Trockenheit: In diesen Regionen Deutschlands ist das Grundwasser knapp

Wasser ist auch in Deutschland eine begrenzte Ressource. Das bemerken viele aber erst, wenn der Rhein wieder austrocknet. Das Grundwasser haben die meisten nicht im Blick.

Wasser aus dem Hahn und das zu jeder Zeit: Was in Teilen Afrikas, Lateinamerikas oder Asiens ein feuchter Traum ist, gehört in Deutschland zum Standard. Doch auch in der Bundesrepublik ist die flüssige Ressource endlich. „Vielerorts sehen wir Übernutzung und sinkende Pegelstände und das seit Jahren“, sagt Moritz Böttcher, Referent für Rohstoff- und Ressourcenpolitik beim Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND). Jeder zweite Landkreis ist mittlerweile von sogenanntem Grundwasserstress betroffen, heißt es in der aktuellen Studie, die der BUND beim Institut für soziologische Forschung in Auftrag gegeben und veröffentlicht hat. Grundwasserstress bedeutet, dass mehr Wasser entnommen wird, als sich natürlich nachbilden kann.

Zwar hat sich die Bundesregierung mit der Einführung der Wasserstrategie 2023 dazu verpflichtet, den Verbrauch zu überwachen. Doch wie es um das Grundwasser wirklich steht, bleibt unklar. Das zeigt auch die Untersuchung: Die Daten stammen überwiegend aus dem Jahr 2019, weil zuvor und seitdem keine flächendeckenden und verlässlichen Daten verfügbar waren. Trotzdem liefert die Studie einen Überblick, den es in Deutschland so noch nicht gibt.

Demnach ist der Grundwasserpegel in 94 der 401 Landkreise und kreisfreien Städten im vergangenen Jahrzehnt deutlich gesunken. In 141 Kreisen wird zudem mehr Grundwasser entnommen, als sich etwa durch Regen wieder ansammeln kann. Insgesamt leiden also 201 Landkreise in ganz Deutschland unter Grundwasserstress. Die meisten von ihnen im traditionell trockenen Ost- und Westdeutschland, aber zunehmend auch im Norden.

Deutschland trocknet (sich selbst) aus

Die Bundesrepublik zählt laut der BUND-Studie zu den Ländern mit den weltweit höchsten Wasserverlusten. Nahezu alle Landkreise verzeichneten demnach in den vergangenen zehn Jahren Tiefststände bei den Grundwasserpegeln. Die globale Erwärmung hat damit aber nur bedingt zu tun. Tatsächlich ist vor allem der Umgang mit dem Wasser Deutschlands Hauptproblem: Die Ressourcen werden massiv übernutzt, Dürreperioden und Trockenheit verschärfen die Lage. Den Bürgern fällt das aber meist erst auf, wenn Flüsse wie der Rhein im Sommer versiegen und Behörden die Wassernutzung einschränken.

Dabei werden laut Studie mehr als zwei Drittel des Grundwassers für die öffentliche Trinkwasserversorgung genutzt. Das stammt überwiegend aus Nord- und Süddeutschland, weil dort die hydrogeologischen Bedingungen am besten sind. In einigen Landkreisen wie Heidenheim in Baden-Württemberg oder in Hessen wird das Grundwasser fast ausschließlich für die öffentliche Versorgung abgeschöpft. Von dort wird es per Fernleitung vor allem in größere Städte transportiert.

Die nicht-öffentliche Nutzung, also der Wasserverbrauch in der Industrie, fällt laut BUND insgesamt zwar viel geringer aus, macht in einigen Regionen aber einen großen Unterschied: Der Tagebau lässt die Pegel in West- und Ostdeutschland sinken. Bergbau, Verarbeitungsindustrie und Landwirtschaft zusammen benötigen 90 Prozent der gesamten industriellen Grundwasserentnahmen und haben damit den höchsten Verbrauch, wobei das nicht bedeutet, dass die Konzerne das Wasser auch wirklich verwenden. Gerade für den Bergbau wird das Grundwasser umgeleitet oder abgeschöpft, um die Schächte trocken zu halten. Besonders deutlich zeichnet sich das im Spree-Neiße-Kreis an der Grenze zu Polen und in der Lausitz ab. In Rheinland-Pfalz darf allein der Chemiekonzern BASF 26 Milliarden Liter Grundwasser im Jahr entnehmen.

Die sinkenden Pegel in Niedersachsen sind dagegen eher auf die Landwirtschaft zurückzuführen: Vor allem Kulturfrüchte wie Kartoffeln, Zuckerrüben, Gemüse und Obst benötigen viel Wasser, die wegen ausfallender oder unregelmäßiger Niederschläge über das Grundwasser versorgt werden müssen. Vor allem im landwirtschaftlich geprägten Heidekreis sorgt die Bewässerung deshalb für sinkende Pegel.

Hinzu kommt, dass ein Teil des Grundwassers mit Chemikalien, Pflanzenschutz und Arzneimitteln verunreinigt und deshalb unbrauchbar ist. Gleichzeitig steigen Verbrauch und Bedarf, wenn die Temperaturen im Sommer zunehmend neue Rekorde erreichen. Im Hitzesommer 2023 mussten die Behörden in 80 Landkreisen die Wasserentnahme deshalb reduzieren. Betroffen waren vor allem Rechenzentren, Batterie-, Halbleiter und Autofabriken – allesamt wasserintensive Industrien.

Wird das Wasser bald rationiert?

Noch kommen solche Maßnahmen in Deutschland selten vor, doch die Studienautoren mahnen, dass Grundwasserdürren künftig häufiger stattfinden werden. Die Crux daran ist der richtige Umgang. Von einer Rationierung hält BUND-Experte Böttcher wenig: „Ein bewusster Umgang mit Wasser ist natürlich sehr wichtig, aber man kann das nicht einfach auf die Konsumenten abwälzen.“ Immerhin fließt das meiste Grundwasser immer noch in die öffentliche Versorgung.

Nur wenn der Bedarf das Angebot dauerhaft übersteigt, sind Konflikte vorprogrammiert. Schon seit Jahren protestieren Anwohner und ein Bündnis gegen die Tesla-Fabrik in Berlin-Brandenburg, weil der Konzern den Menschen das Grundwasser streitig macht. Und nebenbei leidet auch die Umwelt: „Wälder trocknen aus, werden anfälliger für Schädlinge – so gehen ganze Ökosysteme kaputt. Aber das sind gerade die Nutzer, die auf diese natürliche Versorgung am meisten angewiesen sind“, erklärt Böttcher.

Er plädiert für eine klare Übersicht, wer wie viel Wasser an welchen Stellen in Deutschland entnimmt. Noch lässt sich das nicht einheitlich abfragen, weil etwa Bundesländer wie Bayern, Thüringen und Hessen kein Wasserentgelt erheben und daher nicht messen, welcher Konzern und welches Wasserwerk wie viel Grundwasser abschöpfen. In Bayern hatten sich CSU und Freie Wähler Ende 2024 zwar auf die Abgabe geeinigt, sie soll allerdings erst 2027 eingeführt werden. Außerdem soll die Zahlung erst ab einer Menge von 5000 Kubikmetern gelten. Der BUND fordert daher, dass die Wasserentgelte bundesweit einheitlich erhoben werden, „ansonsten fehlen die Sparanreize“.

Erst dann könnten Kommunen, Kreise und die Regierung dann entscheiden, wo beispielsweise in der Industrie Wasser gespart oder recycelt werden könnte. Gleichzeitig müsse man sich aber auch darüber Gedanken machen, wie sich das Grundwasser von selbst wieder dauerhafter sammeln kann. „Dafür müssten beispielsweise trockengelegte Feuchtgebiete wieder bewässert und Flussbegradigungen rückgängig gemacht werden. Gerade in Dürrephasen sind das wichtige Wasserspeicher, die der Neubildung von Grundwasser dienen“, so Böttcher.