Historisches Dokument: In Harvard liegt eine Kopie der Magna Carta? Nein, es ist ein Original

Für 27 Dollar kaufte die Universität Harvard vor Jahrzehnten eine Kopie der Magna Carta. Jetzt stellt sich heraus: Das Dokument ist echt – und Millionen Dollar wert.
1946 kaufte die Universität Harvard eine Kopie der Magna Carta von einem britischen Buchhändler, der das historische Dokument wiederum zuvor bei einer Versteigerung erworben hatte. 27,50 US-Dollar kostete das Papier damals die Bibliothek der juristischen Fakultät – nach den heutigen Erkenntnissen ein echter Spottpreis.
Denn bei dem Kauf handelte es sich mitnichten um eine Kopie, haben jetzt zwei britische Wissenschaftler herausgefunden. Vielmehr hat die US-Universität seit fast 80 Jahren ein extrem seltenes und sehr wertvolles Original der Magna Carta in ihrem Besitz. Bisher ging man davon aus, dass es sich um eine 1327 erstellte Kopie handelte.
Original der Magna Carta aus dem Jahr 1300
David Carpenter, Professor für mittelalterliche Geschichte am King’s College in London, wurde stutzig, als er zu inoffiziellen Kopien der Magna Carta forschte und sich dabei online auch das Dokument aus Harvard ansah. Ihm kam der Verdacht, dass es sich um ein Original handeln könnte. Weitere Forschungen bestätigten diese Vermutung.
Die Fassung aus dem Jahr 1300 wurde vom englischen König Eduard I. herausgegeben und soll für seine 725 Jahre noch in gutem Zustand sein. Es gibt nur sieben weitere bekannte Originale dieser Edition, die heute noch existieren. Insgesamt gibt es 24 weltweit bekannte Originale. Ursprünglich stammt die Magna Carta aus dem Jahr 1215 und dokumentiert eine Vereinbarung zwischen dem englischen König und dem Adel, der damals den Aufstand gegen das Königshaus probte. Diese Urkunde bildet die Grundlage für die britische Verfassung und viele weitere.
„Würde man jemanden fragen, was das wichtigste einzelne Dokument der Weltgeschichte ist, würde er wohl sagen, die Magna Carta“, erläutert Historiker Nicholas Vincent, der ebenfalls an der Überprüfung beteiligt war, die Bedeutung des Dokuments.
Harvard will das Dokument behalten
Die in Harvard entdeckte Ausgabe der Magna Carta wurde wohl ursprünglich an die Gemeinde Appleby-in-Westmorland in England geschickt und galt lange Zeit als vermisst. Sie sei „ein bemerkenswertes Zeugnis einer grundlegenden Phase in der politischen Entwicklung Englands“, sagte sein Kollege Carpenter: „Das ist eine fantastische Entdeckung.“ Dennoch wunderte er sich, warum man in Harvard so lange nicht verstanden hat, welcher Schatz dort lagerte.
Zuletzt wurde ein Original der Magna Carta 2007 versteigert – für mehr als 21 Millionen Dollar. Der Fund in Harvard dürfte ähnlich wertvoll sein. Die renommierte US-Uni möchte ihr Original aber nicht verkaufen.
Quellen: Harvard Law School, Harvard Library Viewer, „Washington Post“