Morgen|stern: Stichelt Selenskyj Putin nach Istanbul? Die Lage am Morgen

Wolodymyr Selenskyj glaubt nicht, dass Wladimir Putin persönlich in der Türkei erscheint und Friedrich Merz stellt sein Kanzlerkönnen unter Beweis. Was heute sonst noch wichtig wird.

Guten Morgen, liebe Leserinnen und Leser,

vergangene Woche schlug Wladimir Putin vor, ab diesem Donnerstag „ernsthafte Verhandlungen“ über ein Kriegsende in der Ukraine zu führen, am besten in der türkischen Hauptstadt Ankara. Das klang vernünftig. Die Lorbeeren dürfte am Ende aber der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj kassieren. Er kündigte an, Putin persönlich zu erwarten und brachte den Kremlherrscher so in die Bredouille. Ob Moskau darauf eingeht? Selbst Selenskyj zweifelt daran.

Selenskyjs Schwächlings-Sticheleien

Es ist ewig her, dass sich Selenskyj und Putin persönlich gesehen haben. 2019 war das im Élysée-Palast, es ging um eine Lösung im Ostukraine-Konflikt. Heute ringt der ukrainische Staatschef um eine Lösung für sein ganzes Land. Eine 30-tägige Waffenruhe wäre schon mal was. Selenskyj bleibt realistisch: „Wir können uns mit ihm (Putin, Anm. d. Red.) nicht sofort über alles einigen. (…) Aber irgendwie müssen wir ein Format für die Beendigung des Krieges finden“, sagte er in einem Interview mit dem „Spiegel“ vor den geplanten Verhandlungen.

Dass er dem russischen Staatschef von Angesicht zu Angesicht gegenüberstehen könnte, auch darüber macht sich Selenskyj keine Illusionen. Er glaube „nicht recht daran, dass Putin persönlich dazu fähig ist, sich zu treffen“, meinte er und stichelte weiter, „Mir scheint, er hat Angst.“

Den Feind so klein und blöd wie möglich dastehen zu lassen, das ist offenbar Selenskyjs Strategie. Viel anderes bleibt ihm auch nicht übrig: Die Forderungen nach einer Waffenruhe ignoriert der Kreml weitestgehend – ob sie aus der Ukraine kommen oder von ihren europäischen Verbündeten. Auch die Geduld des launischen US-Präsidenten strapaziert Putin, ohne mit der Wimper zu zucken.

Vor den Verhandlungen in der Türkei kann er sich aber nicht drücken, immerhin waren sie seine Idee. Möglicherweise schickt Putin ein Stellvertreterteam nach Istanbul. Vielleicht noch seinen Außenminister Sergej Lawrow. Sein Dilemma löst das aber nicht: Kommt der russische Staatschef persönlich, wäre er der von Kiew Getriebene. Kommt er nicht, ist er zumindest für Selenskyj ein unversöhnlicher Kriegsherrscher: „Wenn er nicht anreist, dann heißt das, er will keinen politischen Sieg – für keine der Gesellschaften übrigens.“

Merz, der Wirtschaftsmacher

Großer Tag für Friedrich Merz: Heute steht seine erste Regierungserklärung an. Aller Wahrscheinlichkeit nach wird sich der Kanzler darin einem zweiten großen Wahlkampfthema der Union widmen – der Wirtschaft. Merz will Deutschland wieder wettbewerbsfähig machen.

Einen Vorgeschmack gab es bereits gestern Abend auf dem Wirtschaftstag der CDU: „Wir müssen in diesem Land wieder mehr und vor allem effizienter arbeiten“, betonte Merz. Sollten Sie noch Resthoffnungen auf eine vier-Tage-Woche und Work-Life-Balance gehabt haben, können Sie sich spätestens jetzt davon verabschieden. Merz erteilte beidem eine Absage, mit dem Argument, dass sich der Wohlstand Deutschlands so nicht erhalten lasse. Und die 40-Stunden-Woche sei nun mal im Koalitionsvertrag verankert.

Ansonsten wird der Kanzler heute die Eckpunkte vorstellen, die die neue Regierung sofort angehen muss. Beim Thema Außenpolitik hat Merz bereits gezeigt, was er kann: Er telefonierte mit Donald Trump und war auch ein den Ukraine-Gesprächen mit Frankreich und Großbritannien bekannt. Merz Strategie ist offensichtlich: Deutschland eine Führungsrolle auf dem weltpolitischen Parkett zurückgeben. Beim Thema Migrationspolitik hat Merz gezeigt, dass er als Kanzler zu seinen Versprechen steht.

Was sonst noch zu erwarten ist, hören Sie im „5-Minuten-Talk“. Meine Kollegen Veit Medick und Jan Rosenkranz haben heute ihren ersten Gast:

Auf einen Flirt mit Markus Söder

Würden Sie mit Markus Söder flirten, wenn er neben Ihnen säße? Cathy Hummels, Ex-Spielerfrau, hat gestern Abend die Gunst der Stunde genutzt. In ihrer ersten Ausgabe „Cathy’s Stammtisch“ platzierte sie den bayerischen Ministerpräsidenten neben sich. Ihre Aufgabe als Moderatorin nahm sie locker und gab damit Söder das Go, über sich zu erzählen, über Veganer, die Grünen und Frauen zu witzeln (man müsse ihnen nicht komplett zuhören, sondern nur wissen, ob man „Ja“ oder „Nein“ sagen muss).

Irgendwann wollte Hummels wissen, wo Söders erster Kuss stattgefunden hatte (in der U-Bahn). Und dann begann der Flirt: Hummels fragte, ob Söder mit ihr im Bikini lieber nach Hawaii oder an den Tegernsee fahren wolle. Er nippte am Bier, sie kommentierte: „Musst mich schönsaufen?“ Söder: „Ich bin doch nicht aus Zucker, ich bin nur süß.“ Dann behauptete er, als Politiker keine Leidenschaften zu haben. Cathy konterte: „Ich sitz‘ doch neben Dir.“ Hummels lobte die Essens-Posts und den Bartwuchs des Politikers als „männlich“.

Am Ende wurde es wohl selbst Söder zu schmalzig. Er beendete den Talk auf seine direkte Art: „Ich würde sagen, wir sind durch.“

Und damit ist über das neue Format aus Bayern alles gesagt.

Was heute noch passiert

Frank-Walter Steinmeier reist aus Israel zurück nach Deutschland. Was der Bundespräsident auf seiner Reise erlebt hat und warum ein Handschlag mit Premierminister Benjamin Netanjahu tückisch ist, hat mein Kollege Nico Fried aufgeschrieben.Donald Trump reist von der saudischen Hauptstadt Riad weiter nach Doha in Katar. Der Besuch des US-Präsidenten auf der arabischen Halbinsel hat ein Geschmäckle, analysiert unser Washington-Korrespondent.Gestern gab es eine Razzia im Milieu der sogenannten „Reichsbürger“. Nun hat Innenminister Dobrindt die bekannteste Gruppe, „Königreich Deutschland“, verboten. Der Anführer Peter Fitzek wurde ebenfalls festgenommen. Heute könnte ein weiteres Mitglied verhaftet werden.Das Landgericht Köln urteilt über einen 40-Jährigen, der einer Polizistin ein Teil des Ohres abgebissen hat.

Kommen Sie gesund und sicher durch diesen Mittwoch!

Christine Leitner
(Nachrichtenredakteurin)