Meinung: Fehlinvestition Gaskraftwerke: Stoppt Katherina Reiche!

Die Bundeswirtschaftsministerin will unbedingt jede Menge Gaskraftwerke bauen, obwohl enorme Folgekosten drohen. Warum diese Retro-Politik Deutschland und der Energiewende schadet.
In den vergangenen Wochen war ich in Norwegen unterwegs. Die Einwohner sind sichtlich verstört, weil die Sommer dort von Jahr zu Jahr heißer werden. Tagelang weit über 30 Grad im Skiparadies Lillehammer, während Deutschland kaum 20 Grad erreichte. Nichts ist mehr, wie es mal war, klagen viele Einwohner. Die Durchschnittstemperaturen liegen teils zehn Grad über dem langjährigen Mittel. Es ist zudem extrem trocken. Die gigantischen Gletscher tauen dahin.
Die Zustimmung zur Energiewende schmilzt dahin
Zurück nach Deutschland. Dort sind Energiepolitik und Klimaschutz so nebensächlich geworden wie seit 30 Jahren nicht mehr. Bei der Energiewende legt die Regierung nach Jahren des Tempomachens den Rückwärtsgang ein. Unter der Bevölkerung schmilzt die Akzeptanz von grüner Energie wie die skandinavischen Gletscher.
Nach Jahren überwältigender Zustimmung halten sich Befürworter und Gegner in den Umfragen nur noch die Waage. Das ist höchst bedenklich – unabhängig von den Klimafolgen. Denn die Republik steht an einem ökonomischen Scheideweg: Wohin wir jetzt bei der Energieversorgung abbiegen, wird unsere Wirtschafts- und Finanzkraft in den kommenden Jahrzehnten weit dramatischer beeinflussen als die Höhe des Bürgergelds oder der Mütterrente.
Zu den Bremsern auf dem grünen Weg zählt vor allem Bundeswirtschaftsministerin Katherina Reiche. Die CDU-Politikerin beharrt entgegen aller Kritik darauf, neue Gaskraftwerke mit bis zu 20 Gigawatt Leistung bauen zu lassen. Sie sollen einspringen, wenn der Wind nicht weht und die Sonne nicht scheint.
Reiche setzt damit auf Technik, die nicht nur teure Brennstoffe erfordert, sondern auch noch Milliardensubventionen verschlingt, weil diese Reservekraftwerke nur selten laufen werden und die Betreiber für die reine Bereitstellung entschädigt werden müssen. Die sogenannten Dunkelflauten traten übrigens in der Vergangenheit höchstens ein- bis neunmal pro Jahr auf und dauerten im Schnitt 70 bis 100 Stunden.
Neues Gaskraftwerk von EnBW: Erdgas muss teuer im Ausland eingekauft werden. Wann und ob das Kraftwerk auf sauberen Wasserstoff umgestellt werden kann, steht in den Sternen
© Bernd Weißbrod
Reiches Retro-Haltung führt inzwischen sogar zu Widerstand aus den eigenen Reihen. Die „Klimaunion“, in der sich Mitglieder von CDU und CSU für einen konsequenten Klimaschutz einsetzen, widerspricht ihr offen.
Die Kritiker beziehen sich dabei auch auf eine neue Studie des Spezialisten Conenergy. Das Beratungsunternehmen hält Gaskraftwerke zwar für geeignet, alle Versorgungslücken zu schließen. Allerdings seien sie viel zu teuer und unflexibel. Mit klimaschonenden Batteriespeichern, Pumpspeicherkraftwerken, Biomasse- und Wasserstoffkraftwerken sei die Absicherung ebenso sicher, aber günstiger zu haben, argumentiert die Studie.
Gaskraftwerke belasten kommende Generationen finanziell
Vor dem Hintergrund solcher Analysen ist es höchste Zeit, dass die ehemalige Eon-Gas-Managerin Reiche ihre Strategie überdenkt und keine irreversiblen Entscheidungen trifft, die der kommenden Generation weitere immense Kosten aufladen. Denn die Behauptung, der Umbau auf grüne Quellen treibe die Energiekosten in die Höhe, ist und bleibt nichts weiter als ein AfD-Märchen.
Tatsächlich zeigen alle seriösen Studien, dass Strom und Wärme schon heute deutlich teurer wären, hätten wir weniger grüne Kraftwerke im System. Laut der Internationalen Agentur für Erneuerbare Energien hat Deutschland dank seiner Erneuerbaren allein 2024 über 14 Milliarden Euro eingespart, weil es weniger fossile Brennstoffe importieren musste.
Große Solar- und Photovoltaikanlagen liefern laut den Zahlen der Agentur in nahezu allen Konstellationen billigeren Strom als fossile Erzeuger. Windkraft an Land stellt ihn für 3 Cent pro Kilowattstunde bereit, PV für 4 Cent, Wasserkraft für 5 Cent. Gas kostet mindestens das Doppelte, Kohle das Dreifache.
Nichts ist billiger als Wind- und Sonnenstrom
Beispiel Norwegen: Das Land zieht seinen immensen Reichtum ausgerechnet aus dem Gas- und Ölexport. Gleichzeitig nutzen die Einwohner fast zu 100 Prozent Wasser-, Sonnen- und Windkraft, um ihre vielen E-Autos und Wärmepumpen zu betreiben. Der durchschnittliche Strompreis für Privathaushalte beträgt rund 19 Cent; je nach Region und Tageszeit fällt er auch schon mal auf 3 Cent. In Deutschland liegt er bei 35 Cent. Ein Vorbild für uns?
Vielleicht sollte Katherina Reiche selbst noch einmal Norwegen besuchen, um Schaden vom deutschen Volk abzuwenden. Nicht mehr als Gasmanagerin, sondern als verantwortliche Ministerin für eine große Volkswirtschaft, deren Kosten schon jetzt aus dem Ruder laufen.