Kino-Hit: Gags von gestern oder Komödie des Sommers? Wie lustig ist „Die nackte Kanone“?

Für die Neuauflage der legendären Krimi-Satire „Die nackte Kanone“ werden Liam Neeson und Pamela Anderson zum Ermittler-Paar. Bringt uns das heute noch zum Lachen?

Ja, weil Polizeiarbeit und Kripo oft viel zu ernst genommen werden

Am Anfang steht ein Banküberfall. Da wird in die Decke geschossen zur Einschüchterung, werden Geiseln genommen und Schließfächer gesprengt, während sich vor der Tür die Polizei aufbaut und den Ort umzingelt. Alles wie gewohnt. Doch dann hüpft ein kleines Zopf-Mädchen mit Lolli unbedarft ins Bild und neckt die Gangster. Es ist Inspektor Frank Drebin Junior in Verkleidung. Kurzer Rock, Erdbeer-Unterhose und so Kampfkunst-versiert, dass die Schurken bald fallen wie auf einer Bowling-Bahn.

Die Richtung ist klar: Wir sind hier nicht beim „Tatort“ oder anderen finsteren Krimis. In der Polizeistation lagern die „Cold Cases“ in einem Kühlraum, und als Drebin eine Leiche inspizieren soll, zieht er sich erst umständlich einen Gummi-Handschuh über – und untersucht dann mit der nackten Hand weiter. Ihm und seinem Partner wird als Running Gag ständig Kaffee in immer größeren Bechern gereicht, selbst mitten in der Fahrt. Auf dem Weg zur Arbeit mäht Drebin gerne mal unbemerkt einen Radfahrer um.

Die alten Filme über eine ungewöhnlich dämliche „Police Squad“, der erste erschien 1988, wurden gedreht als Persiflage auf ein Genre, das sich gerne bierernst und gesellschaftsrelevant gibt, ausgenommen sind das „Tatort“-Ermittlerduo Jan Josef Liefers und Axel Prahl oder die Eberhofer-Krimis. Schließlich geht es um Mord und Totschlag. Zumindest in der ersten Hälfte gelingt diese Tradition dem Neustart der „nackten Kanone“ vorzüglich, wenngleich nicht in einer ähnlich hohen Gag-Frequenz wie im Original. 

Nein, weil nicht alle Witze aus den 80er Jahren gut gealtert sind

Es gibt Szenen, in denen Pamela Anderson und Liam Neeson sich in „Dirty Talk“ üben, es geht unter anderem um einen gestopften Truthahn. Es folgen Dialoge, die wohl nicht mal mehr auf einer Herrentoilette oder in der Nordkurve für Grinsen sorgen würden. An einer anderen Stelle des Films werden Sexstellungen zum vermeintlichen Leben erweckt, zum Teil mit einem Hund. Eine Idee, die dreist aus einem der „Austin Powers“-Filme geklaut wurde.

Wenn die Kamera aufreizend langsam über die Kurven von Co-Star Pamela Anderson gleitet, soll das wie ein Zitat aus patriarchalen Zeiten wirken – und fühlt sich umso gestriger an. Anderson spielt die Schwester eines Mordopfers. Hinter der Tat verbirgt sich die große Verschwörung eines Milliardärs mit E-Autos (Elon Musk lässt grüßen), der mit anderen Superreichen die Weltherrschaft übernehmen will. Im Prinzip ist die Handlung aber eher nebensächlich, um nicht zu sagen: egal.

Ja, weil Liam Neeson nicht nur Grantler und Rache-Engel kann

Der Nordire mit dem fiesen Akzent hat bereits Oskar Schindler gespielt, viele Vaterfiguren oder Spezialagenten auf Rettungs- oder Rachemissionen. Wenn Neeson auf der Leinwand auftaucht, wird es also meistens hart und brutal. Als Teenager hat er geboxt, weshalb seine Nase nun aussieht, wie sie aussieht. Dass ein Action-Held wie er auch mal einen Clown gefrühstückt hat und das Timing für Witze und Slapstick beherrscht, ist die größte Überraschung der neuen „nackten Kanone“.

In der Improvisations-Komödie „Life’s Too Short“ mit Ricky Gervais hat er schon mal kurz sein Können aufblitzen lassen, nun gelingt ihm die Reifeprüfung als Film-Sohn des Original-Drebins Leslie Nielsen ausgezeichnet. Dabei ist Neeson tatsächlich schon 73 Jahre. Ein Alter, das man ihm manchmal auf der Leinwand anmerkt. Nielsen war bei seinem ersten Auftritt allerdings auch schon 62 Jahre alt und wirkte trotz seiner grauen Haare oft so albern und ausgelassen wie ein Schulkind.

Nein, weil Pamela Anderson nicht als Spaßmacherin taugt

Auf ihre Vergangenheit als „Playboy“-Model und als Rettungsschwimmerin in der Serie „Baywatch“ möchte Anderson nicht mehr angesprochen werden. In den vergangenen Jahren hat sie sich in Hollywood einen frischen Ruf zugelegt als ernsthafte Mimin, die von den Medien und der Industrie zu Unrecht unterschätzt wurde. Ihr Auftritt als „The Last Showgirl“ – eine Revue-Tänzerin in Las Vegas, die nicht wahrhaben will, dass ihre Zeit des Glamours und der Frivolität abgelaufen ist – brachte ihr kürzlich sogar eine Nominierung als „Beste Schauspielerin“ bei den Golden Globes ein.

In der „nackten Kanone“ zeigt sie sich nur bekleidet, aber gerne in enganliegenden Kostümen oder mit weiten Ausschnitten. Als mal blonde, mal brünette Femme fatale unterstützt und umgarnt sie den Hauptdarsteller. Dafür macht sich die 58-Jährige auf der Bühne eines Jazz-Clubs mit einem albernen Song zum Affen oder gibt sich für komisch gemeinte Erotik-Szenen her.

Bitte recht albern: Pamela Anderson und Liam Neeson bei der Deutschland-Premiere ihrer Komödie „Die nackte Kanone“
© Sebastian Reuter

Im Gegensatz zu Neeson wirkt der Klamauk bei Anderson jedoch eher gewollt als leichtfüßig. Als würde sie sich selbst manchmal fragen, wie sie sich in diese Komödie verirren konnte. Die Chemie mit ihrem Gegenüber stimmt dennoch, angeblich haben sich die beiden auch abseits der Dreharbeiten gut verstanden und können sich weitere gemeinsame Projekte vorstellen. Ein Hinweis auf „Die nackte Kanone 2 ½“? Die Rolle der verführerischen Frau hatte in den früheren Teilen jeweils Priscilla Presley übernommen.

Ja, weil wir diesen Sommer ohnehin kaum Grund zum Lachen haben

Bitte hier eine Liste der aktuellen Krisenherde einsetzen. Dazu Aprilwetter, steigende Preise und Wohnungsnot. Abgesehen von einigen romantischen Komödien und ein paar kindertauglichen Trickfilmen gibt es im Kino derzeit kaum Stoff für gute Laune. Die großen Filmstudios vertrauen lieber auf Superhelden, Dinosaurier und die Wiedererweckung bekannter und etablierter Marken. Auch „Die nackte Kanone“ passt in dieses Schema und bringt trotzdem endlich etwas Spaß und Unsinn zurück. Und wenn es nur Finger sind, die von einer Autotür eingequetscht werden oder andere schmerzhafte Körper-Stunts und Fäkalhumor.

Es gibt die Theorie, dass politische Korrektheit, die Forderungen von Linksextremen nach einer woken Welt, die Lust auf zweifelhafte Witze und Sprüche versaut haben. Weil gewohnte Klischees nicht mehr zeitgemäß sind, manche abgehangenen Gags nicht mehr zünden, ohne irgendeiner Randgruppe wehzutun. Andererseits gibt es mittlerweile gerade im Internet alle Spielarten der Witzigkeit, siehe beispielsweise die Netflix-Shows des britischen Stand-up-Komikers Jimmy Carr.

Zumindest in Deutschland könnte bald noch mehr unter Niveau gelacht werden. Am 14. August startet „Das Kanu des Manitu“ – eine Western-Veralberung mit schwulem Indianer und diversen kulturellen Aneignungen. Fröhlich geht die Welt zugrunde.