Ein Jahr nach der großen Flut: Extremwetter: Wie Häuser jetzt sicherer werden

Die Überschwemmungen vor einem Jahr haben Leben gekostet und Milliardenschäden angerichtet. Zehntausende Gebäude im Land sind durch Hochwasser gefährdet. Was Eigentümer tun können, zeigt ein Experte.

Nach ausgiebigen Regenfällen wurden Bayern und Baden-Württemberg sowie nahe Regionen Ende Mai und Anfang Juni 2024 von einer verheerenden Flut getroffen. Mehrere Menschen starben. Ersten Schätzungen zufolge lagen die Schäden in beiden Bundesländern bei 4,1 Milliarden Euro. Diese Zahl nannte damals unter anderem das bayerische Finanzministerium. 

Der Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) beziffert die versicherten Schäden auf hochgerechnet 2 Milliarden Euro, unterscheidet aber ebenfalls nicht zwischen den Ländern. Im Vergleich der jüngeren Vergangenheit war das Juni-Hochwasser nach versicherten Schäden eines der schwersten. 

55.000 Adressen im Land im hochwassergefährdet

In Zukunft dürften derartige Naturkatastrophen hierzulande noch zunehmen: „Aufgrund des Klimawandels und damit häufiger auftretenden Wetterextremen sind Schäden in Milliardenhöhe vorprogrammiert“, teilte die stellvertretende GDV-Hauptgeschäftsführerin, Anja Käfer-Rohrbach, mit. Von den mehr als drei Millionen Adressen in Baden-Württemberg sind den Versicherern zufolge rund 55.000 hochwassergefährdet. Die meisten liegen im Landkreis Rastatt, gefolgt vom Main-Tauber-Kreis und der Rems-Murr-Kreis. 

Der GDV bietet zur Einschätzung der eigenen Gefährdung einen Hochwasser-Check im Internet an. Damit können Mieter und Hausbesitzer ihr Starkregen- und Hochwasser-Risiko ermitteln. Dazu müssen sie nur ihren Wohnort eingeben – kostenlos und ohne Anmeldung. Bauherren und Besitzer können aber auch noch mehr tun. Was man alles umsetzen kann, zeigt Architekt Sven Haustein von Bausparkasse Schwäbisch Hall:

Neubauten: So plant man von Anfang an wetterfest

Wer neu baut, kann viele Schutzmaßnahmen direkt einplanen. Diese Punkte sind Haustein zufolge entscheidend:

Grundstückwahl: Besser nicht in Flussnähe, Überschwemmungsgebieten oder Hanglagen bauen. Wird das Haus etwas erhöht oder das Gelände so modelliert, dass es vom Gebäude weg abfällt, kann Wasser gut abfließen.Massive Bauweise: Robuste Fassadenmaterialien, sturmsichere Dächer und hochwertige Fenster bieten Schutz vor Wind und Wetter.Sicheres Dach: Dächer sollten mit Sturmhaken, fester Vernagelungen und verstärkten Verbindungen gesichert werden.Keller abdichten: Die Ausführung sollte sich nach dem Bodengutachten richten. Lichtschächte und Kellerfenster brauchen besonderen Schutz.Regen- und Abwassermanagement: Zisternen, Versickerungsflächen und Rückstauklappen verhindern Überschwemmungen.

Bestandsimmobilien: Das können Eigentümer nachrüsten

Auch ältere Gebäude lassen sich gegen Wetterextreme fit machen. Das können Besitzer nach Angaben von Haustein folgendermaßen tun: 

Dach nachrüsten: Ältere Deckungen und Dachstühle lassen sich mit Befestigungen wie Sturmhaken stabilisieren. Regelmäßige Kontrollen stärken den Schutz.Moderne Fenster und Türen: Mit speziellen Beschlägen und Dichtungen schützen sie besser gegen Schlagregen und Wind. Kellerfenster können mit Hochwasserschutzelementen zusätzlich gesichert werden.Rückstauklappen einbauen: Sie verhindern, dass bei Starkregen Abwasser aus der Kanalisation ins Haus zurückläuft. Sinnvoll sei das insbesondere bei Häusern mit tiefer liegenden Räumen.Gartengestaltung: Dichte Hecken, Drainagen oder Versickerungsflächen können helfen, Wasser und Wind vom Haus fernzuhalten.Smarte Technik: Automatische Rollläden und Markisen: Sie können auf Wetterwarnungen reagieren und sich selbstständig schließen.

Versicherungsschutz: Was man braucht

Viele denken, ihre Gebäudeversicherung reicht – das stimmt oft nicht. Wichtig zu wissen ist nach Angaben von Haustein:

Über die Gebäude- oder Hausratversicherung sind Schäden durch Sturm, Hagel, Blitzschlag und Leitungswasser abgedeckt.Für Schäden durch Überschwemmung, Erdrutsch, Schneedruck, Erdbeben oder Lawinen ist eine Elementarschadenversicherung nötig. Sie greift zum Beispiel dann, wenn ein Fluss über die Ufer tritt oder Starkregen das Grundstück überflutet.Wichtig: Schäden durch aufsteigendes Grundwasser sind in der Regel nicht versichert – außer es vermischt sich mit Oberflächenwasser. Gleiches gilt für Schäden durch menschliche Einflüsse wie Bauarbeiten oder Bergbau.Rückstauschäden müssen oft zusätzlich abgesichert werden.

Die Flutkatastrophe hat auch die Diskussion um eine Pflichtversicherung gegen Hochwasserschäden noch einmal in den Vordergrund gerückt. Nach Angaben des GDV ist nur etwa jedes zweite Gebäude in Deutschland gegen sogenannte Elementarschäden durch eine Versicherung geschützt. In Baden-Württemberg liegt der Anteil aus historischen Gründen bereits bei 94 Prozent. Die Versicherer fordern unterdessen ein Bauverbot in Überschwemmungsgebieten.