Serie auf Sky: Rombie Zombie: So wird die zweite Staffel von „The Last of Us“

Die Serie „The Last of Us“ zeigt, dass man Horrorgeschichten auch mit Tiefgang erzählen kann. Hält die lang erwartete zweite Staffel dieses Niveau?
In Zombiefilmen und -serien geht es meist weniger um die Untoten selbst, sondern um die Menschen, die mit ihnen – oder besser gegen sie – leben müssen, denn ein Miteinander ist nur schwer vorstellbar. Die Menschen sind unter Dauerstress, immer davonlaufen, immer schießen, immer neue Festungen bauen, die dann von den Zombies überrannt werden, und später geht es von vorne los: laufen, schießen und so fort.
Das kann zu posttraumatischen Belastungsstörungen führen: Wer den Untoten immerfort in den Kopf schießt, damit sie Ruhe geben, hat bald selbst ein Kopfproblem. So trifft es sich gut, dass zu Beginn der zweiten Staffel der Serie „The Last of Us“ eine Psychologin bereitsitzt, sich den Gedanken und Gefühlen eines mental Gestressten zu widmen. Dummerweise hat die Psychologin, wie sich später in der Staffel herausstellt, selbst einen Knacks.
„The Last of Us“ war ursprünglich ein Videogame
Der Patient ist den Zuschauern der ersten Staffel gut bekannt: Joel Miller (Pedro Pascal), der rastlose Wanderer durch die amerikanische Zombiesteppe und Ziehvater von Ellie (Bella Ramsey), eines Mädchens, das immun ist gegen die Bisse der Monster und das als große Hoffnung derer gilt, die nach einem Wirkstoff gegen die Pandemie forschen. Diese wurde einst ausgelöst von einem bösen Pilz, der durch die Welt wuchert und die Infizierten seitdem zu seelenlosen Fleischfressern werden lässt.
Bei „The Last of Us“, so viel für alle, die nicht sofort Bescheid wissen, handelt es sich ursprünglich um ein außerordentlich erfolgreiches Videogame. Man muss es aber nicht durchgespielt haben, will man verstehen, worum es in der ebenfalls außerordentlich erfolgreichen Serie geht. Staffel eins zeigte, dass sich ein Zombiestoff auch anspruchsvoll erzählen lässt, voller Figuren, die mehr als die üblichen zwei Gesichtsausdrücke beherrschen: Schrecken, wenn ein Zombie hinter einem Baum hervortritt, und Trauer, wenn das Zombie kurz darauf die beste Freundin aufgefressen hat. War etwa „The Walking Dead“ der Big Mac unter den Zombieserien, so handelte es sich bei „The Last of Us“ um ein Kobe-Steak.
Doch wird es auch in Staffel zwei noch schmecken?
Es gibt immer noch Kaffee und Whisky in der Apokalypse
Wir befinden uns nun im Jahr 2029, sechs Serienjahre sind seit dem Finale der ersten Staffel vergangen (für die Zuschauer zum Glück gerade mal zwei Lebensjahre, aber lang genug, sich nicht mehr haargenau an alles zu erinnern, was bislang passiert ist). Es geht los in dem Örtchen Jackson, Wyoming, dessen Bewohner ein beengtes, aber durchaus glückliches Dasein fristen – geschützt von hohen Barrikaden. Good news: Es gibt immer noch Kaffee und Whisky in der Apokalypse.
Doch was ist nur Ellie? Sie schaut Joel, der sie einst an diesen schönen Ort gebracht hat, kaum mehr an, wenn sie einander auf der Straße begegnen. Und so sitzt Joel gramgebeugt bei der Psychologin, ratlos, wie er mit seiner Teenie-Ziehtochter umgehen soll. „Was hast du ihr angetan?“, fragt die Therapeutin. „Hast du sie verletzt?“ – „Nein“, sagt er, die Augen ganz feucht. „Ich habe sie gerettet.“ Das wirkt geschrieben wesentlich platter, als es im Originalton vom Bildschirm klingt: „I saved her.“
Die zweiten Staffel von „The Last Of Us“ spielt im Winter in Wyoming
© Sky Deutschland
Die Entfremdung zwischen Joel und Ellie hat Gründe, die erst viel später freigelegt werden, in der vorletzten Folge, die von ähnlicher melancholischer Schönheit ist wie die berühmt gewordene Folge drei in der ersten Staffel, die von der Liebe zwischen einem Prepper und einem Davongelaufenen erzählte. In „I saved her“ ist das Drama angelegt, das sich in den nächsten Folgen entfalten wird.
Winter in Wyoming
Spielzeit: Winter, der in Wyoming noch so tief sein darf wie zu Zeiten der ersten Siedler, die sich das Land untertan machten. Unter den Schneemassen liegen ein paar Leichen im Winterschlaf, aus ihnen wird bald eine Lawine aus Monstern, die durch die weiße Landschaft rollen. Sie bilden eine Armee wie bei „Herr der Ringe“. Der Ort Jackson wird zu einer mittelalterlichen Burg, doch statt mit heißem Pech verteidigen sie sich mit Fässern voller Benzin, die sie mit Gewehrkugeln durchlöchern und mit Fackeln in Brand setzen. Wurde in Folge eins der neuen Staffel der Horror noch hingetupft, bricht jetzt ein wüster Krieg aus. Mann gegen Monster. Haus um Haus. Nahkampf in der Eiseskälte. Der Anführer der Untoten zeigt etwas, das uns allen stets angeraten wird: Resilienz. Er scheint sich von Kugeln und Flammen nicht umwerfen zu lassen, ein typischer Endgegner.
Es tobt ein Intensitätsfernsehen mit extrem hoher Ereignisdichte, jede Szene ein Schlachtengemälde. Vor den Toren der Stadt entwickelt sich währenddessen eine Blutfehde. Sie schließt an das Ende von Staffel eins an, an dem Joel viele Männer und Frauen erschoss, weil er Ellies Leben retten wollte. Nun sinnt die Tochter eines der Getöteten auf Rache, der Beziehungsstatus lässt sich in etwa so zusammenfassen: Mein Vater hat deinen Vater getötet, du hast meinen Vater getötet, jetzt werde ich dich töten. Kompliziert, oder?
In einer Welt, durch die der Tod wie eine Heuschreckenplage zieht, wirkt dieses Nachkarten etwas kleinlich. Da wirkt die Serie wie ein laufender Kommentar zu den aktuellen Geschehnissen: Wir verstricken uns in privaten Gelüsten, der Zusammenhalt aber, der eigentlich notwendig wäre, löst sich auf. Es geht auch um die Frage, was genau eine Generation an die nächste weitergibt – und ob mit der Übergabe etwas besser wird. Ist der Mensch, dieses Geschöpf voller Rachsucht, vielleicht sogar das größere Ungeheuer als jene armen Kreaturen, die von einem Pilz in die Metzelei getrieben wurden? Mit dem (natürlich grausamen) Tod einer Hauptfigur wird die gesamte Serie am Ende von Folge zwei wieder auf null gestellt.
Die Adrienne Lenker einer untergegangenen Welt
Leider geht auch die Qualität der anschließenden Episoden ab und zu in die Knie: Menschen rotten sich zu Banden zusammen, Männer reden knackig in Funkgeräte, die Musik wird dräuend. Selten erreicht die Handlung wieder die Metaebene, auf der sich unser Zeitgeschehen in der Handlung spiegelt. So lernen wir in Folge vier etwa, dass der Bevölkerung offenbar das Wahlrecht entzogen wurde; das Land scheint vom Militär regiert zu werden. „Voters“ gilt als Spottwort, das unter den Soldaten kursiert, gemeint sind die Menschen, die keine Stimme mehr haben, die dem Staat und den Monstern ausgeliefert sind. „Voters“, das könnte auch ein Spottwort von Trump sein.
Zu den Diamant-schönen Momenten zählt die Szene, in der Ellie in einem Musikladen in Seattle eine unbeschädigte Gitarre findet und auf ihr „Take on Me“, ja genau: von A-ha, spielt, als sei sie die Adrienne Lenker einer untergegangenen Welt. Kurz danach werden sie und ihre Begleiterin von Soldaten durch die entvölkerte Stadt gejagt. Erst zart, dann hart, so geht es immer weiter.
Dort, in Seattle, nimmt die Staffel eine neue Wendung, die Serie verhaspelt sich in ständigen Zeitansagen (in der Art: „Seattle Day One“, „Three Years Ago“, „Seattle Day Three“ oder so ähnlich), wie bei einem Bug in einem Videospiel. Soll komplex wirken, kann aber den Leerlauf nicht übertünchen, der sich breitmacht wie ein gefährlicher Pilz. Beim Cliffhanger in den letzten Staffelsekunden weicht die Spannung einer Erleichterung – darüber, dass das Rasen, das fröhliche Rombie Zombie, nun wieder in Pause geht. Fortzersetzung folgt.
Die zweite Staffel von „The Last of Us“ startet am 14. April bei Sky