Tour de France: Franzose siegt auf dem Ventoux – Lipowitz weiter Dritter

Zum Auftakt der letzten Tour-Woche klettern die Profis auf den Provence-Giganten. Der Sieg auf dem Mont Ventoux fehlt noch in der Trophäensammlung von Pogacar. Doch der Superstar geht leer aus.
Rad-Superstar Tadej Pogacar hat nach dem Kletterspektakel durch die karge Mondlandschaft des Berg-Klassikers Mont Ventoux einen prestigeträchtigen Sieg verpasst. Flankiert von unzähligen Radsportfans kletterte der Ausnahmefahrer noch einmal leidenschaftlich auf den Kalksteinriesen in der Provence, doch die Ausreißer waren schon zu weit weg. Der Franzose Valentin Paret-Peintre feierte den Tageserfolg auf dem legendären Berg – es war der erste französische Tour-Tagessieg in diesem Jahr.
Nach 171,5 Kilometern mit Start in der südlichen Stadt Montpellier siegte der 24-Jährige Paret-Peintre in einem spannenden Finale auf der 16. Etappe vor dem Iren Ben Healy und dem Kolumbianer Santiago Buitrago. Im Duell der beiden Tourfavoriten hielt Titelverteidiger Pogacar auf den letzten Kilometern gleich mehreren Attacken seines Dauerrivalen Jonas Vingegaard stand.
Pogacar, der bei der diesjährigen Frankreich-Rundfahrt bereits vier Etappensiege feierte, kam schließlich zwei Sekunden vor Vingegaard als Fünfter ins Ziel, 43 Sekunden hinter dem Sieger. Beide gaben mit ihrem Zweikampf einen Vorgeschmack auf die demnächst anstehenden Alpen-Etappen.
Duell mit Vingegaard
In der Gesamtwertung steht Pogacar als Träger des Gelben Trikots weiter an der Spitze mit einem Vorsprung von 4:15 Minuten vor Jonas Vingegaard. Der deutsche Hoffnungsträger Florian Lipowitz, der das Weiße Trikot als bester Nachwuchsfahrer trägt, verteidigte das Outfit erfolgreich und bleibt auf dem dritten Gesamtrang mit nun 9:03 Minuten hinter Pogacar.
Der Berg mit karger Vegetation und unbequemen Temperatur- und Windverhältnissen verschluckte praktisch nach und nach mehrere Fahrer. Der gebürtige Schwabe Lipowitz hielt aber gut mit. Routinier Primoz Roglic, der eigentliche Kapitän, kam zwei Sekunden früher als Lipowitz ins Ziel – der Slowene steht als Fünfter in der Gesamtwertung knapp zweieinhalb Minuten hinter dem deutschen Youngster.
Red-Bull-Chef tippt auf Pogacar
Ralph Denk, Teamchef von Lipowitz‘ Red-Bull-Team, machte in der Kapitänsfrage weiter deutlich, dass am Ende die Beine entscheiden würden und wer von beiden als Erster in der Favoritengruppe mithalten könne. „Das ist ein ganz mystischer und schwerer Anstieg mit über 1000 Höhenmetern. Und vielleicht fällt dann da schon die Entscheidung“, sagte Denk dem ZDF-Morgenmagazin vor der Ventoux-Etappe. Er bezeichnete Pogacar als den „alles überstrahlenden Star“ und tippte auf den Ausnahmefahrer als Tagessieger.
Der Erfolg auf dem markanten Höhepunkt des höchst anspruchsvoll zu erklimmenden Bergs fehlt im Portfolio des slowenischen Weltmeisters noch. Der fast 2000 Meter hohe Kalksteinhüne lieferte schon viele unvergessene Radsport-Geschichten. Tom Simpson kam 1967 in den Hängen des Bergs ums Leben, nachdem er unter Einfluss von Amphetaminen und Alkohol entkräftet zusammengebrochen war. Der viermalige Tour-Champion Chris Froome sorgte 2016 für kuriose Szenen, als der Brite wegen seines defekten Rads nicht weiterfahren konnte, das Teamauto zu weit entfernt war und er zu Fuß panisch weiter rannte.
Pogacar wollte den Sieg an dem Berg der höchsten Kletterkategorie. Das machte sich früh bemerkbar, als sein Edel-Helfer Nils Politt mit seinen gewohnt brachialen Tempoverschärfungen dafür sorgte, dass das Hauptfeld nicht zu viel Zeit auf die Ausreißergruppe einbüßte. Dennoch machte sich eine größere Gruppe auf den Weg und baute den Vorsprung zunächst auf knapp sieben Minuten aus – das sollte sich später rächen.
Van der Poel steigt vom Rad
Der frühere Weltmeister Mathieu van der Poel konnte das Kletterspektakel am Berg nicht mehr als Teils der Fahrerriege erleben. Der 30 Jahre alte Gewinner von Paris-Roubaix stieg vor der Etappe wegen einer Lungenentzündung gar nicht mehr auf das Rad.
Am Mittwoch sind die Sprinter gefragt. Angesichts der Montmartre-Überquerungen am letzten Tag in Paris könnte es schon die letzte Chance auf einen Tageserfolg für die schnellen Radprofis sein. Auf dem 160,4 Kilometer langen Abschnitt zwischen Bollène und Valence müssen sie nur zwei kleine Berge der vierten Kategorie passieren.