Aufschub des EU-Lieferkettengesetzes: Europaparlament stimmt für Eilverfahren

In der Debatte um eine Verschiebung des europäischen Lieferkettengesetzes hat das Europaparlament für ein Eilverfahren gestimmt. Zusätzliche Beratungen in den Ausschüssen des Parlaments fallen mit der Entscheidung am Dienstag in Straßburg weg. Die Abgeordneten sollen nun bereits am Donnerstag endgültig über die Verschiebung um ein Jahr abstimmen.
Eigentlich will die EU mit dem Lieferkettengesetz Unternehmen mit mehr als 1000 Beschäftigten für Menschenrechtsverletzungen und Umweltverschmutzung in ihrer Produktion in die Pflicht nehmen. Die EU-Kommission hatte Ende Februar vorgeschlagen, den ersten Stichtag für die Umsetzung um ein Jahr auf den 26. Juli 2028 zu verschieben. ein Jahr später soll das Gesetz dann voll greifen.
In diesem Zuge will die Kommission auch ein Gesetz zur Nachhaltigkeitsberichtserstattung in Unternehmen um zwei Jahre verschieben. Auch in diesem Fall stimmte das Europaparlament am Dienstag für ein Eilverfahren, weitere Beratungen fallen also weg. Die Entscheidung über den Aufschub soll ebenfalls am Donnerstag fallen.
In Straßburg stimmten die Abgeordneten der Europäischen Volkspartei (EVP) um CDU und CSU, der Liberalen und des Rechtsaußen-Lagers für das Eilverfahren. Sozialdemokraten, Grüne und Linke stimmten nahezu geschlossen dagegen. Insgesamt sprachen sich von den 662 anwesenden Abgeordneten 427 für das Eilverfahren aus.
Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen hatte zuvor versucht, eine Mehrheit aus EVP, Liberalen und Sozialdemokraten für ihren Vorschlag zu gewinnen. Letzte Verhandlungen am Montagabend scheiterten, die drei Fraktionen wollen mit Blick auf die folgende Abstimmung am Donnerstag aber weiter an einem Kompromiss arbeiten.
Mit den Plänen für einen Aufschub hatte die EU-Kommission auf massiven Druck aus der Wirtschaft reagiert. Darüber hinaus sind weitere Lockerungen der betroffenen Gesetze geplant, über die das das Europaparlament und die 27 EU-Länder in den kommenden Wochen und Monaten verhandeln müssen. So soll das Lieferkettengesetz deutlich abgeschwächt werden.
Die betroffenen Firmen sollen nicht mehr in ihrer gesamten Lieferkette die Einhaltung von Menschenrechten und Umweltstandards sicherstellen müssen, sondern nur noch bei ihren direkten Zulieferern. Ein Nachweis dafür würde den Vorschlägen zufolge nicht mehr jährlich, sondern nur noch alle fünf Jahre fällig. Die Kommission will zudem eine EU-weite zivilrechtliche Haftung für Verstöße gegen die Vorgaben einschränken.