Kinderschutz: Lücken bei Strategien gegen digitales Mobbing

Wie kann man Kindern bei gezielter Hänselei und Hass im Netz helfen? Strategien für solche Fälle sind einem Experten zufolge in Thüringen noch ausbaufähig.

Beim Schutz von Kindern vor Mobbing und Belästigung im Netz gibt es nach Einschätzung eines Experten Verbesserungsbedarf. Er sei überzeugt davon, dass Akteure im Kinderschutz das Problem derartiger Bedrohungen kennen, sagte der Kinderschutzbeauftragte der Landesärztekammer Thüringen, Carsten Wurst. Aber das Wissen darum, wie in solchen Situationen geholfen werden könne, sei etwa in vielen Schulen noch ausbaufähig. „Da sehe ich wirklich noch Lücken“, sagte Wurst. Um diese Lücken zu schließen, bräuchten unter anderem Pädagogen Unterstützung.

Die Bedrohungen, denen sich junge Menschen etwa über soziale Medien ausgesetzt sehen, müssten ernst genommen werden, so Wurst. Konkret könne es zum Beispiel um Benachrichtigungen gehen, in denen sie gemobbt oder sexuell belästigt würden oder in denen sie Szenen sexualisierter Gewalt zu sehen bekämen. „So was kann ein Kind sehr traumatisieren und nachhaltig in seiner Entwicklung beeinträchtigen“, sagte Wurst, der auch Chefarzt des Sozialpädiatrischen Zentrums am Klinikum in Suhl ist.

Aktionstag in Jena

Um Kinderschutz zu stärken, findet am Sonntag in Jena ein Aktionstag statt, der Vereine und Verbände dazu anregen soll, eigene Kinderschutzkonzepte zu erarbeiten. Das Angebot steht laut Sozialministerium allen Fachkräften offen, die mit Kindern und Jugendlichen arbeiten, also etwa aus Schulen oder Kitas.

Grundsätzlich sei der Kinderschutz in Thüringen inzwischen gut aufgestellt und besser vernetzt als noch vor einigen Jahren, schätzte Wurst. Eine Aufgabe für die Zukunft bleibe es, Kinderärzte noch mehr für den Kinderschutz zu sensibilisieren. Wenn Kinder etwa zu Vorsorgeuntersuchungen oder zu Impfungen zu ihnen kämen, sei das eine Gelegenheit, um Fälle zu erkennen, in denen Kinder oder Familien besondere Hilfe bräuchten.

Wenn Jugendämter eingreifen

In manchen Fällen ist das Jugendamt gefragt und kann Kinder aus Familien holen, wenn dort ihr Wohl gefährdet ist. Nach den jüngsten verfügbaren Daten des Landesamtes für Statistik war die Zahl sogenannter Inobhutnahmen von Kindern zuletzt deutlich gestiegen. Demnach wurden 2023 fast 2.000 Kinder vorläufig oder regulär in Obhut genommen.

Gründe dafür können sein, dass Eltern mit der Erziehung überfordert waren, oder es Anzeichen für Vernachlässigung oder gar Misshandlung gab. 2022 hatte es rund 1.700 solcher Inobhutnahmen gegeben, 2019 – dem Jahr vor Beginn der Corona-Pandemie – waren es etwa 1.400 gewesen. Nach Einschätzung von Kinderschützern hatte die Pandemie die Zahlen zu den Inobhutnahmen allerdings verzerrt.