Döner-Produktionsleiter: „Deutschland ist Döner-Heimat. Nummer Eins!“

Muzayfe Doganer ist Produktionsleiter beim Döner-Hersteller Birtat im württembergischen Murr. Dem stern verrät er, wie schwer die Döner-Spieße sind und warum sein Betrieb streikt.
Er liebt seine Arbeit. Das merkt man Muzayfe Doganer schon nach einer Minute im Gespräch an. Seit 2011 arbeitet der 47-jährige Familienvater bei Birtat, einem der größten Döner-Produzenten Deutschlands. 115 Mitarbeiter produzieren 35 bis 40 Tonnen Döner-Spieße – jeden Tag. Kalb, Rind, Huhn.
„Ich habe das Döner-Geschäft von Grund auf gelernt, vom Imbissbetrieb bis Herstellung – direkt als ich 1999 nach Deutschland kam“, sagt Muzayfe Doganer. Stolz schwingt mit. Zumal er aus Adana stammt, nahe der osttürkischen Mittelmeer-Küste. „Dort gibt es ‚Adana Kebap‘, eine Spezialität!“ Die Grill-Spieße aus Hackfleisch, traditionell vom Lamm kombiniert mit Rind, mit einer speziellen, recht scharfen Würzmischung gehörten in jedes gute türkische Restaurant.
Döner-Produktion ist „harte, körperliche Arbeit“
Doganers Arbeitstag bei Birtat beginnt gegen fünf Uhr morgens. „Die erste Gruppe fängt schon um vier an – am Wareneingang, wo das Fleisch ankommt. Mit und ohne Knochen.“ Dann geht es in der Kühle weiter mit Zerlegen und Sorten trennen. Anschließend marinieren, aufspießen, verpacken und sodann schockfrosten. „Das ist harte, körperliche Arbeit – bei Dauerkälte“, sagt Doganer. Die Spieße können um die 100 Kilogramm wiegen, tragbar nur zu zweit. Abschließend wird kommissioniert, und am nächsten Tag geht es in Kühl-Lastwagen raus an die Kunden. Monatlich rund 13 Millionen Döner-Liebhaber werden damit versorgt, gibt die Firma Birtat an.
Angefangen hat Doganer bei Birtat als Döner-„Meister“. So nennt man das in der Szene. Denn eine anerkannte Ausbildung für die Tätigkeit fehlt. Bald stieg er zum Teamleiter auf, und schließlich zum Produktionsleiter. „Du bist immer unterwegs im Betrieb. Alles muss top laufen, manchmal muss man helfen, das Personal immer gut managen. Immerhin arbeiten wir mit Lebensmitteln.“ Vielleicht ist es Doganers Hilfsbereitschaft, sein Engagement gewesen, weshalb ihn sein Kollegium obendrein zum Betriebsratsvorsitzenden gewählt hat. Als solcher streitet er nun für faire Bezahlung bei Birtat.
Kämpft für gerechte Bezahlung: Muzayfe Doganer, Produktionsleiter und Betriebsrat beim Döner-Produzenten Birtat im württembergischen Murr
© Muzayfe Doganer (privat)
„Die Bezahlung bei uns geht kreuz und quer. Unsere Frauen kriegen mehrere hundert Euro weniger im Monat – für die gleiche Arbeit wie die Männer. Das geht doch nicht, ist ungerecht“, sagt Doganer. Zwischen 2300 und 2600 Euro monatlich schwankten die Vollzeitgehälter in der Produktion. Neueingestellte Mitarbeiter bekämen mitunter mehr als Altgediente. „Döner machen kann man nicht von heute auf morgen. Mindestens ein Jahr muss man lernen, lernen, lernen. Eher zwei Jahre.“ Doganer wünscht sich einen Ausbildungsgang, eine „Fachkraft für Döner-Herstellung“. Mit deutschem IHK-Abschluss. Dann könne sein Arbeitgeber die meisten in der Belegschaft nicht mehr wie angelernte Hilfsarbeiter behandeln.
Die Birtat-Führung hatte dem Betriebsrat zwar eine Vereinbarung zu Gehältern angeboten, aber Doganer und seine Kollegen trauten der Sache nicht. „Wir streiken für einen Haustarifvertrag mit der Gewerkschaft. Dann geht es ordentlich und gerecht zu.“ Mit der Gewerkschaft an der Seite fühlten sich er und seine Kollegen, bunt zusammengewürfelt, viele aus Südosteuropa, sicherer. „Da sind Fachleute, die haben studiert, können mit der Führung nochmal ganz anders reden.“
Muzayfe Doganer redet freilich ständig mit der Führung. Schon qua Job und Wahlmandat. Was den aktuellen Gehaltsstreit angeht, bleibt er optimistisch. „Man muss ja reden, zusammenkommen.“ Mit seinem eigenen Gehalt ist er zufrieden, obwohl es „deutlich weniger ist als für Produktionsleiter in der Fleischindustrie“. Auf rund 50.000 Euro Jahresbrutto kommt er. Mit seiner Frau und zwei Kindern wohnt er in Ludwigsburg, ist dort Vorsitzender des Kleintierzüchtervereins. Seine Passion ist bestmöglicher Döner, made in Germany. Hergestellt unter fairen Arbeitsbedingungen.
„Deutschland ist Döner-Heimat. Nummer Eins!“, sagt Muzayfe Doganer. „Es gibt hier viel mehr Döner als in der Türkei.“ Tatsächlich scheint Döner mittlerweile genauso deutscher Küche zugerechnet zu werden wie Bratwurst. So gibt es zum Beispiel rund 170 Restaurants der Kette GDK, „German Doner Kebab“. Von London über New York bis auf die arabische Halbinsel.