Inselpolizist: Ein Polizist für eine Insel: Der „Sheriff“ von Hiddensee

Rund 1.000 Menschen leben auf der Ostseeinsel Hiddensee. Für sie und zahlreiche Touristen ist Polizeihauptmeister Thomas Moritz als Kontaktbeamter zuständig – die meiste Zeit des Jahres alleine.
Polizeihauptmeister Thomas Moritz sorgt für Recht und Ordnung auf Hiddensee – als einziger dauerhaft auf der Insel eingesetzter Beamter. Nur im Sommer wird er von einem weiteren Bereitschaftspolizisten unterstützt. Wenn die Saison vorbei ist, dann hütet er das Gesetz auf der Ostseeinsel vor der Westküste Rügens wieder allein.
„Irgendwo muss man schon ein bisschen verrückt sein, wenn man sich das freiwillig zumutet“, sagt er schmunzelnd. Seit August 2022 ist Moritz als Kontaktbeamter auf Hiddensee tätig – oder wie er selbst sagt, als „Sheriff“. Er pflegt den direkten Kontakt zu den rund 1.000 Einwohnern und zahlreichen Touristen, kümmert sich um „normales Alltagsgeschehen“, wie er es nennt.
„Gutes Verhältnis“ zu Einheimischen
Wenn Moritz seine kleine Polizeistation in Vitte verlässt, grüßt er beinahe jeden Passanten mit einem freundlichen „Moin“. Er schüttelt Hände, verteilt Umarmungen und sorgt mit seinem trockenen Humor auch mal für Lacher bei den Insulanern. Das Verhältnis zu den Einheimischen sei gut, sagt Moritz. Auch wenn das niemanden vor einem Verwarngeld schützt: „Letzten Endes wissen die Leute, dass man mit mir reden kann, aber nicht diskutieren braucht“, sagt er.
Donnerstags treffe er sich mit den älteren Damen der Insel. Da erfahre er den neusten Klatsch und Tratsch aus der Gemeinde, sagt Moritz. Er nutzt die Runden aber auch für Präventionsarbeit, etwa gegen Computerkriminalität oder betrügerische Maschen wie den Enkeltrick.
Hiddensee sei zwar eine ruhige, friedliche Insel im Vergleich zu anderen Orten im Land, sagt der 58-Jährige. Trotzdem gebe es auch hier häusliche Gewalt, Betäubungsmittel oder Diebstähle. Schon kurze Zeit nach seinem Dienstantritt auf Hiddensee wurde er zu einem tödlichen Fahrradunfall gerufen. „Da bist du erst mal am Überlegen – wo bist du denn hier gelandet?“
Auf Streife zu Fuß oder im Auto
Nach Angaben der zuständigen Polizeiinspektion Stralsund gibt es viele Einsätze ohne strafrechtliche Relevanz. Der Kontaktbeamte helfe etwa Bürgern in Gefahrensituationen, unterstütze bei der Suche nach vermissten Personen oder schlichte bei Streitigkeiten.
Auf Streife ist der Polizist meist mit seinem elektrischen Streifenwagen oder zu Fuß. Mit seinem Fahrzeug ist Moritz eine Ausnahme auf der Insel. Privaten Fahrzeugverkehr gibt es auf der knapp 17 Kilometer langen Insel, die an der schmalsten Stelle gerade Mal 250 Meter breit ist, nämlich nicht.
Einsam fühlt sich der gebürtige Stralsunder aber nicht – mittlerweile kenne er ja den Großteil der Insulaner, sagt er. Dennoch vermisst er auch die Gespräche mit Kollegen: „Wenn man morgens zum Dienst kommt, dann ist hier keiner“, sagt Moritz. Laut einer Sprecherin des Innenministeriums ist er der einzige von 170 Kontaktbeamten in Mecklenburg-Vorpommern, der für einen Ort allein zuständig ist.
Für ihn sei die Arbeit auf der Insel gefühlt ein 24-Stunden-Dienst. Es könne auch jederzeit passieren, dass Touristen oder Anwohner an seiner Haustür klingelten, denn da stehe nun mal auch der Streifenwagen. Das sei nicht schlimm, „aber man fühlt sich irgendwie schon für alles verantwortlich“, sagt Moritz.
Ganz auf sich allein gestellt ist Moritz aber nicht. Im Urlaubs- oder Krankheitsfall wird der Kontaktbeamte zeitweise von Kollegen von Rügen vertreten, wie Moritz sagt. Die Polizeiinspektion Stralsund versichert: „Die Polizei ist auch an abgelegenen Orten handlungsfähig.“ Bei Bedarf könnten zügig zusätzliche Kräfte hinzugezogen werden, hieß es.
Bürgermeister zufrieden mit Zusammenarbeit
Der Bürgermeister von Hiddensee, Thomas Gens, ist grundsätzlich zufrieden mit der Zusammenarbeit zwischen seiner Gemeinde und der Polizei, wie er selbst sagt. Die Anzahl an Beamten auf der Insel spiele für ihn keine Rolle.
Ob es auf der Insel nun fünf Polizisten oder einen gebe, sei ihm egal, sagt Gens. Das liege in der Verantwortung der Polizei. „Wir sind auf Hiddensee Gott sei Dank weit ab vom allgemeinen Irrsinn – da sind die Einsätze ja immer sehr überschaubar“, sagt der Bürgermeister.
Bei seinen Streifen müsse er nur aufpassen, sagt Moritz scherzhaft, dass er nicht überall einen Kaffee trinke, wo er einen angeboten bekomme. „Ich habe das einmal gemacht, aber ich habe nur 14 geschafft in der Schicht – und ich war noch nicht am Ende.“