Parteien: Lies führt jetzt Regierung und SPD in Niedersachsen an

Machtwechsel, klare Kante gegen die AfD und ein Korb Erdbeeren: Was vom SPD-Parteitag in Wolfenbüttel bleibt.

Mit fast 100 Prozent der Stimmen rückt Olaf Lies an die Spitze der niedersächsischen SPD – und beerbt Stephan Weil in Partei und Regierung zugleich. Der neue Ministerpräsident und Landesvorsitzende will der SPD einen klaren Kurs verordnen: weniger Ankündigungen, mehr Taten. Sein Motto: „einfach machen“.

Für den 58-Jährigen, der seit Dienstag auch Ministerpräsident ist, stimmten beim Parteitag in Wolfenbüttel 187 der 194 Delegierten (96,39 Prozent). Ex-Regierungs- und Parteichef Stephan Weil trat nicht mehr an.

Lies zeigte sich „sehr dankbar für das tolle Ergebnis“. Der Landesverband sei geschlossen – passend zum Parteitagsmotto „Gemeinsam stark“, sagte er. In seiner Rede forderte Lies die SPD auf, sich vom Ankündigungsmodus zu verabschieden: Man müsse nicht nur sagen, was man tue – sondern auch tun, was man sage.

Ziel müsse es sein, das Leben der Menschen konkret zu verbessern. Die SPD müsse Verantwortung übernehmen, dürfe sich aber nicht in parteiinterner Kritik verlieren. Besonders wichtig sei Präsenz vor Ort, betonte Lies. „Denn eine starke SPD in Niedersachsen, egal auf welcher Ebene, ist eine starke SPD für die Interessen der Menschen in unserem Land.“ Dafür habe auch Stephan Weil gestanden.

Weil: „Ich habe fertig“

Der verabschiedete sich nach mehr als 13 Jahren an der Spitze der niedersächsischen SPD endgültig aus der ersten Reihe der Landespolitik. In einer persönlichen Rede bedankte sich Weil bei Partei und Weggefährten – und schloss mit den Worten: „Ich bin ein freier Mensch und ich habe fertig.“

Weil sagte, der Landesvorsitz sei für ihn nie bloßes Anhängsel seines Regierungsamts gewesen, sondern Ausdruck seiner politischen Überzeugung. Künftig wolle er zurück „an die Basis“. Seinem Nachfolger Lies hinterließ er eine Frage, an deren Antwort die SPD künftig stärker arbeiten müsse: „Worin genau besteht jetzt unser politischer Mehrwert in der politischen Arbeit?“ Zum Abschied brachte er einen Korb Erdbeeren für die Delegierten mit.

Rückzug mit Kalkül?

Dass Lies Weils Erbe auch in der Partei antritt, kommt nicht überraschend. Er war bereits von 2010 bis 2012 Landesvorsitzender. Schon damals strebte Lies den Posten des Ministerpräsidenten an. In einer Mitgliederbefragung über die Spitzenkandidatur bei der Wahl 2013 unterlag er jedoch knapp – ausgerechnet Stephan Weil. Dass dieser nun den Weg freimacht, hat strategische Bedeutung.

Weil begründete seinen Rückzug Anfang April vor allem mit persönlichen Motiven: Mit 66 Jahren mache sich das Alter bemerkbar, sagte er. Die CDU wirft der SPD hingegen ein parteitaktisches Manöver vor, um Lies vor der nächsten Landtagswahl 2027 einen Amtsbonus zu ermöglichen. Lies stehe für „ein Weiter so der erfolglosen rot-grünen Regierung“, hatte CDU-Fraktionschef Sebastian Lechner im Landtag bemängelt.

Jusos sind „sehr für ein Weiter so“

„Ich glaube, die CDU hat Angst vor Olaf Lies mit Blick auf die Landtagswahl 2027, weil er ein starker Kandidat ist“, sagte Juso-Landesvorsitzende Ronja Laemmerhirt. „Ist ein Weiter so unbedingt schlecht?“ Die Jusos seien mit Rot-Grün zufrieden und wollten die Koalition fortsetzen.

„Eine rot-schwarze Koalition strebt, hoffe ich, in unserer Landespartei niemand an“, sagte Laemmerhirt. Aber man wolle regierende Partei bleiben – am liebsten mit den Grünen zusammen. „Das ist eine sehr progressive Regierung und deswegen sind wir sogar sehr für ein Weiter so.“

Gleichwohl habe man auch große Erwartungen. Mit Lies solle ein „neuer Schwung“ durch das Land und die Partei gehen, sagte der Co-Vorsitzende der niedersächsischen Jusos, Jarno Behrens. Ganz oben auf der Liste der Forderungen stehen die Lernmittelfreiheit und das Azubi-Ticket. Lies werde sich an seinen Ansprüchen messen lassen müssen.

Klingbeil offen für AfD-Verbot

Neben der Wahl des neuen Vorsitzenden bestimmte vor allem ein Thema den Parteitag: ein mögliches Verbotsverfahren gegen die AfD. Bundesparteichef Lars Klingbeil, der als Gastredner in Wolfenbüttel dabei war, zeigte sich dafür offen. „Wenn der Verfassungsschutz feststellt, dass das eine gesichert rechtsextreme Partei ist, dann müssen alle Maßnahmen ergriffen und geprüft werden“, sagte er.

„Und wenn sich dann der Generalsekretär der CDU hinstellt und sagt, es wird kein Verbotsverfahren geben, dann sage ich euch, das ist mit uns nicht zu machen“, sagte Klingbeil. CDU-Generalsekretär Carsten Linnemann hatte sich dagegen ausgesprochen und betont, die AfD müsse politisch gestellt werden.

Ein AfD-Verbot dürfe aber nicht vom Tisch genommen werden, sagte Klingbeil. Die Jusos beantragten ein entsprechendes Vorgehen – der Antrag wurde einstimmig beschlossen. Die Landesregierung solle sich für die Prüfung eines Verbotsverfahrens einsetzen, heißt es darin. Innenministerin Daniela Behrens (SPD) versprach: Die Landesregierung werde alles tun, um die AfD im Zaum zu halten. Dazu gehöre etwa die Beobachtung durch den Verfassungsschutz.