Handys an Schulen: Viele wollen damit lernen, dürfen aber nicht

Viele Schüler wollen mit dem Smartphone lernen – doch an den meisten Schulen ist das verboten. Was Schüler, Lehrer und Verbände fordern.
Smartphones sind längst ein fester Bestandteil des Alltags von Jugendlichen. Sie informieren sich, kommunizieren und lernen mit diesen digitalen Geräten. Doch während ein Leben ohne Smartphone außerhalb der Schule kaum mehr vorstellbar ist, gelten innerhalb vieler Schulgebäude strenge Nutzungsverbote. Diese Kluft zwischen digitaler Lebensrealität und schulischer Praxis sorgt zunehmend für Diskussionen unter Schülern, Lehrkräften, Eltern und Bildungspolitikern. Eine aktuelle Umfrage des Digitalverbands Bitkom zeigt, wie groß das Interesse an der Nutzung von Smartphones im Unterricht ist – und wie wenig davon derzeit umgesetzt wird.
Verbreitete Verbote trotz hoher Lernbereitschaft
An deutschen Schulen gilt für Smartphones meist: mitbringen ja, benutzen nein. Laut einer aktuellen repräsentativen Umfrage des Digitalverbands Bitkom unter mehr als 500 Schülerinnen und Schülern an weiterführenden Schulen gelten an 94 Prozent der Schulen Regeln oder Verbote zur privaten Smartphone-Nutzung. Dabei ist die häufigste Praxis, dass Handys zwar mitgebracht, aber nur in bestimmten Situationen oder Räumen benutzt werden dürfen. Komplettverbote bestehen an rund 17 Prozent der Schulen. Nur an zwei Prozent ist eine freie Nutzung ohne Einschränkungen erlaubt.
Diese Einschränkungen stehen im deutlichen Kontrast zum Wunsch vieler Jugendlicher. 84 Prozent der befragten Schülerinnen und Schüler gaben an, dass sie ihr Smartphone gerne auch im Unterricht als Lernmittel einsetzen würden. Tatsächlich erlaubt dies jedoch nur etwa jede siebte Schule regelmäßig. Damit bleibt das Potenzial digitaler Geräte im Schulalltag weitgehend ungenutzt – trotz ihrer Allgegenwart im Alltag der Jugendlichen.
Fehlende Mitbestimmung bei Regeln
Auffällig ist zudem, dass die überwiegende Mehrheit der Schulen Regelungen zur Smartphone-Nutzung trifft, ohne die Schülerinnen und Schüler dabei einzubeziehen. Nur an zwölf Prozent der Schulen wurde die Schülerschaft in die Entscheidungen eingebunden. Bitkom kritisiert dies als realitätsfremd und fordert, Jugendliche stärker an Entscheidungen über die Nutzung digitaler Technologien zu beteiligen. Die Schule müsse ein Ort sein, an dem digitale Kompetenzen praxisnah vermittelt und eingeübt werden können – gerade auch im verantwortungsvollen Umgang mit dem Smartphone.
Kontroverse Sichtweisen: Pädagogik vs. Digitalisierung
Einige pädagogische Stimmen sehen in Handyverboten ein probates Mittel zur Konzentrationsförderung und Konfliktvermeidung. Auch eine Studie aus Österreich zeigt, dass viele Lehrkräfte – insbesondere an Pflichtschulen – Verbote begrüßen. Dem gegenüber stehen jedoch bildungspolitische Stimmen wie die der Bundesschülerkonferenz und des Bitkom, die pauschale Verbote als unzeitgemäß kritisieren.
Die Bundesschülerkonferenz argumentiert, ein generelles Handyverbot verschärfe lediglich die digitale Kluft und verhindere dringend notwendige Lernprozesse im Umgang mit digitalen Medien. Stattdessen fordert sie gezielte Förderung der Medienkompetenz und die Integration von Smartphones als Teil einer modernen, praxisorientierten Bildung.
Die Debatte zeigt: Schulen bleiben beim Thema Smartphone häufig im Widerspruch zu den digitalen Gewohnheiten und Lernwünschen der Jugendlichen. Während nahezu alle Jugendlichen digitale Geräte besitzen und diese gezielt einsetzen möchten, sind viele Schulen stark auf Restriktion ausgerichtet. Ein Mittelweg könnte in klaren, gemeinsam entwickelten Regeln liegen, die einerseits Ablenkung minimieren, andererseits aber den gezielten Einsatz digitaler Technologien im Unterricht ermöglichen – als Vorbereitung auf eine zunehmend vernetzte Lebens- und Arbeitswelt.