Pendlerpauschale: Das Pendler-Politikum, neueste Runde

Die Bundesregierung will die Pendlerpauschale vereinfachen. Die geplante Neuregelung würde Menschen mit mittleren Einkommen entlasten – aber nicht alle sind einverstanden.
Jens M. ist jemand, den man in der viel zitierten Mitte der Gesellschaft verorten kann. Der 59-Jährige wohnt in Hamburg, nördliche Stadtteile. Seit mehr als 40 Jahren arbeitet er, ist verheiratet, hat drei Kinder großgezogen, das jüngste noch in Ausbildung. Jens‘ Arbeitstag beginnt meistens gegen fünf Uhr morgens. 16 Kilometer sind es bis zum Betrieb. Er muss das Auto nutzen, denn den Bus … fährt er selbst. Ausgebildet zum Berufskraftfahrer wurde Jens M. bei der Bundeswehr, war dann „aufm Bock“ für eine internationale Spedition, wechselte auf den Bus beim regionalen Verkehrsverbund.
„Steuererstattung?“. Jens M. lacht. Ein paar hundert Euro bekomme er jedes Jahr zurück. „Das is‘ wohl eher ein Thema für Großverdiener.“ Die Pendlerpauschale, die amtlich Entfernungspauschale heißt, kennt er. „Bringt mir aber nix“, sagt er. Und das stimmt in seinem Fall. Aber es soll sich ändern.
Pendlerpauschale: Bald 38 Cent für jeden Kilometer
Der Koalitionsvertrag der neuen Bundesregierung sieht vor, dass die Pendlerpauschale ab 2026 einheitlich 0,38 Euro je Kilometer zum Betrieb betragen soll. Bisher gilt dieser Betrag erst ab dem 21. Kilometer. Darunter werden 30 Cent gewährt. Unabhängig vom genutzten Verkehrsmittel, gedeckelt bei 4500 Euro jährlich.
Für Jens M. ergeben sich bei 220 Arbeitstagen im Jahr rechnerisch 1056 Euro, die er als Werbungskosten in seine Einkommensteuererklärung eintragen könnte. Plus ein paar überschaubare Aufwendungen. Damit überspringt Jens M. jedoch nicht den sogenannten Arbeitnehmer-Pauschbetrag. Der beträgt aktuell 1230 Euro pro Jahr. Diese Pauschale wirkt wie ein Deckel. Bemerkenswerte Steuerminderung gibt es nur, wenn in Summe höhere Werbungskosten nachgewiesen werden. Denn oberhalb der Pauschale mindert jeder Euro das zu versteuernde Einkommen.
Allein mit der neuen Pendlerpauschale käme er Jens M. auf 1338 Euro Werbungskosten. Plus 16 Euro Pauschale für beruflich veranlasste Überweisungen, also die Gehaltskontoführung. Plus 110 Euro pauschal für Arbeitsmittel, plus den Mitgliedsbeitrag für die Gewerkschaft, plus berufsbedingte Telefonkosten, plus, plus, plus. Für Arbeitnehmer wie Jens M. könnte die neue Regelung der Pendlerpauschale eine spürbare Steuerentlastung sein.
Politisch umstritten
Politisch gestritten wird indes, zu Lasten welcher Steuerkasse die Entlastung der Steuerzahler gehen. Die Bundesländer rechnen mit einem Einnahme-Rückgang von insgesamt mehr als zehn Milliarden Euro. Und so wundert es nicht, dass unter anderem die Finanzsenatoren von Berlin und Hamburg fordern, der Bund möge für die Mindereinnahmen aufkommen. Die beiden Stadt-Länder fürchten offenbar mehr Fälle wie Jens M., also deutlich höhere Steuerrückerstattungen.
Nach einer aktuellen Auswertung des Statistischen Bundesamtes erhielten im Jahr 2020 knapp 14 Millionen Arbeitnehmer die Pendlerpauschale, für im Schnitt 28 Kilometer zum Betrieb. 84 Prozent von ihnen verwendeten für diesen Weg zumindest teilweise ein Auto. Mehr als die Hälfte sind Durchschnittsverdiener.
Es gibt Ökonomen, die die Pauschale grundsätzlich als klimaschädliche und teure Subvention kritisieren. Andere verstehen sie als wirtschaftspolitisches Instrument, um den Arbeitsmarkt in Metropolen auch für Menschen im ländlichen Umland attraktiv zu halten und so das Leben in den Großstädten durch eine steigende Wohnraumnachfrage nicht weiter zu verteuern. Jens M. fände es zumindest gerecht, wenn jeder Kilometer zur Arbeit mit demselben Betrag berechnet würde, so wie es im Koalitionsvertrag steht. Zumal seine Wohn- und Lebenshaltungskosten nah am großstädtischen Arbeitsplatz höher seien als im entfernten Umland. Auf das, was in seiner Steuererklärung für das Jahr 2026 herauskommen wird, ist er schon jetzt gespannt.