Gewalt im Westjordanland: Filmkollege: Oscar-prämierter Regisseur Ballal wieder frei

Anfang März noch stand Regisseur Hamdan Ballal bei der Oscar-Verleihung in L.A. im Blitzlichtgewitter. Nur drei Wochen später wird er im Westjordanland laut Augenzeugen zusammengeschlagen.

Nach seiner Festnahme im Westjordanland ist der palästinensische Regisseur Hamdan Ballal nach Angaben eines Filmkollegen wieder freigelassen worden. „Nachdem er die ganze Nacht in Handschellen gefesselt und in einem Militärstützpunkt geschlagen wurde, ist Hamdan Ballal nun frei und kann zu seiner Familie zurückkehren“, schrieb Yuval Abraham, neben Ballal einer der Co-Regisseure des Oscar-prämierten Dokumentarfilms „No Other Land“, auf der Plattform X.

Auch die Zeitung „Times of Israel“ meldete seine Entlassung aus der Haft. Dem Bericht zufolge kamen er und zwei weitere Festgenommene gegen eine Kaution frei. Sie seien zur Behandlung in ein palästinensisches Krankenhaus gebracht worden. Das Blatt hatte zuvor bereits unter Berufung auf Ballals Anwältin Lea Tsemel berichtet, dass dessen Freilassung bevorstehe. Der schwer verletzte Filmemacher habe die Nacht auf dem Boden eines Militärstützpunkts verbracht, hieß es in dem Bericht weiter. 

Der israelische Co-Regisseur Yuval Abraham zitierte die Anwältin mit den Worten, Ballal sei die ganze Nacht in Handschellen und mit verbundenen Augen festgehalten und von zwei Soldaten verprügelt worden.

Die Angaben ließen sich zunächst nicht unabhängig überprüfen. Die Anwältin sowie die israelische Polizei äußerten sich auf Anfrage zunächst nicht. Israels Armee verwies auf die Polizei.

Augenzeugen: Ballal zusammengeschlagen

Ballal war zuvor im israelisch besetzten Westjordanland Augenzeugen zufolge von israelischen Siedlern zusammengeschlagen worden. Anschließend hätten israelische Soldaten den verletzten palästinensischen Filmemacher aus einem Krankenwagen geholt und festgenommen, berichteten palästinensische Aktivisten und Kollegen Ballals. Das israelische Militär bestritt in einer Stellungnahme, dass ein Palästinenser aus einem Krankenwagen geholt worden sei. 

Nach Darstellung des israelischen Militärs warfen Palästinenser am Montagabend zunächst Steine auf israelische Siedler und beschädigten deren Fahrzeuge. Daraufhin hätten sich Gruppen von Israelis und Palästinensern gegenseitig mit Steinen beworfen. Polizei und Armee hätten die Gruppen voneinander getrennt. Palästinenser hätten auch Steine auf die Sicherheitskräfte geschleudert. Sie hätten deshalb drei von ihnen sowie einen an den gewaltsamen Zusammenstößen beteiligten Israeli festgenommen.

„No other Land“ gewann vor drei Wochen einen Oscar

Der palästinensisch-norwegische Dokumentarfilm, den Ballal mit den Israelis Yuval Abraham und Rachel Szor sowie dem Palästinenser Basel Adra drehte, gewann Anfang März in Los Angeles den Oscar für den besten Dokumentarfilm. „No Other Land“ erzählt vom gewaltfreien Kampf der Palästinenser in Susja und der umliegenden Landschaft Masafer Jatta südlich von Hebron für den Erhalt ihrer Dörfer und ihres Landes.

Die nicht-staatliche Organisation Center for Jewish Nonviolence teilte über die Plattform Bluesky mit, Ballal sei am Montagabend in seinem Heimatdorf Susja im Westjordanland von israelischen Siedlern angegriffen worden. Die Angreifer seien mit Schlagstöcken, Messern und mindestens einem Sturmgewehr bewaffnet gewesen. Viele seien maskiert gewesen. Fünf jüdisch-amerikanische Aktivisten seien ebenfalls attackiert und ihr Auto mit Steinen beworfen worden. 

Berichte: Filmemacher von Stein am Kopf getroffen

Laut Medienberichten sollen Dutzende gewalttätige Siedler Steine in Richtung der Bewohner, Häuser und Autos des Dorfes geworfen haben. Vier Palästinenser seien verletzt worden, unter ihnen Ballal. Er soll von einem Stein am Kopf getroffen worden sein. Die israelische Polizei bestätigte im Anschluss drei Festnahmen, Aktivisten zufolge war Ballal einer der Festgenommenen. 

Co-Regisseur Adra schrieb auf X, Ballal sei von Siedlern „gelyncht“ worden. Soldaten hätten ihn entführt. Hamdan sei verletzt worden und habe geblutet. Auch Co-Regisseur Yuval Abraham schrieb auf X, Ballal sei gelyncht worden. 

Palästinensische Extremisten aus dem Westjordanland verüben immer wieder Anschläge auf Menschen in Israel sowie auch auf israelische Siedler im Westjordanland. Zugleich hat auch die Gewalt radikaler Siedler gegen palästinensische Zivilisten im Westjordanland stark zugenommen.

Eklat bei der Berlinale

Der Film „No Other Land“ zeigt, wie der Palästinenser Adra den schrittweisen Abriss der Dörfer seiner Heimatregion durch Soldaten im Auftrag der israelischen Regierung dokumentiert. Im Vorjahr wurde der Film bei der Berlinale mit dem Dokumentarfilmpreis ausgezeichnet. Zu einem Eklat kam es, nachdem bei der Preisverleihung einseitig Vorwürfe gegen Israel laut wurden, ohne dass das Oktober-Massaker der islamistischen Hamas-Terroristen erwähnt wurde. 

Vor dem Hintergrund des Gaza-Kriegs sprach Abraham auf der Bühne von einer „Situation der Apartheid“, im Saal gab es Applaus. Nachträglich distanzierte sich die Festivalleitung von den Aussagen, nicht aber vom ausgezeichneten Film.

Die Berlinale bezeichnete die aktuellen Berichte in einer Mitteilung bei Instagram als „sehr beunruhigend“. Die Sicherheit der Filmemacher liege der Berlinale-Community am Herzen, hieß es weiter. „Wir fordern seine sichere Rückkehr zu Freunden und Familie.“ Die Rollen des Journalismus und des Dokumentarfilms müssten geschützt und seine Macher vor Repressalien und Gewalt bewahrt werden.