milliarden Euro sollen fest in den Klimaschutz und in den klimafreundlichen Umbau der Wirtschaft fließen.
Um Ministerien und Personalien geht es erst zum Schluss
Erst wenn die inhaltlichen Fragen weitgehend geklärt sind, soll entschieden werden, wie der künftige Zuschnitt der Ministerien aussieht und welche Partei welchen Posten besetzen darf. Spekuliert wird weiter über eine etwaige Eingliederung des Entwicklungsministeriums ins Auswärtige Amt.
Bundestag kommt zusammen – Präsidiumsposten werden besetzt
Deutlich früher klären die Bundestagsfraktionen wichtige Personalfragen. Bei den Grünen-Abgeordneten etwa steht am Montag die Wahl des Fraktionsvorsitzes an. Es bewerben sich erneut Katharina Dröge und Britta Haßelmann.
In geheimer Abstimmung entscheiden die Grünen außerdem, wer aus ihren Reihen für das Amt des Bundestagsvizepräsidenten kandidieren soll. Interesse an dem Posten haben drei bekannte Abgeordnete angemeldet: Der frühere Parteivorsitzende Omid Nouripour, die bisherige Bundestagsvizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt und Claudia Roth, die von 2013 bis 2021 Vizepräsidentin des Bundestages war.
Bei der Union gilt es als wahrscheinlich, dass die Fraktion die CSU-Innenpolitikerin Andrea Lindholz als Kandidatin für das Amt der Vizepräsidentin nominieren wird. Die SPD entscheidet nach Angaben einer Sprecherin ebenfalls Montagabend, wer aus ihren Reihen für den Vize-Posten nominiert wird. Zu möglichen Namen wollte sich die Sprecherin nicht äußern. Die Linksfraktion hatte bereits angekündigt, den früheren thüringischen Ministerpräsidenten Bodo Ramelow für den Posten zu nominieren.
Die AfD will Montagabend auch einen Kandidaten präsentieren. Der stellvertretende AfD-Fraktionsvorsitzende Stefan Keuter sagte dem „Tagesspiegel“, die Interessenten hätten sich untereinander verständigt und auf Gerold Otten geeinigt. „Der Vorstand wird diesen Vorschlag an die Versammlung weiterleiten.“ In den zurückliegenden Wahlperioden hatten alle AfD-Kandidaten für den Vize-Posten im Bundestag eine Mehrheit verfehlt.
Der Bundestag kommt am Dienstag zu seiner konstituierenden Sitzung zusammen. Dann steht unter anderem auch die Wahl des Bundestagspräsidiums an.