Caroline Bosbach: Wer ist die Frau im Zentrum der Parteigeld-Affäre?

Kaum ist sie in den Bundestag gewählt, droht Caroline Bosbach bereits das Karriereende. Über eine schillernde Politikerin mit einem berühmten Namen und großen Ambitionen.
Der Vater hatte seine Tochter gewarnt. „Du musst wissen, was auf dich zukommt“, habe er zu ihr gesagt. „Das ist eine hohe Verantwortung. Das ist eine große Belastung.“
Das erzählte der frühere Bundestagsabgeordnete Wolfgang Bosbach vergangenen Herbst in einem gemeinsamen RTL-Interview mit Caroline Bosbach. Kurz zuvor hatte sie ihre erste Kandidatur für das Parlament verkündet.
Nun, ein Dreivierteljahr und eine erfolgreiche Wahl später, wird die Belastungsfähigkeit der Neuabgeordneten auf eine harte Probe gestellt. Ihr CDU-Kreisverband Rheinisch-Bergischer Kreis hat sich an die Staatsanwaltschaft gewandt und Bosbach ein Ultimatum gestellt. Sie soll bis Freitag plausibel erklären, wie es dazu kam, dass sie 2500 Euro an Parteigeldern annahm. Bisher habe sie jedenfalls „nicht zur hinreichenden Aufklärung beigetragen“.
Caroline Bosbach spricht von „Schmutzkampagne“
Denn auch wenn Caroline Bosbach alle Anschuldigungen empört zurückweist („Ich habe mich nicht bereichert!“) und von einer „Schmutzkampagne“ spricht, so blieben bisher entscheidende Fragen offen. Zum Beispiel: Warum nahm sie – wie der stern und RTL/ntv berichteten – die 2500 Euro von einem ehemaligen CDU-Mitarbeiter in bar an? Weshalb überwies sie, als die Vorwürfe ruchbar wurden, exakt diese Summe an die CDU? Und wie kam es zu ihrer Wahl auf einen Posten im CDU-Wirtschaftsflügels MIT?
Die Antworten könnten über die politische Zukunft Bosbachs entscheiden. Sie belasten aber auch schon die Partei, die in Nordrhein-Westfalen mitten im Kommunalwahlkampf steckt.
Dass die Irritationen so groß sind, hat auch mit ihrem Namen zu tun: Der Vater, Wolfgang Bosbach, war über Jahrzehnte einer der bekanntesten Innenpolitiker der Union. Der heute 73-Jährige amtierte als Vizechef seiner Bundestagsfraktion und des nordrhein-westfälischen CDU-Landesverbandes. Und er leitete den Innenausschuss des Parlaments.
Caroline Bosbach ist seine älteste Tochter. Sie wurde im November 1989 in Bergisch Gladbach, nahe Köln geboren. Dort ging sie auch zur Schule und machte ihr Abitur. Danach studierte sie Wirtschaftskommunikation in Berlin und Amsterdam.
Überhaupt, die Hauptstadt: Wie Caroline Bosbach einst dem stern erzählte, sei sie mit Anfang 20 nach Berlin gegangen, um „so viel wie möglich mitbekommen und lernen“ zu können – „vor allem aus Papas Leben“. Sie wollte über seine Arbeit „aus nächster Nähe“ erfahren.
Endgültig politisiert wurde sie im Herbst 2015. In einem Buch, das 2024 unter dem Titel „Zeit für Mut“ erschien, schreibt sie, wie sie damals in der Flüchtlingsunterkunft Berlin-Tempelhof arbeitete: „Ich erlebte junge Männer, die sich schon bei der Frühstücksausgabe alles andere als freundlich, dankbar oder erleichtert zeigten, die Angebote verächtlich zurückwiesen und auch mal mit dem Essen nach uns warfen.“
Der „Welt“ sagte sie: „2015 hat alles geändert.“ Zwei Jahre später machte sie ihren Abschluss. Nach Jobs in der Wirtschaft und bei einer PR-Agentur arbeitete sie als Referentin in der Wiesbadener CDU-Ratsfraktion und als Wahlkreismitarbeiterin einer Frankfurter Bundestagsabgeordneten.
Tochter und Vater: Caroline Bosbach mit Wolfgang Bosbach im Jahr 2023
© Karl-Josef Hildenbrand
2021 kandidierte Bosbach erstmals selbst für kommunale Mandate. Und sie entwarf in einem Buch eine Vision für 2030: Darin führt der damalige CDU-Kanzlerkandidat Armin Laschet die Bundesregierung – und sie, Caroline Bosbach, ist seine Wirtschaftsministerin.
Das Buch ist wie ein Drehbuch geschrieben, mit Szenen und Dialogen. Das passte zu Bosbach, die in ihrer Jugend modelte und auf einem Single-Cover des Schlagerstars Michael Wendler auftauchte. Später war sie parallel zu ihren politischen Aufstiegsbemühungen häufig im Fernsehen zu sehen. Die Liste der Sendungen ist lang: „7 Töchter“, „Grill den Henssler“, „Wer weiß denn so was?“, Quizduell“, „stern TV“, „Das große Deutschland-Quiz“ und „Let’s Dance“.
Sie trat nicht nur in Unterhaltungsshows auf, sondern auch in politischen Sendungen – darunter mehrfach bei Julian Reichelts Portal „Nius“. Dort bezeichnete sie Proteste gegen die AfD als „gelebte Antidemokratie“, polemisierte gegen die „Führungsverwahrlosung“ der Ampel und positionierte sich gegen fast alles, wofür einst Angela Merkel stand, ob nun den Atomausstieg, die Energiewende oder die Migrationspolitik. Für das ultrakonservative Portal „The Republic“ schrieb sie Kolumnen.
Vorwurf des Stimmenkaufs
Ihre Karriere nahm Tempo auf. Bosbach wurde Bundeschefin des Jungen Wirtschaftsrats der CDU. Und sie ließ sich daheim in Bergisch Gladbach in den Kreisvorstand der Mittelstandsvereinigung MIT wählen.
Was erst jetzt bekannt wurde: Vor der MIT-Abstimmung soll Bosbach versucht haben, Stimmen mit Bargeld zu kaufen– was die Abgeordnete ebenfalls empört dementiert. Die Vorwürfe basierten auf „manipulierten Chatverläufen“ und seien „falsch“, behaupten ihre Anwälte. Auch dem stern liegt ein Chat für einen der angeblichen Stimmenkauf-Fälle vor. Einen Beleg dafür, dass Teile davon gezielt gelöscht worden sein könnten, lieferten ihre Anwälte bislang nicht.
So oder so: Im Herbst 2024 ließ sich Caroline Bosbach im früheren Wahlkreis ihres Vaters als Direktkandidatin für den Bundestag nominieren. Im Februar dieses Jahres gewann sie das Mandat mit 42,2 Prozent der Erststimmen und lag damit fast mehr als acht Prozentpunkte über dem lokalen Zweitstimmen-Ergebnis der CDU.
Caroline Bosbach hatte die eine entscheidende Etappe ihrer politischen Karriere absolviert – bis ein früherer CDU-Mitarbeiter sich bei der Polizei meldete und sich selbst anzeigte: Er sei im Bundestagswahlkampf durch Bosbach angewiesen worden, bei der Partei eine Scheinrechnung über 2500 Euro zu stellen. Danach habe er das von der CDU überwiesene Geld persönlich und in bar an die Kandidatin überreicht.
CDU-Ultimatum an Bosbach
Dem stern und RTL/ntv liegen Überweisungsbelege und Kontoauszüge vor, die diese Angaben bestätigen. Bosbach räumte über einen Anwalt ein, 2500 Euro angenommen zu haben, bestreitet aber jegliches Fehlverhalten.
In der CDU folgt Krisensitzung auf Krisensitzung. Die Partei hat inzwischen die Unterlagen zu dem Vorgang an die Staatsanwaltschaft Köln gegeben. Am Montag setzte der Vorstand der CDU Rheinisch-Bergischer Kreis seiner Bundestagsabgeordneten eine letzte Frist. „Die presseöffentlichen Vorwürfe (…) haben zahlreiche Fragen aufgeworfen, die aus unserer Sicht bislang noch nicht zufriedenstellend beantwortet wurden“, teilte er mit.
Die Bundestagsabgeordnete soll sich nochmals bis Freitag schriftlich erklären. Bereits am Samstag will der Kreisvorstand erneut tagen, um ihre Antworten zu bewerten.