Wasserversorgung: Prognose für 2050: Droht der Südwesten auszutrocknen?

Längere Trockenperioden setzen der Wasserversorgung in Baden-Württemberg zu. Künftig könnte es an sehr heißen Tagen Probleme geben. So will das Land gegensteuern.
Niedrige Grundwasserstände, ausgetrocknete Flussbetten, Wasserentnahmeverbote in heißen Monaten – der Klimawandel wirkt sich im Südwesten schon jetzt deutlich auf die Wasserversorgung aus. „Das wird sich künftig noch verschärfen“, sagte Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne). Um Verteilungskonflikte zu vermeiden, will Baden-Württemberg frühzeitig handeln – und stockt auch die Förderprogramme auf. Wie ist die Lage, welche Folgen hat das und wie will das Land dem begegnen?
Prognose: 2050 haben viele Gemeinden Probleme
Im Jahr 2050 muss rund die Hälfte der Kommunen im Land damit rechnen, dass sie ihren Wasserverbrauch in Spitzenzeiten nicht mehr decken können, teilte das Umweltministerium unter Berufung auf eine Untersuchung mit. Schon heute sei es so, dass etwa ein Viertel der Kommunen bei langanhaltenden Trockenperioden Schwierigkeiten habe, den Wasserbedarf in Spitzenzeiten zu decken. Derzeit könnten diese Probleme noch durch Speicher und durch einen kurzzeitigen Zukauf von Wasser kompensiert werden. Das werde 2050 aber nicht mehr so einfach möglich sein, hieß es. „Dürre schrumpft diesen Markt“, teilte das Ministerium mit.
Für den sogenannten Masterplan Wasserversorgung untersucht das Land in allen Städten und Gemeinden die aktuelle Situation der Infrastruktur. Zudem wird geprüft, ob die Versorgung auch 2050 so noch gesichert werden kann und welche Maßnahmen jede einzelne Kommune ergreifen sollte, um die Wasserversorgung langfristig zu sichern. Inzwischen wurden nach Angaben des Umweltministeriums die Städte und Gemeinden in 25 Landkreisen untersucht, die restlichen Landkreise sollen demnächst folgen, mit Ergebnissen wird im kommenden Jahr gerechnet.
Folgen: Schon heute Verbote von Wasserentnahme
Dass sie einfach kein Trinkwasser mehr bekommen, müssen die Menschen im Südwesten Umweltministerin Thekla Walker (Grüne) zufolge nicht fürchten. „Ich sehe für Baden-Württemberg nicht die Gefahr, dass wir Trinkwasserbeschränkungen haben werden“, sagte die Politikerin. Aber es gebe etwa schon heute in einigen Landkreisen Beschränkungen für die Entnahme von Wasser aus Flüssen oder Seen, etwa zum Gießen. In Frankreich gebe es zudem Regionen, in denen an bestimmten Stellen mangels ausreichend Wasser keine neuen Häuser oder landwirtschaftlichen Betriebe mehr gebaut werden dürften.
Gründe: Längere Trockenperioden
Ein wärmeres Klima führt in unsere Breiten nach Angaben des Umweltministeriums zu weniger Wasser. Durch längere und heißere Trockenperioden komme es zu mehr Verdunstung. Außerdem könnten ausgetrocknete Böden starke Regenfälle nur schlecht aufnehmen – sodass weniger Regenwasser ins Grundwasser gelange. Diese Trockenperioden werden laut Ministerium wegen des Klimawandels künftig häufiger auftreten und auch länger anhalten.
Maßnahmen: Neue Quellen erschließen, Anlagen ausbauen
Mit dem Masterplan will das Land den Kommunen konkrete Handlungsempfehlungen geben. So könnten sich die Städte und Gemeinden etwa durch die Erschließung neuer Wasserquellen oder auch die Optimierung ihrer Anlagen auf den Wassermangel vorbereiten. Eine weitere Möglichkeit, sich auf Engpässe vorzubereiten, seien Verbünde zwischen verschiedenen Gemeinden, sagte Umweltministerin Walker. Sollte dann in einer Gemeinde an sehr heißen Tage ein Engpass entstehen, könne man das mit Hilfe der Nachbarn ausgleichen.
Für andere Gemeinden sei auch ein Anschluss an eine Fernwasserversorgung denkbar, etwa an die Bodenseewasserversorgung. Nach wie vor gelte aber, dass die dezentrale Versorgung an erster Stelle stehe. Denn: Schon heute nähmen die beiden großen Fernwasserversorger im Land, die Bodenseewasserversorgung und die Landeswasserversorgung, keine neuen Mitglieder mehr auf. Eine Erweiterung deren Kapazitäten erfordere Milliardeninvestitionen und dauere Jahrzehnte.
Damit die notwendigen Investitionen ins Wassernetz nicht zu massiv steigenden Gebühren führen, stellt das Land zusätzliche Fördermittel bereit. Für 2025 stünden 64 Millionen Euro, für 2026 knapp 88 Millionen Euro zur Verfügung, hieß es.
Der Naturschutzbund (Nabu) betonte, dass neben technischen Lösungen auch eine intakte Natur der Wasserversorgung helfe. „Gesunde Wälder, Moore, Auen, Feuchtwiesen und humusreiche Böden wirken wie ein Schwamm. Sie speichern Niederschläge und geben das Wasser langsam an Grundwasser und Umwelt ab“, sagte Landeschef Johannes Enssle. In diese Bereiche sollten aus Sicht des Nabu auch Infrastrukturmittel des Bundes fließen.