Beziehungsboost: Warum wir im Urlaub besonders offen für die Liebe sind – und die Orgasmen besser

Urlaub, endlich Zeit für die Liebe! Ob in Beziehung oder als Single, die Auszeiten sind wichtig für uns. Was auf Reisen anders ist und welche Fehler man vermeiden sollte.

Die Liebe hat es nicht leicht. Passt man nicht gut genug auf sie auf, gerät sie zwischen die Mühlsteine des Alltags und wird von langen Arbeitstagen, marodierenden Kindern, plötzlichen Wasserschäden und Zipperlein des Körpers zermalmt. Abends ist man dann so müde, dass es die Erregung nicht über die Nachrichten hinaus schafft.

Im Urlaub aber, da soll alles anders sein. Singles suchen in den Häfen der Welt Urlaubsflirts und Paare nach der Verbindung zueinander. Bei stundenlangen Gesprächen und Strandspaziergängen zum Sonnenuntergang soll es endlich wieder knistern, die Romantik-Batterien aufgeladen und die Lust aufeinander angekurbelt werden. 

Kann das gut gehen? Oder erwarten wir von Urlauben zu viel für die Liebe?

Der Urlaub als Beziehungskitt

Lea Holzfurtner ist klinische Sexologin und Expertin bei der Dating-App Bumble. Sie erlebt in ihrer Praxis, dass etwa jedes zweite Paar von einer gestärkten Verbindung zueinander im Urlaub berichtet. Viele Paare sagen außerdem, dass sie sich im Urlaub besser verstehen als zu Hause. Das deckt sich mit Ergebnissen einer Studie der Online-Partnervermittung Elite-Partner. Sechs von zehn Paaren gaben dort an, mit einer gefestigten Beziehung aus dem Urlaub gekommen zu sein und nannten unter anderem den Austausch über die Partnerschaft und Gespräche über die Zukunft als Gründe dafür.

Warum das so ist? Der Urlaub biete eine wunderbare Möglichkeit für Paare, um den Alltag aufzubrechen und stattdessen die gemeinsame Zeit und den Sex zur Priorität zu machen, sagt Lea Holzfurtner. Im Urlaub haben wir bestenfalls nicht nur eine Auszeit von quengelnden Chefs, sondern auch von all den Nervereien, die in der Freizeit warten. Wir können – wenn es gut läuft – loslassen und entspannen. 

Die Libido steigt im Urlaub

Bei einer Bumble-Umfrage gaben 82 Prozent der Teilnehmenden an, dass sie im Urlaub nicht nur spontaner seien; gut 50 Prozent sagten auch, dass sie sich auf Reisen attraktiver fühlten. Beides Faktoren, die luststeigernd wirken können. „Wer sich im Urlaub wohler im eigenen Körper fühlt, hat auch leichteren Zugang zu sexueller Lust“, sagt Holzfurtner. Eine Überraschung ist es demnach nicht, dass mehr als die Hälfte der befragten Bumble-Mitglieder gezielt romantische Verbindungen beim Reisen suchen.

Dass die Libido im Urlaub steigt, zeigen auch die Zahlen aus dem Travel Report 2024. Dort gab ein Drittel der Befragten an, im Urlaub mehr Sex als zu Hause zu haben, ebenfalls ein Drittel sagte, dass sich dieser auch besser anfühle. „Unsere Lust ist störungsanfällig. Viele Dinge des Alltags tragen dazu bei, sie abzudämpfen. Im Urlaub sind diese Störenfriede nicht so präsent und die mentale Erregung findet überhaupt wieder Raum im Kopf“, erklärt Holzfurtner. Viele unterschätzten, wie viel Zeit Lust und erfüllender Sex bräuchten. 

Orgasmen sind im Urlaub intensiver

Wann schon bleibe im Alltag Zeit dafür, ein langes Gespräch über Sex zu führen oder dafür, den ganzen Tag ein bisschen in Erregung zu schwelgen, bevor es dann wirklich zum Sex kommt, fragt die Expertin. Im Urlaub sei das anders. Daher sei der Sex dann auch oft viel spannender und produziere tollere Orgasmen. „Die Erregungsdauer ist wesentlich für die Orgasmusintenstät“, sagt sie. Und: „Guter Sex benötigt nicht nur die richtige körperliche, sondern auch genügend mentale Stimulation.“ 

Der Urlaub reißt uns aus unseren gewohnten Abläufen, gibt uns die Möglichkeit, Neues kennenzulernen und auszuprobieren, unsere Horizonte zu verschieben. Das wirke sich auch auf die Experimentierfähigkeit beim Sex aus – ob es sich nun um das sexuelle Stelldichein im Flugzeugklo handelt oder die Urlaubsromanze mit dem Animateur. Sexfantasien eben, für die im Alltag oft die mentalen Kapazitäten fehlten, um sie auszuleben, erklärt Lea Holzfurtner. 

Zoff statt Liebesboost

Das ist die Sonnenseite. Es gibt aber auch die Schattenseite. Nicht bei allen Paaren sorgt die Urlaubsatmosphäre für eine Wiederbelebung der Schmetterlinge im Bauch oder gar ein Feuerwerk an sexuellen Erlebnissen, sondern für Zoff. Wenn in der Urlaubszeit ein Paar 24/7 zusammen ist, dann sei das auch ein Realitycheck, sagt die Sexologin. „Im Urlaub zeigt sich ganz gut, wie wir als Team funktionieren: Wie gut kommunizieren wir eigentlich? Wie gut sind wir im Kompromisseschließen? Wie gut können wir auf die Wünsche und Erwartungen des Partners eingehen?“

Es ist möglich, dass Partner vollkommen unterschiedliche Vorstellungen davon haben, was einen guten Urlaub ausmacht. Der eine will nur am Strand braten, die andere von Museum zu Museum tingeln. Wird das nicht vorab geklärt, kommt es schnell zu Enttäuschungen. Außerdem sollte die Erwartungshaltung an den gemeinsamen Urlaub realistisch bleiben, so die Sexologin. Nicht jede Aktivität müsse gemeinsam begangen, nicht jede freie Minute mit dem Partner verbracht werden und auch nicht jeder Urlaub muss ein Pärchenurlaub sein.

Selbst wenn die Libido schwächele und sich die Liebespartner nicht permanent die Kleider vom Körper rissen, sei das noch kein Indiz dafür, dass mit der Beziehung etwas nicht stimme. „Sex sagt nicht unbedingt etwas über die Qualität einer Beziehung aus. Es ist schade, dass wir dafür oft nur den Sex als KPI heranziehen. Dafür gibt es viel aussagekräftigere Maßstäbe“, meint Lea Holzfurtner. „Mancher will im Urlaub vielleicht auch einfach Urlaub von dem Performancedruck nehmen, den er normalerweise mit Sex verknüpft.“