Rüstungsindustrie: Wehrtechnik will von Bundeswehr-Milliarden profitieren

Die Bundeswehr soll mit hohen Milliardensummen modernisiert werden. Das weckt seit längerem auch Hoffnungen bei Unternehmen in Schleswig-Holstein. Doch noch fehlen konkrete Aufträge.
Angesichts der angekündigten Milliarden-Investitionen für die Bundeswehr hoffen Rüstungsfirmen in Schleswig-Holstein auf neue Aufträge. „Von der massiven Stärkung der Bundeswehr wird die Wehrtechnik in Schleswig-Holstein überproportional profitieren“, ist sich der Hauptgeschäftsführer des Unternehmensverbandes Hamburg und Schleswig-Holstein (UV Nord), Michael Thomas Fröhlich, sicher.
Das bringe neue Jobs und werde sich positiv auf die Standorte auswirken. Die Wehrtechnik in Schleswig-Holstein habe sich in den letzten Jahren zu einer wichtigen Säule der Wirtschaft mit hochqualifizierten Arbeitsplätzen entwickelt, fügt Fröhlich hinzu.
Verteidigungsetat steht noch nicht fest
Der Sprecher des Arbeitskreises Wehrtechnik Schleswig-Holstein, Dieter Hanel, sagt, die Unternehmen gingen „aufgrund ihrer technologischen Kompetenz und ihres breiten Produktspektrums“ davon aus, angemessen an den Beschaffungsvorhaben beteiligt zu werden. Derzeit ließen sich über die Vorhaben der Bundeswehr und auf EU-Ebene aber noch keine Aussagen machen.
Das habe zwei Gründe: Nach dem Regierungswechsel müsse im Bundestag noch der Verteidigungshaushalt für 2025 und die Folgejahre verabschiedet werden, und auf dem NATO-Gipfel im Juni dieses Jahres solle über die „Schließung von Fähigkeitslücken im Bündnis entschieden werden“, sagt Hanel.
Zahl der Beschäftigten stark gestiegen
In Schleswig-Holstein seien knapp 40 Unternehmen in der Wehrtechnik tätig, davon allein 19 in der Landeshauptstadt Kiel. 20 Unternehmen seien dem Marineschiffbau und der Marinetechnik zuzurechnen. Insgesamt hätten die Unternehmen rund 8.700 Beschäftige. Dies sei seit 2014 ein Anstieg von knapp 50 Prozent, erklärt der Sprecher des Arbeitskreises Wehrtechnik.
Allein das Unternehmen Rheinmetall mit zwei Standorten in Schleswig-Holstein verzeichne 2024 einen Zuwachs bei den Beschäftigten von über zehn Prozent gegenüber dem Vorjahr und plane weiterhin die Einstellung von neuem Personal, sagt Hanel. Ein Neuzugang in Kiel sei das kanadische Unternehmen OSI Systems.
Über die Bundeswehr hinaus wird das Wachstum Hanel zufolge aber auch stark von den Unterstützungsleistungen für die Ukraine und von den Auslandsaufträgen bestimmt.
Ausbau der A20 „strategisch unverzichtbar“
Für die Verteidigungsfähigkeit sei auch eine leistungsfähige Infrastruktur wichtig, betont UV-Nord-Hauptgeschäftsführer Fröhlich. Damit erhalte insbesondere die A20 eine noch größere Bedeutung. Der Weiterbau der Autobahn sei nicht nur für die Wirtschaft existentiell. Auch in Bezug auf sicherheitspolitische Vorkehrungen sei sie „für militärische Transporte strategisch unverzichtbar“. Dies müsse bei der Umsetzung von Vorhaben eine wesentlich wichtigere Rolle spielen.
Bei einem Wehrtechnik-Gipfel mit Ministerpräsident Daniel Günther (CDU) verabschiedeten die Teilnehmer vor zwei Wochen ein gemeinsames Positionspapier. Die Erwartungen der wehrtechnischen Industrie Schleswig-Holsteins an Aufträge aus dem 100-Milliarden-Euro-Sondervermögen der Bundeswehr seien bisher nicht erfüllt worden, sagte Günther. Dabei gebe es erhebliche Bedarfe der deutschen Marine, den die schleswig-holsteinischen Werften und Zulieferunternehmen decken könnten.