Britische Regierung sorgt für Weiterbetrieb von Stahlwerk Scunthorpe

Nach dem Beschluss des britischen Parlaments zur Rettung des Stahlwerks Scunthorpe überwacht die britische Regierung nun die Belieferung der zwei Hochöfen mit Eisenerz und Koks, damit sie nicht ausgehen. Finanzstaatssekretär James Murray sagte dem Sender Sky am Montag, Beamte seien vor Ort: Ihre Aufgabe sei es dafür zu sorgen, dass die Rohstoffe rechtzeitig zu den Hochöfen gelangen.
Das Stahlwerk gehört dem chinesischen Konzern Jingye, der das Unternehmen British Steel übernommen hatte. Jingye hatte Ende März angekündigt, die Schließung der Hochöfen vorzubereiten. Das Werk sei nicht rentabel, der Verlust pro Tag betrage 700.000 Pfund. Bis zu 2700 von insgesamt 3500 Stellen bei British Steel könnten gestrichen werden.
Jingye wollte nach Darstellung der britischen Regierung die Belieferung des Werks mit Rohstoffen stoppen. Einmal abgekühlt oder abgeschaltet, ist ein Hochofen schwierig wieder hochzufahren.
Wirtschaftsminister Jonathan Reynolds sagte am Sonntag, Jingye habe ein Angebot der Regierung über 500 Millionen Pfund (581 Millionen Euro) für den Kauf von Rohstoffen abgelehnt – Jingye habe stattdessen das Doppelte verlangt und dennoch keine ausreichenden Garantien für den Weiterbetrieb des Werks gegeben. Wäre die Regierung nicht eingeschritten, „wären die Hochöfen weg und damit die Produktion von Primärstahl in Großbritannien“, sagte Reynolds. Scunthorpe ist das letzte Stahlwerk im Königreich, das Primärstahl herstellt – der etwa für den Bau von Brücken oder Bahngleisen nötig ist.
Reynolds kritisierte, es sei „naiv“ gewesen, das Stahlwerk an einen chinesischen Konzern zu verkaufen. Ein Abgeordneter der oppositionellen Tories, Christopher Chope, warf Jingye „Industriesabotage“ vor. Staatssekretär Murray erklärte, das Vorgehen von Jingye repräsentiere nicht das Vorgehen aller chinesischen Unternehmen. Peking warnte, Großbritannien solle den Fall nicht „politisieren“ – das Land gefährde so das „Vertrauen chinesischer Firmen, die in Großbritannien investieren wollen“.
Zur Rettung von Scunthorpe waren die Abgeordneten des britischen Parlaments am Samstag aus den Osterferien geholt worden. Beide Kammern stimmten für ein Notgesetz, das den Weg für eine Verstaatlichung freimacht. Murray sagte am Montag, die Regierung hoffe weiterhin auf einen „Partner aus der Privatwirtschaft“, der in das Werk investiere. Die Verstaatlichung bleibe aber eine „sehr wahrscheinliche Option“.
Stahlunternehmen in ganz Europa stehen wegen hoher Energiekosten, Billiglieferungen aus Asien und wegen der Mitte März eingeführten US-Zölle auf Stahl in Höhe von 25 Prozent unter Druck.