Tierwelt: Viele Gefahren für Igel in Sachsen durch Menschen

Sie sind putzig, trotz stacheliger Abwehr. Igel aber leben gefährlich in Sachsen. Ihre Lebensräume werden kleiner, die Nahrung weniger – auch wegen des Menschen.

Trotz aller Bemühungen sind Igel in Sachsen weiterhin gefährdet und ihre Population nimmt nach Beobachtung von Behörden und Naturschützern seit Jahren ab. Beziffert werden kann die Entwicklung nicht. „Eine „Volkszählung“ gibt es beim Igel nicht und auch aus neuerer Zeit keine gezielten Erfassungen“, sagt eine Sprecherin des Landesamtes für Umwelt, Landwirtschaft und Geologie (LfULG). Igel seien flächendeckend verbreitet „von den Niederungen bis in die hohen Lagen des Erzgebirges“, eine Populationsdichte von 0,5 Tieren pro Hektar wie Ende der 1980er Jahre aber „eher selten geworden“.

Laut LfULG bevorzugen Igel meist Gärten, Hecken, Gebüsche und Grünanlagen von Siedlungen. Dort werde es für sie immer gefährlicher durch Verkehr, Umweltgifte und Fressfeinde wie Dachs, Fuchs, Waschbär und Uhu – und weniger Nahrung wie Regenwürmer oder Schnecken. Die Lage habe sich durch die Dürrejahre weiter verschlechtert. Zudem dezimierten Bodenversiegelung oder der Einsatz von Insektiziden oder Schneckenkorn die kleinstrukturierten naturnahen Gebiete, die Rückzugsräume bieten. 

Igel in Sachsen und Deutschland nicht als gefährdet eingestuft

Dennoch ist der europäische Igel in der aktuellen Roten Liste Sachsens von 2015 als „ungefährdet“ eingestuft, im Bund im Vorwarnbereich. Die Weltnaturschutzunion IUCN indes sieht den ihn seit 2024 erstmals als „potenziell gefährdet“ an, unter Verweis auf Rückgänge von 30 Prozent und mehr. „Wahrscheinlich besteht Aktualisierungsbedarf“, sagte die LfULG-Sprecherin. 

Im Landkreis Leipzig ging der Bestand seit 1994 um etwa 80 Prozent zurück, sagte Sven Möhring vom Naturschutzbund Sachsen (Nabu). Vor allem im Bereich von Ortschaften würden überfahrene Igel gefunden. Die Vierbeiner mit Stachelkleid werden dort häufig bei der Gartenarbeit übersehen, bis zum Boden reichende Zäune und Bordsteinkanten sind Hindernisse – wie „Gärten des Grauens mit vielen Steinen und Schotter und überpflegten Golfrasen“.

Viele unterernährte und verletzte Tiere bei Igelhilfe

„Die Lage ist katstrophal“, berichtete Karina Görner von der Igelhilfe Radebeul. „Wir hatten viele Igel, die mit Parasiten voll aus dem Winterschlaf erwachten, alte Tiere und durch Rasentrimmer oder Grabwerkzeug verletzte oder mit Bissverletzungen.“ Seit Jahresbeginn wurden über 200 Igel abgegeben, teils untergewichtig. „Wenn man einen Igel findet, der tags in der Sonne liegt, dann einschreiten und sichern“, sagte Görner. „Das ist ein Alarmsignal – es sei denn, er wird gestört.“

Igel lieben krautige Vegetation an Gebüsch und Hecken aus heimischen Sträuchern und Stauden, Kompost-, Laub- und Asthaufen, wilde Ecken, vielfältige Wiesen und dornige Büsche wie Wildrosen und Schlehdorn. Daher sollten Garten- und Grundstücksbesitzer von Mai bis August Blätter-, Ast- und Komposthaufen möglichst in Ruhe lassen, Barrieren wie Wasserbecken, Lichtschächte oder Mauern mit Durchgängen am Boden „entschärfen“ und auf Pflanzenschutzmittel verzichten, sagte die LfULG-Sprecherin.

Nabu fordert Mähroboter-Verbot

Der Nabu empfiehlt eine Wiese, die nur zwei oder drei Mal im Jahr gemäht wird sowie „Unordnung“ im Garten und Grundstück, um den Tierchen zu helfen. Und Kommunen könnten die nächtlichen „Ausflüge“ der Mähroboter stoppen und Igelleben retten. „Köln und Leipzig haben es vorgemacht, das sollte eigentlich in ganz Deutschland als Blaupause dienen“, sagte Möhring. Es sei „fünf vor zwölf“ dafür. 

In Leipzig wurden 2024 etwa 400 Igel durch Gartenmaschinen verletzt und etwa 35 bis 40 getötet. Da sich verletzte Igel in der Regel verkriechen und nicht gefunden oder gefressen werden, geht die Stadt von einer deutlich höheren Dunkelziffer aus. Auch in Dresden gilt derzeit ein Verbot von in der Dunkelheit durch den Garten fahrenden Geräten. Igeln werde die Strategie des Zusammenrollens bei Gefahr zum Verhängnis. „Stacheln schützen nicht vor den sich nahezu lautlos nähernden Robotern.“