Plädoyers in Saarbrücken: Doppelmord vor 29 Jahren: Lebenslang oder Freispruch?

Vor fast 30 Jahren soll ein heute 70-Jähriger zwei Menschen ermordet haben. Eine DNA-Auswertung brachte die Ermittler auf seine Spur. Jetzt stellten Staatsanwaltschaft und Verteidigung ihre Anträge.

Der 70-Jährige, der vor fast 30 Jahren ein Ehepaar in Völklingen ermordet haben soll, soll auf Antrag der Staatsanwaltschaft eine lebenslange Haftstrafe wegen Mordes in zwei Fällen und versuchten Mordes in sieben Fällen verbüßen. Vor dem Landgericht Saarbrücken beantragten Oberstaatsanwaltschaft und Nebenklagevertreterinnen zudem, die besondere Schwere der Schuld festzustellen. Der Verteidiger plädierte auf Freispruch. 

Für Oberstaatsanwalt Mario Krah stand außer Frage, dass der drogenabhängige Angeklagte im Dezember 1996 ein befreundetes Ehepaar zu Hause erschlagen und ausgeraubt habe. Danach soll er die Wohnräume an vier Stellen in Brand gesetzt haben, um seine Tat zu verdecken. Dabei habe er in Kauf genommen, dass sieben andere Menschen im Gebäude grausam sterben könnten. Bei der Tat soll der jordanische Staatsangehörige aus Habgier und Heimtücke gehandelt haben. 

Die Frau (51) war nach dem Überfall noch am Tatort den Verletzungen erlegen, der Ehemann (40) war einen Tag später im Krankenhaus gestorben.

Neue Auswertung der alten Blutspur führte zum Angeklagten

Weil es keine Einbruchsspuren gab, war die Polizei davon ausgegangen, dass sich Opfer und Täter kannten. Bereits 1996 war der heutige Angeklagte als Zeuge vernommen worden, weil die Mordkommission ein Foto von ihm und dem Ehemann in der Wohnung entdeckt und ihn mit Hilfe von Zeugenaussagen identifiziert hatte. Bereits damals hatte er sich in Widersprüche verwickelt und die Tat geleugnet – wie auch im Laufe des aktuellen Gerichtsverfahrens.

Durch die regelmäßige Bearbeitung sogenannter Cold Cases, also ungelöster alter Fälle, waren die Ermittler wieder auf seine Spur gekommen. Nach neuen Auswertungen konnte DNA unter den Fingernägeln des Toten dem 70-Jährigen zugeordnet werden, ebenso wie Blutspuren im Inneren einer Geldbörse, die der Täter damals angezündet hatte, um Spuren zu verwischen. 

Oberstaatsanwalt: Viele Mordmerkmale, hohe Opferzahl

Nach Einschätzung des Oberstaatsanwaltes gibt es neben den DNA-Spuren eine Reihe von weiteren Indizien, die für den Angeklagten als Täter sprächen: Er sei bereit, für geringen Gewinn einen anderen Menschen umzubringen, habe einen Bezug zum Tatort und auch ein Motiv gehabt. Weil mehrere Mordmerkmale erfüllt worden seien, wegen einer hohen Opferzahl, und die Tat geschah, nachdem er bereits wegen versuchten Raubmordes verurteilt worden war, käme eine Milderung der Strafe seiner Ansicht nach nicht infrage. 

Insgesamt sei der Mann, der schon drei Mal nach Jordanien abgeschoben worden und möglicherweise palästinensischer Herkunft sei, 17 Mal verurteilt worden – unter anderem wegen Diebstahl und Drogenhandel, und weil er versucht hatte, nach einem Raub sein Opfer mit mehreren Messerstichen zu töten. 

Verteidiger: Indizien reichen nicht aus

Nach Ansicht von Verteidiger Christian Schmieden handelt es sich bei den Vorwürfen lediglich um Indizien, die für eine Verurteilung nicht ausreichten. Auch die Blutanhaftungen könnten durchaus auf ein „Alltagsgeschehen“ zurückzuführen sein, weil sich sein Mandant häufiger in der Wohnung des Ehepaares aufgehalten habe. 

Laut Nebenklage-Vertreterinnen sei der Angeklagte „besonders brutal, rücksichtslos und menschenverachtend“ vorgegangen. Kinder der getöteten Frau hätten durch die Tat ein Trauma erlebt und litten bis heute unter den psychischen Folgen. Die Anwältin einer Tochter schilderte, ihre Mandantin sei erleichtert, dass nun die Wahrheit ans Licht komme – wenn auch zu spät. Es sei bitter, zu wissen, dass der Mensch, der ihr die Mutter genommen habe, all die Jahre in Freiheit gelebt habe. 

Ein Urteil soll am 4. Juni (10.00 Uhr) verkündet werden.