Zur Papstwahl: Fünf Fragen und Antworten zum Augustinerorden

Der neue Papst Leo XIV. gehört dem jahrhundertealten Augustinerorden an. Wofür steht die Gemeinschaft? Die wichtigsten Fragen und Antworten.

Wie leben Augustiner zusammen?

Gemeinsame Güter, gemeinsame Gebete, gemeinsamer Alltag: Die Ordensregeln der Augustiner gehen auf den Theologen Augustinus von Hippo zurück. Bei seinen Ausführungen orientierte er sich am Ideal urchristlicher Gemeinden. Im ersten Kapitel seiner Ordensregeln führt Augustinus auf: „Zuallererst sollt ihr einmütig zusammenwohnen wie ein Herz und eine Seele auf dem Weg zu Gott.“ Und weiter: „Bei Euch darf von persönlichem Eigentum keine Rede sein.“ 

Bei der Bayerisch-Deutschen Provinz der Augustiner heißt es dazu: „Heute verstehen wir Augustiner darunter, dass wir alle Güter gemeinsam haben und miteinander teilen. Wir teilen Glauben und Leben, teilen Wissen und Kenntnis, teilen Arbeit und Freizeit.“ Weltweit hat der Orden rund 2600 Mitglieder, in Deutschland gibt es sechs Niederlassungen: in Berlin, Erfurt, Fährbrück, Münnerstadt, Würzburg und Maria Eich.

Augustinus von Hippo (354–430) zählt zu den großen Theologen der Spätantike. Nach ihm wurde der Augustinerorden benannt
© Carnegie Museum of Art

Wer war Augustinus von Hippo?

Der Ordensvater der Augustiner lebte im 4. und 5. Jahrhundert in Nordafrika und zählt zu den größten westlichen Theologen der Antike. Augustinus von Hippo arbeitete nach seinem Studium erst als Lehrer für Rhetorik und verachtete das Christentum. Eines Tages jedoch – so schilderte er es später – vernahm er eine Kinderstimme, die ihn dazu aufforderte, die Bibel aufzuschlagen. Augustinus konvertierte, beschloss, auf Ehe, Sex und regulären Beruf zu verzichten, wurde in der Stadt Hippo Regius im heutigen Algerien Priester, Bischof und gründete Klöster. 397 stellte er Regeln für das Leben darin auf – die ältesten der Westkirche. Dazu zählten Anweisungen zu Gebetszeiten und zur Gebetspraxis über das Verhalten bei Tisch und außerhalb des Klosters bis hin zu den Zeiten des Redens und des Schweigens. 

Mehr als 100 Bücher verfasste Augustinus, besonders einflussreich war sein mehrbändiges Werk „Der Gottesstaat“. Darin wendet sich der Kirchenlehrer gegen den Vorwurf, der Christengott könne das Imperium nicht schützen und daher trügen die Christen durch ihre Verdrängung des althergebrachten Götterglaubens die Schuld an der Plünderung Roms durch die Goten im Jahre 410.

Wer hat den Augustinerorden gegründet?

Augustinus von Hippo gilt zwar als Ordensvater – tatsächlich begründet hat er den heutigen Orden aber nicht. Als im Jahr 428 die Vandalen aus Europa in Nordafrika einfielen, flohen einige der von Augustinus gegründeten christlichen Gruppen nach Mittel- und Norditalien und errichteten dort Mönchsgemeinschaften. Dort waren sie über Jahrhunderte hinweg zunächst unabhängig voneinander aktiv. 

Erst Papst Alexander IV. vereinte 1256 verschiedene italienische Einsiedlergemeinden zum Orden der Augustiner-Eremiten. Der Begriff „Eremit“ geht darauf zurück, dass viele Einsiedlerverbände mit in den Orden aufgenommen wurden. Nach dem Willen des Papstes sollten „die Brüder in die Städte ziehen, sich dort niederlassen und im Volk Gottes Früchte zeitigen durch das beredte Wort heiliger Weisheit und das Beispiel frommen Zusammenlebens“. 

Fortan gehörten die Augustiner zu den Bettelorden, die durch Arbeit, Almosen und Schenkungen Gemeinschaftsbesitz erwarben und nach dem Armutsgebot des Evangeliums lebten. Als Kleidung bekamen sie ein schwarzes Habit – eine Art Kutte – mit Ledergürtel sowie einen großen Schulterkragen mit schwarzer Kapuze. 

Der Orden stieg schnell auf: Bereits 40 Jahre nach seiner Gründung gab es im deutschsprachigen Gebiet nördlich der Alpen 80 Augustinerklöster. Im 14. Jahrhundert verbreiteten sich die Augustiner über weite Teile Europas, von Irland bis Ungarn, von Portugal bis Zypern. Seit 1969 wird der Orden nicht mehr als Augustiner-Eremiten bezeichnet, sondern schlicht als Augustinerorden.

Was hat der Augustinerorden gegen Martin Luther?

Der spätere Reformator Martin Luther war einst selbst Augustinermönch: Von 1505 bis 1511 lebte er im Augustinerkloster zu Erfurt. Hier ließ er sich zum Priester ausbilden; strenge geistliche und asketische Übungen sowie ein genau geregelter Tagesplan bestimmten sein Leben. Noch nach seinem berühmten Thesenanschlag gegen den Ablasshandel 1517 in Wittenberg unterschrieb er ein paar Jahre lang mit „Martin Luther, Augustiner“ und trug zunächst weiter sein Ordensgewand. Am 9. Oktober 1524 jedoch legte er die Tracht ab – ein Zeichen dafür, dass er sich nicht mehr als Mönch betrachtete. 

Auch Martin Luther gehörte einst dem Augustinerorden an. 1523 ließ er sich von Lucas Cranach dem Älteren in der typischen Mönchskleidung darstellen – allerdings nicht mit kahl geschorenem Kopf, sondern mit Kopfhaar
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Mit seiner schrittweisen Abkehr vom Orden stürzte er die Augustiner in die größte Krise ihrer Geschichte. Luther habe, so stand es noch 2017 in der Vatikanzeitung „Osservatore Romano“, das Ordensleben der Augustiner „mit aller Kraft verdammt“ und eine Massenflucht aus den Klöstern mitbefördert. Von 160 Augustinerklöstern auf dem Gebiet des heutigen Deutschlands schlossen während der Reformation 69. 

Was hat das Augustiner-Bräu mit dem Augustinerorden zu tun?

Im Hochmittelalter gab es im deutschsprachigen Raum knapp 500 Klosterbrauereien. Diese Wirtschaftsbetriebe waren ein wichtiges Standbein für die Finanzierung vieler Klöster. In München begannen Augustinermönche im Jahr 1328 mit dem Bierbrauen: Fast 500 Jahre lang brauten sie es direkt im Kloster und verkauften es in der hauseigenen Schänke. 1803 war Schluss: Der Staat übernahm das Kloster – und die Brauerei wurde privatisiert.