Erziehung: Neue Studie: Ein Drittel der Deutschen findet „Klaps auf den Po“ okay

Unicef und das Universitätsklinikum Ulm haben in einer Studie die Haltung der Deutschen zur Gewalt gegen Kinder untersucht. Die Ergebnisse irritieren.
„Das Kind hat ein Recht auf Pflege und Erziehung unter Ausschluss von Gewalt, körperlichen Bestrafungen, seelischen Verletzungen und anderen entwürdigenden Maßnahmen“, so heißt es seit gut 25 Jahren im Bürgerlichen Gesetzbuch. Doch trotz dieses klaren gesetzlichen Rahmens scheint die Realität in vielen Familien anders auszusehen – das zeigt eine aktuelle Studie zum Tag der gewaltfreien Erziehung.
Demnach lehnt zwar die Mehrheit der Bevölkerung körperliche Strafen ab, doch nicht alle Befragten setzen Schläge mit Gewalt gleich. So halten 30,9 Prozent der Befragten einen „Klaps auf den Po“ für vertretbar, 14,5 Prozent befürworten sogar eine „leichte Ohrfeige“. Für die im Auftrag von Unicef durchgeführte repräsentative Erhebung des Universitätsklinikums Ulm wurden rund 2500 Menschen ab 16 Jahren befragt.
Gewalt gegen Kinder noch immer ein Problem
Trotz dieser irritierenden Ergebnisse lässt sich immerhin dennoch ein positiver Trend erkennen: Der Anteil derjenigen, die körperliche Gewalt in der Erziehung für angemessen halten, ist seit der Jahrtausendwende deutlich gesunken. Während im Jahr 2005 noch rund 75 Prozent der Befragten angaben, ihren Kindern gelegentlich einen Klaps auf den Po zu geben, waren es 2016 „nur noch“ 45 Prozent – 2020 lag der Wert bei 43 Prozent.
Doch einige Ansichten halten sich hartnäckig: Immerhin fünf Prozent der Befragten stimmten der Aussage zu, eine „Tracht Prügel“ habe noch keinem Kind geschadet. Auffällig ist, dass Männer häufiger körperliche Strafen befürworten als Frauen. Auch zwischen den Generationen gibt es deutliche Unterschiede: Während 43 Prozent der 61- bis 92-Jährigen einen Klaps auf den Po generell für angemessen halten, sind es bei den 16- bis 30-Jährigen nur 17 Prozent.
Verbesserungen nicht ausreichend
Zwar habe sich das Problem der Gewalt in der Kindererziehung während der vergangenen Jahrzehnte in vielerlei Hinsicht verbessert, es bleibe aber einiges zu tun. Vor allem müsse man den Gewaltbegriff erweitern, schlagen die Forschenden um den Kinder– und Jugendpsychiater Jörg M. Fegert vor. Für manche Menschen zähle ein Klaps auf den Po des Kindes bisher nicht als Gewalt, obwohl er das fraglos sei.
Und: „Insbesondere psychische Gewalt und emotionale Bestrafung in der Erziehung erfahren nach wie vor nicht die notwendige Aufmerksamkeit – trotz ihrer nachgewiesenen negativen Auswirkungen auf die kindliche Entwicklung“, so der Studienautor Fegert.
Quellen: DPA, „Spiegel“