Jagd vorerst gestoppt: 90 Schafe fielen einem Schakal auf Sylt zum Opfer – die Chronik seiner Umtriebe

Inzwischen beschäftigt er die Justiz: Seit Mitte Mai treibt ein Goldschakal sein Unwesen auf Sylt, hat dort Dutzende Schafe und Lämmer getötet – das Geschehen im Überblick.

Vorerst darf er leben: Der Goldschakal, der in den vergangenen Wochen fast 100 Schafe auf Sylt gerissen hat, darf erst einmal nicht abgeschossen werden (der stern berichtete). Das Verwaltungsgericht Schleswig setzte nach dem Widerspruch eines Naturschutzverbandes die Ausnahmegenehmigung zum Abschuss des Raubtieres vorerst außer Kraft. Endgültig soll über das Schicksal des Tieres in den kommenden ein bis zwei Wochen entschieden werden, teilte eine Gerichtssprecherin am Donnerstag dem stern mit.

Der mit dem Wolf verwandte Goldschakal ist hierzulande eine invasive Art. Eine kurze Geschichte, mitsamt der blutigen Umtriebe auf Sylt.

1997: Der Goldschakal wird in Brandenburg erstmals in Deutschland gesichtet. Eigentlich ist die Art in Südasien und Südosteuropa heimisch. Die Population breitet sich jedoch zunehmend auch in Mitteleuropa aus.2017: Die erste Sichtung in Schleswig-Holstein erfolgt, in Dithmarschen an der Westküste. Seitdem ist insgesamt acht Mal ein Exemplar im nördlichsten Bundesland nachgewiesen worden, allein seit Mai 2024 fünf Mal.19. April 2023: Der internationale Tag der Schakale wird ins Leben gerufen und soll auf die Ausbreitung des Tieres in Europa aufmerksam machen.

10. bis 21. Mai 2025: Das Drama auf Sylt beginnt. Der Goldschakal tötet 78 Lämmer und zwei Mutterschafe im Osten der Nordseeinsel. Die Nutztiere sind auf der Insel für die Deichpflege von größter Bedeutung – quasi ein Teil der Lebensversicherung gegen Sturmfluten. Wie das Tier auf die Insel gelangt, ist unklar. Möglicherweise ist der Schakal über den Hindenburgdamm gelaufen; die Tiere können aber auch schwimmen.3. Juni 2025: Die Behörden in Schleswig-Holstein bereiten eine Ausnahmegenehmigung für die „Entnahme“, also den Abschuss, des Goldschakals auf Sylt vor.5. Juni 2025: Die Allgemeinverfügung, die die Jagd auf den Goldschakal erlaubt, tritt in Kraft. Sie gilt bis Ende Juli und nur auf der Nordseeinsel. Rund 120 Jäger stehen auf der Insel bereit. In den folgenden Nächten beteiligen sich regelmäßige Dutzende. Ein erfolgreicher Abschuss wäre der erste in Deutschland überhaupt.6. Juni 2025: Das Umweltministerium von Rheinland-Pfalz berichtet über die erste Sichtung eines Goldschakals in dem Bundesland überhaupt.

6. Juni 2025: Der Goldschakal auf Sylt schlägt wieder zu. In einem Naturschutzgebiet in List im Norden der Insel reißt er ein Lamm, verletzt weitere. Der betroffene Schäfer beklagt jetzt insgesamt zehn tote Schafe in den vergangenen Tagen durch das Raubtier. Insgesamt sind damit 90 Schafe und Lämmer dem Goldschakal zum Opfer gefallen.8. Juni 2025: Die Naturschutzorganisation WWF kritisiert die Abschussgenehmigung. „Es gibt keine belastbare Forschung, die einen negativen Einfluss des Goldschakals auf Bodenbrüter belegt“, sagt eine Sprecherin. Auch das Argument Deichschutz sei fragwürdig.8. und 9. Juni 2025: Zu Pfingsten kündigen sich Jäger aus anderen Regionen Deutschlands auf Sylt an. Manfred Uekermann, stellvertretender Kreisjägermeister Nordfrieslands, erteilt ihnen eine Absage: „Wir wollen hier keinen Jagd-Tourismus.“10. Juni 2025: Die jede Nacht 20 bis 30 Jäger wollen nun früher mit der sogenannten Ansitzjagd beginnen. Der Goldschakal starte nicht erst in der Dunkelheit mit seinen Streifzügen, sondern bereits gegen zehn Uhr. „Da ist es noch taghell auf Sylt“, sagt Thomas Diedrichsen, stellvertretender Leiter des Hegerings. Er zeigt sich optimistisch: „Ich hoffe nicht, dass es bis Ende Juli dauern wird, bis das Tier gefasst ist.“11. Juni 2025: Die Tierrechtsorganisation Peta kritisiert die Erteilung der Ausnahmegenehmigung für den Abschuss. „Behördliche Maßnahmen müssen immer das mildeste Mittel zuerst ins Kalkül ziehen, und das ist in diesem Fall eine Umsiedlung des Tieres“, sagt eine Sprecherin.11. Juni 2025: Wende im Fall des Sylter-Goldschakals. Nach dem Widerspruch eines Naturschutzverbandes setzt das Verwaltungsgericht Schleswig die Abschussgenehmigung außer Kraft, bis das Gericht über einen Eilantrag entschieden hat. „Alle jagdlichen Maßnahmen sind ab sofort unzulässig“, erklärt daraufhin das Landesamt für Umwelt in Kiel. Das Todesurteil für den Goldschakal wird nicht vollstreckt – vorerst.