Morgen|stern: Ein Kanzler-Knigge – Benimmtipps für die Trump-Visite. Die Lage am Morgen

Friedrich Merz versucht, sich in Washington nicht zu blamieren. Greta Thunberg sucht einen Ankerplatz. Und was sonst heute noch wichtig wird. 

Liebe Leserinnen, liebe Leser,

zum Glück ist Friedrich Merz ein weißer, reicher Christ. Schon mal gute Voraussetzungen für einen Trip in die USA. Die allermeisten Bürger zwölf anderer Staaten, darunter Afghanen, Kongolesen und Iraner, dürften diese vermeintlich neuen Qualifikationen nämlich fehlen. Sie dürfen ab kommenden Montag nicht mehr ins Land der Einwanderer einreisen – weil Donald Trump sie nicht will

Wenn ich die hohe Mathematik der Zeitverschiebung richtig durchdrungen habe, dürfte der Bundeskanzler gleich in Washington landen. Nach einem Nickerchen im Gästehaus geht es für Merz dann in die Nachbarsvilla. Ab dem Augenblick, da er aus dem Wagen steigt und die wenigen Stufen zum (hoffentlich) freudestrahlend wartenden US-Präsidenten erklimmt, hat jeder Moment Eklat-Potenzial. 

Weil wir beim stern verbrauchernah arbeiten, hier vier Tipps für die fettnäpfchenfreie Kanzlervisite im Weißen Haus:

I           Seien Sie kulinarisch flexibel.

Herr Merz, ihre Leibspeise ist angeblich Spaghetti Frutti di Mare. Schrauben Sie Ihre kulinarischen Erwartungen für das gemeinsame Mittagessen möglichst weit herunter und wappnen Sie sich für folgenden Anblick:

© White House

II          Buckeln Sie, wenn möglich.

Der Präsident ist ein großer Mann. Sie sind größer. Gute acht Zentimeter. Da Ihr Gastgeber großen Wert auf seine (fotografische) Überlegenheit legt und er es gewohnt ist, auf Staatschefs herabzublicken: Machen Sie sich klein! Und: lassen Sie ihn beim vermutlich (zu) festen Händedruck buchstäblich die Oberhand.

III         Loben Sie den Protz!

Im Gegensatz zu seinem Vorgänger ist der Präsident in Sachen Inneneinrichtung kein Kind von Bescheidenheit. Lassen Sie sich nicht von all dem Gold blenden, gratulieren Sie dem Hausherrn zu seinem Geschmack.

IV        Schweigen ist Gold.

Nicht nur der Präsident, sondern auch seine engsten Berater neigen vor laufenden Kameras zu aggressivem Dominanzverhalten. In der Regel geht davon keine echte Gefahr aus. 

Sollte der Präsident jedoch auf einmal das Licht dimmen lassen, machen Sie sich auf das Schlimmste gefasst. Was immer er Ihnen vorwirft: Lassen Sie sich nicht zu einer schnippischen Erwiderung hinreißen – reagieren Sie wenn möglich mit Humor wie ihr Kollege aus Südafrika vor wenigen Wochen.

Im Zweifel halten Sie sich an das Erfolgsrezept Ihres Vorgängers im Wahlkampf 2021: Einfach nicht auffallen, dann wird’s schon. Hals- und Beinbruch!

Worauf es inhaltlich für Merz im Oval Office ankommt, darüber hat stern-Politikchef Veit Medick mit dem CDU-Außenexperten Norbert Röttgen in der neuen Ausgabe des „5-Minuten-Talk“ gesprochen:

Außerdem halten wir Sie auf stern.de heute mit zahlreichen Hintergrundstücken und einem Liveblog zu Merz‘ Treffen mit Trump auf dem Laufenden.

Greta Thunberg: Endstation Hilfssucht

Greta Thunberg hat eine lange Reise hinter sich, in vielerlei Hinsicht. Von der streikenden Schülerin, zur Galionsfigur der weltweiten Klimabewegung, zur Hassgestalt unter Antisemitismusverdacht.

Dass die inzwischen 22-Jährige kurz nach dem brutalen Überfall der Hamas im Oktober 2023 binnen weniger Wochen vom Klima- zum Pro-Palästina-Aktivismus umgesattelt hat, war (neben vielem anderen) vor allem bemerkenswert schlechtes Timing. Menschen, die ihr bis dato zugejubelt hatten, wandten sich angewidert ab. Vielleicht hätte ihr jemand vom Schuster und seinen Leisten erzählen sollen. 

Doch, wie immer Sie zur jungen Schwedin stehen, eines müssen Sie ihr lassen: Greta Thunberg bleibt sich treu. Derzeit ist sie auf Rettungsmission in Richtung Gazastreifen, wo sie Hilfsgüter verteilen und auf den ihrer Meinung nach „Völkermord“ hinweisen will. 

Dabei reist sie gewohnt klimaneutral, per Segelschiff. Doch könnte ihre Mission enden, bevor sie richtig begonnen hat. Laut einem Medienbericht verweigert die israelische Regierung ihr und den anderen mitgereisten Aktivisten das Anlegen in Gaza. Womöglich werden Sie in einen anderen Hafen abgeschleppt – und festgenommen. Es wäre nicht ihr erstes Mal.

Was heute sonst noch ansteht

Es fällt das Urteil in der Berufungsverhandlung des ehemaligen Schiedsrichters Manuel Gräfe. Der hatte den DFB auf Entschädigung wegen Altersdiskriminierung verklagtHeute ist Weltumwelttag! Dieses Jahr ruft das UN-Umweltprogramm Unep zu Aktion zur Bekämpfung der Plastikverschmutzung aufDie Ministerpräsidenten konferieren in Abwesenheit des Bundeskanzlers in Berlin. Es geht unter anderem darum, wie man die Wirtschaft ankurbeln kannDas Nato-Marine-Manöver „Baltic Operation“ beginnt – erstmals von Rostock aus. 30 internationale Kriegsschiffe und Tausende Soldaten werden im Stadtteil Warnemünde erwartet

Die fernöstliche Weisheit des Tages

Was denken Sie, wenn ich Ihnen sage, dass ich die vergangenen drei Tage mein Abendessen beim Kiosk um die Ecke gekauft habe? Bemitleiden Sie mich dann? Das müssen Sie nicht!

Mikrowellekost ≠ Mikrowellekost

In Südkorea finden sie an wirklich jeder Ecke einen Convenience Store – im Prinzip eine drollige Kreuzung aus Supermarkt, Kiosk und Drogerie. Dort gibt es neben allerlei merkwürdigen Getränken (zum Beispiel Tannenzapfen-Limo, schmeckt großartig) eben auch erstaunlich schmackhafte Fertiggerichte. Ich mein’s ernst, die spielen in einer völlig anderen Liga als die deutsche TK-Ware. Und, solange Sie wie ich zu moralisch unterlegenen Carnivoren zählen, ist die Auswahl riesig. Einziges Manko: Wegen meines Unvermögens die Zubereitungshinweise auch nur ansatzweise zu enträtseln, verharre ich die gesamte Garzeit aus Angst vor einer spontanen Explosion vor der Mikrowelle. 

So, ich habe jetzt Hunger.

Ich wünsche Ihnen einen großartigen Tag – annyeonghi gyeseyo!