Bahnhofsviertel Frankfurt: Mann will in Haft: Mord an Bettler im Rollstuhl

Im Internet stößt ein verzweifelter Mann auf Artikel, die das Leben im Gefängnis verherrlichen – daraufhin ersticht er ein wehrloses Opfer. Nun hat ein Gericht sein Urteil gegen ihn verkündet.

Einem Mann wachsen die Sorgen über den Kopf, die beste Lösung scheint ihm ein Aufenthalt im Gefängnis zu sein. Um verhaftet zu werden, sticht er im berüchtigten Frankfurter Bahnhofsviertel einen im Rollstuhl sitzenden, einbeinigen, abgemagerten Bettler zu Tode. Nun, über ein Jahr später, nimmt er im Landgericht äußerlich unberührt das Urteil entgegen: lebenslang wegen heimtückischen Mordes aus niedrigen Beweggründen. 

Das Urteil sei noch nicht rechtskräftig, belehrt ihn die Vorsitzende Richterin der Schwurgerichtskammer. Der 30-Jährige schüttelt still den Kopf. Er hat eine Woche Zeit, es sich anders zu überlegen und in Revision zu gehen. 

Drohende Obdachlosigkeit

Vor der Tat war der im rheinland-pfälzischen Nastätten lebende Mann verzweifelt gewesen. Seinen neuen Job als Müllmann hatte er nach einem Tag beendet, sein einziger sozialer Kontakt war seine Mutter, mit der er sich jedoch nicht verstand. Ihm drohte Geldnot und der Verlust seiner ohnehin äußerst spärlich möblierten Wohnung. Im Internet informierte er sich über die Themen Obdachlosigkeit und Suizid – und über Gefängnisaufenthalte. 

Dabei stieß er auf mehrere Artikel, die ihm suggerierten: Im Gefängnis ist es besser als draußen. „Das schien ihm die allerbeste Lösung für seine Probleme zu sein“, sagt die Richterin. Er habe töten wollen, um ins Gefängnis zu kommen. 

Am 7. März 2024 packte er in seiner Wohnung ein großes Küchenmesser ein und fuhr in das Frankfurter Bahnhofsviertel. Dort suchte er laut den Feststellungen des Gerichts ein Opfer, das sogar ihm als kleinen, schmächtigen, ängstlichen Mann unterlegen war. Er traf am Eingang einer Passage auf den Bettler. Der drogenabhängige 49-Jährige hatte nur noch ein Bein, saß im Rollstuhl, wog lediglich etwas über 40 Kilogramm. 

Kurz sprachen die beiden Männer miteinander, dann rollte der 49-Jährige davon in die Kaiserpassage, der damals 29-Jährige ging ruhigen Schrittes hinterher. „Spätestens da fasste er den Entschluss, ihn zu töten“, erklärte die Richterin. 

Stiche in den Rücken

Von hinten stach er mit Wucht in den Rücken des nichts Böse ahnenden Mannes, der 49-Jährige fiel aus seinem Rollstuhl. Viele weitere Stiche folgten, bis Zeugen den Angreifer überwältigten. Der Schwerverletzte hievte sich zurück in seinen Stuhl und rollte davon, am Ausgang der Passage brach er zusammen. Der Täter ließ sich anscheinend ungerührt von der Polizei festnehmen. Auch als er einen Tag später von dem Tod seines Opfers erfuhr, zeigte er keine Betroffenheit. 

Mit seinem Urteil folgte das Frankfurter Landgericht dem Antrag der Staatsanwaltschaft. Der Rechtsanwalt des heute 30-Jährigen hatte eine Verurteilung wegen Totschlags zu einer Haftstrafe von fünf bis sieben Jahren gefordert.