Fotoprojekt: Im Angesicht der Klimakrise – Fotograf porträtiert Flutopfer weltweit

Die Klimakrise als weltweiter Gleichmacher: Gideon Mendels erschütternde wie berührende Porträts zeigen Menschen vor überfluteten Besitztümern.

Hochwasser und sintflutartige Regengüsse. Flüsse, die über Ufer treten, brechende Dämme und Bilder von Menschen, die aus ihren überfluteten Häusern evakuiert werden, gehören in Deutschland wie auch in anderen Teilen der Welt zu einer neuen Realität, in der Leben und Existenzen bedroht werden. Um die Schicksale hinter den Katastrophenmeldungen aufzuzeigen, arbeitet der Fotograf Gideon Mendel (*1959) seit 17 Jahren an einer berührenden Serie: Er fotografiert Menschen, die in den Fluten vor Häusern, in Vorgärten oder Wohnräumen stehen und den Betrachter ebenso niedergeschlagen wie wissend anzublicken scheinen. Ganz so, als ob sie sagen wollten: Es kann jeden von uns jederzeit erwischen.

Im brasilianischen Rio Branco reicht einem Mann das Wasser bis zum Hals, während eine Landsfrau rauchend in der braunen Brühe auf ihrer Veranda sitzt. Das Bild von Vater und Stiefsohn im amerikanischen Bundesstaat South Carolina, deren Haus auf einem Waldgrundstück von einem See verschluckt wurde, spiegelt sich malerisch auf der Wasseroberfläche. In Bangkok trägt eine Mutter ihre Tochter durch die Fluten in ihrem Viertel. Die Engländerin Shirley Armitage hält neben dem Treppenaufgang in ihrem unter Wasser stehenden Haus inne, während Abdul Ghafoor aus Pakistan in einer widerwärtigen Schlammlandschaft festzustecken scheint.

Fotograf nutzt dokumentarischen Ansatz, um der Klimakrise Aufmerksamkeit zu verschaffen

Die Submerged Portraits (Porträts unter Wasser) aus der Serie Drowning World (Ertrinkende Welt) entstanden seit 2007, als es innerhalb weniger Wochen Hochwasserkatastrophen in England und Indien gab, und auf späteren Reisen in Flutgebiete in 13 Ländern. Dem aus Südafrika stammenden Mendel geht es nicht darum, entmachtete Opfer zu zeigen. Sondern Menschen, die sich in all ihrer Verletzlichkeit ihrem Schicksal stellen und Würde und Kampfgeist demonstrieren. Im Laufe der Jahre bewegte sich der Fotograf von einem dokumentarischen Ansatz zu Porträts, die er in Szene setzt. Mit seinen Projekten, die sich außerdem mit dem Kampf gegen die Apartheid in seinem Heimatland, der Aids-Krise oder Bränden als Folge der Klimakatastrophe auseinandersetzen, versteht er sich auch als Aktivist. 

„Während wir extreme Wetterereignisse erleben, die auf den Klimawandel zurückzuführen sind, sehen wir auch das immer aggressivere Leugnen, das oft von populistischen Führern vertreten wird, ein globales politisches System, das nicht in der Lage ist, sinnvolle Maßnahmen zu ergreifen, und Unternehmen, die sich weigern, auch nur die kleinste Maßnahme zur Reduzierung der Kohlenstoffemissionen zu ergreifen“, kommentiert Mendel sein Flutprojekt. „Angesichts dieser Tatsachen fühle ich mich persönlich verpflichtet, an einem Projekt zu arbeiten, das so laut wie möglich spricht.“