Wildtiere in der Stadt: Gänsekot auf Liegewiesen – liegt die Lösung bei den Eiern?

Wildgänse und Menschen haben im Sommer dieselben Vorlieben – und das sorgt für Konflikte. Eine Art Geburtenkontrolle soll in manchen Orten die Gänseschar in Schach halten.
Ärger mit dem Federvieh: Im Bereich von Freibadegewässern in Rheinland-Pfalz bestehen den Behörden zufolge Probleme mit Wildgänsen – teils seit Jahren. Vorwiegend seien dies Verunreinigungen durch Kot, damit gehe eine Gesundheitsgefährdung von Erholungssuchenden einher, teilen die Landesforsten mit. Was kann man tun? Und wo ist der Ärger am größten?
Insbesondere entlang der Rheinschiene komme es zu erheblichen Schäden in der Landwirtschaft und auch zu Schmutz etwa auf Liegewiesen, heißt es. In Ludwigshafen, im Rhein-Pfalz-Kreis und im Landkreis Germersheim genehmigte die obere Jagdbehörde deshalb bei Grau-, Kanada- und Nilgänsen das Anstechen von Eiern.
Ziel: Brutplatz unattraktiver machen
„Mit dem Anstechen der Eier soll versucht werden, eine Langzeitwirkung zu erreichen, um den Brutplatz unattraktiver für eine erneute Ansiedlung zu machen“, teilt die zuständige Zentralstelle der Forstverwaltung mit. Zudem werden die Gänse in der zugelassenen Zeit bejagt, vergrämt und mit Zäunen von bestimmten Flächen ferngehalten.
Doch nicht nur Rheinland-Pfalz ist betroffen. In Nürnberg etwa verlässt eine Kanadagans laut schnatternd ihr Nest und bringt sich auf dem See in Sicherheit. Mitarbeitende der Stadt haben den Wasservogel aufgescheucht. An diesem Tag kontrollieren sie die Gelege auf einer Insel im Wöhrder See östlich der Innenstadt. Manche davon sind mit einem Kreuz markiert. Andere haben ein kleines Einstichloch. Ein Gänseküken wird aus diesen nicht mehr schlüpfen. Mit dieser Methode haben die Fachleute das Ei unfruchtbar gemacht: eine Art Geburtenkontrolle, damit die Gänseschar nicht zur Plage wird.
Geburtenkontrolle per Einstich
Der Wöhrder See in Nürnberg ist beispielhaft für ein Problem, das viele Städte in Deutschland haben. In warmen Monaten zieht es Sonnenbadende und Sportbegeisterte ans Ufer. Doch auch Grau-, Kanada- und Nilgänse fühlen sich dort wohl – und hinterlassen Kot am Strand, auf Liegewiesen und Fußwegen. Mit speziellen Reinigungsmaschinen müssten diese zum Teil täglich gereinigt werden, sagt André Winkel vom städtischen Servicebetrieb Öffentlicher Raum.
Vor allem die invasive Nilgans sorgt für Schlagzeilen, weil sie mitunter auch in Freibädern einfällt, wie es nach Angaben der Deutschen Gesellschaft für das Badewesen in Frankfurt am Main oder im baden-württembergischen Fellbach der Fall war. Das Vorkommen der ursprünglich aus Afrika stammenden Nilgans sei seit 2017 stark gestiegen, sagt Torsten Reinwald vom Deutschen Jagdverband. „Sie ist sehr anpassungsfähig und konkurrenzstark.“
Das sagen die Bestandszahlen
Die heimische Graugans ist nach Angaben des Naturschutzbunds Deutschland (Nabu) mit 42.000 bis 59.000 Brutpaaren die häufigste Wildgans in Europa. Die Nilgans kommt demnach auf 5.000 bis 7.500 Brutpaare, die ebenfalls eingewanderte Kanadagans auf 8.500 bis 14.500 Brutpaare. Bei allen drei Arten seien die Populationstrends steigend, sagt Nabu-Experte Martin Rümmler.
Dass sich Wildgänse in Städten besonders gerne niederlassen, liegt Rümmler zufolge an mehreren Faktoren: Dort werden sie in der Regel nicht gejagt. Es gibt weniger Beutegreifer wie Füchse, Marder oder Waschbären, die die Küken fressen. Und genügend Futter, weil in Parks und Freibädern den ganzen Sommer über saftig-grünes Gras wächst. „Dazu haben sie keine Scheu und werden, trotz Verbot, leider sehr viel gefüttert“, erläutert eine Sprecherin der Stadt Köln, wo Gänsekot in den Grünanlagen ebenfalls für Konflikte sorgt.
Auch andere Regionen behandeln Gelege
Düsseldorf setzt seit Jahren auf das sogenannte Gelegemanagement, Köln seit 2023. Dort werden alle Eier bis auf ein oder zwei aus den Nestern genommen. In Köln erhöhte sich die Zahl der Gänse der Stadt zufolge seither an Weihern mit Gelegemanagement nicht. In Düsseldorf blieb die Zahl der Gänse laut der Bilanz in den Parkanlagen 2024 auf dem Niveau des Vorjahres, insgesamt stieg die Zahl aber – Gänse wanderten wohl aus dem Umland zu.
Nabu-Experte Rümmler sieht die Behandlung von Gelegen dennoch kritisch. „Das ist im Vergleich zur Jagd natürlich eine tierschonendere Art, um die Bestände zu regulieren.“ Die Ausbreitung der Nilgans werde man dadurch aber nicht verhindern können. „Damit kann man nur regional den Bestand stabil halten. Doch das ist aus Sicht des Nabu eigentlich unnötig, denn die Bestände regulieren sich von selbst.“ Wenn an einer Stelle zu viele Wildgänse seien, wanderten diese in andere Gebiete ab und suchten dort nach Nahrung, sagt er.
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