Koalitionsvertrag: Union und SPD streiten erneut über den Mindestlohn

Zwei Wochen vor Regierungsstart ringt Schwarz-Rot um den Mindestlohn. Die SPD beharrt auf 15 Euro, die Union verweist auf die zuständige Kommission, die die Höhe festlegen soll.
Zwei Wochen vor dem geplanten Start der schwarz-roten Regierung weisen CDU/CSU einen Vorstoß des künftigen Koalitionspartners SPD zum Mindestlohn strikt zurück. SPD-Generalsekretär Matthias Miersch hatte darauf verwiesen, dass 15 Euro Mindestlohn notfalls auch per Gesetz erreichbar seien. CDU-Generalsekretär Carsten Linnemann wandte sich daraufhin gegen einen „politischen Mindestlohn“. Der Parlamentarische Geschäftsführer der Unionsfraktion, Thorsten Frei (CDU), erklärte: „Im Koalitionsvertrag haben wir eine gute Regelung gefunden. Daran sollten wir uns auch orientieren.“ Auch die CSU wandte sich gegen den neuen sozialdemokratischen Vorstoß.
Zum 1. Januar war die Lohnuntergrenze auf 12,82 Euro pro Stunde erhöht worden. In ihrem Wahlprogramm hatten die Sozialdemokraten 15 Euro als eines ihrer Kernversprechen angekündigt. Mit der Union konnte die SPD im Koalitionsvertrag aber nur vereinbaren, dass die Mindestlohnkommission sich unter anderem „an 60 Prozent des Bruttomedianlohns von Vollbeschäftigen orientieren“ solle. „Auf diesem Weg ist ein Mindestlohn von 15 Euro im Jahr 2026 erreichbar“, stellt der Koalitionsvertragsentwurf fest.
SPD-Generalsekretär: Wir können gesetzgeberisch tätig werden
Miersch hatte im Podcast „Table.Today“ mit Blick auf die unabhängige Mindestlohnkommission gesagt: „Ich gehe davon aus, dass diese Kommission tatsächlich zu diesem Ergebnis (von 15 Euro) kommt.“ Auch der als Kanzler vorgesehene CDU-Chef Friedrich Merz habe gesagt, er gehe davon fest aus. „Aber wir haben auch in anderen Fällen schon bewiesen, dass wir, wenn diese Kommission beispielsweise nicht dementsprechend handelt, dass wir dann gesetzgeberisch tätig werden können.“
Damit spielte Miersch auf das Jahr 2022 an, als die Ampel-Regierung aus SPD, Grünen und FDP die Lohnuntergrenze außerplanmäßig auf 12 Euro erhöhte. Die Wirtschaft hielt das für schädlich, die damals oppositionelle Union schäumte.
Union gegen SPD-Vorstoß
Frei sagte den Zeitungen der Mediengruppe Bayern: „Eine ebenso starke wie unabhängige Mindestlohnkommission hat sich bewährt.“ Grundsätzlich sei es das Ziel, dass Tariflöhne wieder zur Regel werden. Zuletzt war nur für rund 49 Prozent der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in Deutschland das Beschäftigungsverhältnis durch einen Tarifvertrag geregelt (2023). CSU-Generalsekretär Martin Huber sagte den Zeitungen: „Die Mindestlohnkommission bleibt politisch unabhängig. Die Höhe des Mindestlohns wird von der Kommission festgelegt.“
Der Vorsitzende des Arbeitnehmerflügels der CDU, Dennis Radtke, sagte der „Süddeutschen Zeitung“: „Eigentlich sollte man davon ausgehen, dass ein SPD-Generalsekretär sowohl die Geschäftsordnung der Mindestlohn-Kommission wie auch den Koalitionsvertrag lesen und verstehen kann.“ Es sei „offenkundig, dass die Kommission selbst die 15-Euro-Schwelle knacken wird“.
Linnemann: Druck auf SPD durch Mitgliederentscheid
Linnemann sagte den Zeitungen der Mediengruppe Bayern: „Ich verstehe den Druck, den die SPD durch die Mitgliederbefragung hat. Aber wir müssen trotzdem am Koalitionsvertrag festhalten.“ Ein Mindestlohn von 15 Euro sei erreichbar, doch die Kommission werde entscheiden, ob es so komme.
Bei der SPD läuft bis zum 29. April ein Mitgliedervotum über den neuen Koalitionsvertrag. Am Tag zuvor will die CDU auf einem kleinen Parteitag darüber abstimmen. Die Wahl von CDU-Chef Merz zum neuen Bundeskanzler im Bundestag ist für den 6. Mai vorgesehen.