Kopf-an-Kopf-Rennen: Trumps Annexionsdrohungen überschatten Parlamentswahl in Kanada

Kanada wählt unter dem Druck von Donald Trump ein neues Parlament. Die Liberalen um Premierminister Carney haben die Nase vorn – wohl auch dank der Drohungen des US-Präsidenten.
Vor dem Hintergrund einer wiederholt von US-Präsident Donald Trump angedrohten Annexion haben die Menschen in Kanada am Montag ein neues Parlament gewählt.
Als Favorit galt Premierminister Mark Carney mit seiner Liberalen Partei. Kurz nach der Öffnung der Wahllokale sprach Trump erneut von Kanada als 51. US-Bundesstaat. Der konservative Kandidat Pierre Poilievre forderte den US-Präsidenten daraufhin auf, sich aus der Wahl herauszuhalten.
Es wird ein Kopf-an-Kopf-Rennen zwischen den Liberalen von Ministerpräsident Mark Carney und den Konservativen von Pierre Poilievre erwartet. Mehreren Umfragen vom Wochenende zufolge kommen die regierenden Liberalen auf 42 bis 44 Prozent, die Konservativen auf 38 bis 40 Prozent. Die Neue Demokratische Partei landet in den Umfragen auf dem dritten Platz mit etwa sieben Prozent. Zum Zeitpunkt der Amtsübergabe von Trudeau auf Carney hatten Umfragen den Liberalen noch eine Niederlage bei der nächsten Wahl vorausgesagt.
Kanada: Liberale laut Umfragen vorn
Sollten sich jedoch die Prognosen bewahrheiten, erhielten die Liberalen wahrscheinlich das vierte Mandat in Folge. Allerdings könnte es passieren, dass Carney im 343 Sitze umfassenden Unterhaus nur eine Minderheit der Sitze erringt und damit für die Regierungsbildung auf kleinere Parteien angewiesen wäre.
Die Annexionsdrohungen von Trump sowie seine Zollpolitik hatten die Kanadier zuletzt in tiefer Ablehnung vereint sowie eine regelrechte patriotische Welle ausgelöst – und das Wahlkampfrennen Umfragen zufolge zugunsten des liberalen Ministerpräsidenten Mark Carney gedreht, dem eher als seinem konservativen Herausforderer Pierre Poilievre zugetraut wird, Trump die Stirn zu bieten.
Noch bis heute Abend (Ortszeit) sind in Kanada rund 29 Millionen Wahlberechtigte zur Stimmabgabe bei der Parlamentswahl aufgerufen. Mit ersten Ergebnissen wird in der Nacht zum Dienstag (MESZ) gerechnet. Da die Wahllokale wegen der Zeitverschiebung innerhalb Kanadas zu unterschiedlichen Uhrzeiten schließen, werden auch die Wahlergebnisse nach und nach bekanntgegeben.
Parlamentswahl unter Druck von US-Präsident Trump
Kurz nach dem Start der Parlamentswahl in Kanada hat US-Präsident Donald Trump das Land erneut zur Eingliederung in die USA aufgefordert. „Keine vor vielen Jahren gezogene künstliche Linie mehr. Wie wunderschön würde dieses Land sein. Freier Zugang ohne Grenzen. Nur Positives, nichts Negatives. So hat es immer sein sollen!“, schrieb Trump auf seiner Online-Plattform Truth Social.
Die Menschen in Kanada forderte er auf, den Mann zu wählen, der „die Kraft und Weisheit“ habe, unter anderem ihre Steuern zu halbieren und ihre Militärmacht zu erhöhen – also ihn selbst, „wenn Kanada der geschätzte 51. Staat der Vereinigten Staaten wird“.
Die USA könnten Kanada nicht mehr länger subventionieren, wenn Kanada nicht zu einem Bundesstaat seines Landes werde, schrieb Trump, der bei der Parlamentswahl in Kanada natürlich nicht auf dem Wahlzettel steht. Wirtschaftsexperten auf beiden Seiten der Grenze haben allerdings immer wieder betont, dass auch wenn Kanada historisch von den USA als Nachbar profitiert habe, die USA Kanada nicht im traditionellen Sinn subventionieren.
Poilievre verurteilte daraufhin die Einmischung Washingtons in die Wahl. „Präsident Trump, halten Sie sich aus unserer Wahl heraus“, erklärte der Oppositionskandidat im Onlinedienst X an Trump gerichtet. „Kanada wird immer stolz, souverän und unabhängig sein und wir werden niemals der 51. Bundesstaat werden.“
Kurz vor der Wahl war Kanada von einer Auto-Attacke in Vancouver erschüttert worden, bei der elf Menschen getötet wurden. Ein Autofahrer raste am Samstagabend bei einem Straßenfest der philippinischen Gemeinschaft in der westkanadischen Großstadt in eine Menschenmenge. Umstehende überwältigten den 30-jährigen Fahrer, anschließend wurde er von Polizisten festgenommen.
Die Staatsanwaltschaft legt dem Verdächtigen mehrfachen Mord zur Last. Die Beamten gehen nicht von einem terroristischen Motiv aus und erklärten, der festgenommene Fahrer habe in der Vergangenheit unter psychischen Problemen gelitten.