Steuern sparen?: So tritt man aus der Kirche aus – und das sind die Folgen

In Deutschland ist die Kirchensteuer für Protestanten und Katholiken verpflichtend. Will man sie nicht mehr zahlen, muss man die Kirche verlassen. Hier erfahren Sie, wie das geht.
Sie wird auch von denen, die sie eigentlich gar nicht zahlen wollen, oft übersehen oder bewusst ignoriert: die Kirchensteuer. Die Sätze, die man alljährlich auf dem Steuerbescheid findet, sehen auf den ersten Blick gering aus. Für viele Menschen, die nicht gläubig sind und nie in die Kirche gehen, fühlt sich die regelmäßige Zahlung deshalb nicht schmerzhaft genug an, um die Mühe eines Kirchenaustritts auf sich zu nehmen. Wenn die Kirche im eigenen Leben aber wirklich keine Rolle spielt und man diesen Schritt in Erwägung zieht, spart man auf lange Sicht durch den Wegfall der Kirchensteuer überraschende Summen – muss dafür aber offiziell aus der Kirche austreten.
So funktioniert der Kirchenaustritt
Der Austritt erfolgt in der Regel beim Standesamt oder Amtsgericht des Wohnortes. Hier sollte man vorab einen Termin vereinbaren. Wenn es so weit ist, muss man persönlich erscheinen und einen gültigen Ausweis vorlegen. Die Gründe des Austrittswunsches muss man nicht erklären. Es fällt eine Verwaltungsgebühr an – je nach Bundesland liegt sie zwischen 25 bis 35 Euro. Der Austritt wird anschließend dem Finanzamt automatisch mitgeteilt, sodass die Kirchensteuer in der Regel bereits ab dem Folgemonat entfällt. Für die unterschiedlichen Konfessionen gelten die gleichen Verfahren.
Kirchensteuerpflichtig sind in Deutschland nicht nur Mitglieder der römisch-katholischen und der evangelischen Kirche, sondern auch Angehörige kleinerer Religionsgemeinschaften wie der altkatholischen Kirche oder der israelitischen Kultusgemeinden. Die Steuereinnahmen fließen zu etwa 40 Prozent in seelsorgerische und karitative Arbeit. Der Rest wird für die Finanzierung von Kirchengebäuden, der Verwaltung, kirchliche Bildungseinrichtungen sowie soziale Dienste wie Kindergärten und Krankenhäuser verwendet. Der Anteil, der direkt an karitative Zwecke fließt, liegt nach Schätzungen unabhängiger Institute bei rund zehn bis 15 Prozent der Einnahmen durch die Kirchensteuer.
Die Kirchensteuer beträgt in den meisten Bundesländern neun Prozent der Lohn- oder Einkommensteuer, in Bayern und Baden-Württemberg sind es nur acht Prozent. Für Singles mit einem Bruttojahreseinkommen von etwa 50.000 Euro ergibt das eine Kirchensteuer von rund 800 bis 1000 Euro pro Jahr.
Ein Ehepaar ohne Kinder kann durch den Kirchenaustritt etwa 2000 Euro Kirchensteuer pro Jahr sparen. Die genaue Steuerhöhe hängt bei verheirateten Paaren davon ab, ob beide Partner kirchensteuerpflichtig sind. Ist nur einer in der Kirche, kann über das sogenannte „besondere Kirchgeld“ dennoch eine Zahlungspflicht bestehen. Nämlich dann, wenn der Partner, der nicht Kirchenmitglied ist, deutlich mehr verdient als der Partner, der Mitglied ist.
Das Vermeiden der Kirchensteuer kann Folgen haben
Ein Kirchenaustritt ist eine persönliche Entscheidung mit finanziellen, aber auch gesellschaftlichen und spirituellen Konsequenzen. Wer ihn in Betracht zieht, sollte sich über mögliche Auswirkungen – etwa beim Wunsch nach einer kirchlichen Trauung oder Beerdigung – im Klaren sein. Eine kirchliche Hochzeit ist in der Regel nämlich nur möglich, wenn mindestens einer der Partner Kirchenmitglied ist. Und auch kirchliche Trauerfeiern können von der örtlichen Gemeinde oder dem örtlichen Pastor oder Priester abgelehnt werden, wenn der Verstorbene nicht mehr Mitglied der Kirche war.