Kolumne Marinić: Klein-Geist – wie der deutsche SAP-Chef seinem Namen alle Ehre macht

Der Chef des Software-Unternehmens SAP will Frauen weismachen: Es geht auch ohne euch! Er unterwirft sich damit dem Trump-Diktat.
Auch in meinem nächsten Leben möchte ich auf jeden Fall wieder als Frau geboren werden. Es bleibt noch so viel zu tun, weil es nach wie vor viele Männer gibt, die beständig liefern, wenn es darum geht, das Patriarchat fortzusetzen. Sie liefern, als ginge es um ihr Leben. Eine Welt, in der sie nicht allein oder neben anderen Spitzenmännern ganz oben stehen, scheint für sie keine lebenswerte zu sein. Dabei bilden Männer zahlenmäßig die Minderheit.
Sie fragen sich, warum fährt die Frau jetzt wieder einen Angriff gegen das Patriarchat? Nun, das weltweit agierende Software-Unternehmen SAP aus Walldorf hat einen Chef, der seinen Namen um jeden Preis zum Programm machen will. Christian Klein, dessen Firma einen großen Teil der Geschäfte in den USA macht, verneigt sich tief vor Trump. Manche sagen gar: Er bückt sich. Der US-Präsident kämpft bekanntlich an allen Fronten gegen die Vielfalt.
SAP indes nahm seit über zehn Jahren eine Vorreiterrolle ein in Sachen Diversität. Klein lässt die Programme für mehr Geschlechtervielfalt und für Frauenförderung jetzt fallen, Aktionäre kritisieren ihn dafür. Er will das Ziel von 40 Prozent Frauen in der Belegschaft nicht mehr erreichen müssen. Diversität und Inklusion müsse man anpassen, heißt es. Klein wird immer kleiner, während man ihm zusieht, wie er einknickt, nur weil er denkt, sein Laden könne so noch mehr Geld machen.
Gewinn über Ideale
Unternehmen waren, was das Management von Vielfalt betrifft, von jeher besser als die zuständigen Ministerien und Behörden, auch weil es sich für sie gelohnt hat. Als ich selbst vor 15 Jahren für eine Kommune bei Walldorf ein Diversitätsprojekt umsetzte, war es die Beauftragte von SAP, die mir die Charta der Vielfalt nahebrachte, von Programmen erzählte und von der Kunst, Menschen aus unterschiedlichen Teilen der Welt für sich zu gewinnen.
Besonders fasziniert hat mich damals der Ansatz im Umgang mit Neurodivergenz, was auch zur Diversität zählt. Mit dem Projekt „Autism at work“ versuchte SAP, eine Quote für Menschen aus dem autistischen Spektrum umzusetzen, weil deren vermeintliche Schwäche im IT-Bereich eine Stärke bedeuten kann. Diese Pionierarbeit beeindruckte mich, weil sie gezeigt hat, dass eine Gesellschaft möglich ist, in der Individuen auf ihre einzigartige Weise ihren Beitrag leisten können. Und in der jene nicht draußen bleiben, die „anders“ sind.
Jetzt kommt erneut eine Zeit, in der bereits Frauen „anders“ sind – weil Männer die Norm sein wollen. Herr Klein könnte ein Chef sein, der Trump aufklärt. Manchmal lernt Trump sogar hinzu. Aber nein, Klein opfert eine der demokratischen Erfolgsgeschichten der Wirtschaft und verrät die Leistungen seiner Mitarbeiter.
Ständig versuchen derzeit mächtige Männer, allen Frauen und Menschen, die sie anders finden, weiszumachen, dass sie überflüssig sind. Im Stundentakt gibt’s neues Material, das beweisen soll: Es geht auch ohne euch! Es war so anstrengend, euch einzubeziehen.
Bei manchen Männern frage ich mich ernsthaft, ob es so erniedrigend für sie war, die Welt durch den Geburtskanal einer Frau erblickt zu haben. Warum nur glauben sie, dass sie die Frauen noch im hohen Mannesalter kleinkriegen müssen? Ich verstehe solche Männer nicht, ich verstehe nur jene, die Respekt fühlen für die Frau, in der sie zum Leben kamen. Und, liebe Männer, bitte fühlt euch nicht beleidigt, bitte zwingt mich jetzt nicht, zu schreiben: „Es sind ja nicht alle Männer so!“ Stellt lieber den Männern, die so antifeministisch nerven, einfach mal ein Bein, wenn auch nur verbal.