Neu im Kino: „Die Farben der Zeit“: Kuriose Familiensuche durch Paris

Regisseur Cédric Klapisch geht in seinem neuen Film auf Zeitreise durch Paris. Darin verwebt er fast märchenhaft das ausgehende 19. Jahrhundert mit der Gegenwart.
Ein baufälliges Haus in der Normandie soll einem Einkaufszentrum mit Parkplatz weichen. Rund dreißig Erben müssen entscheiden, was mit dem alten Anwesen passiert. Vier entfernte Cousins reisen an – und stoßen zwischen Staub und Spinnweben auf vergessene Fotografien, Skizzen und ein geheimnisvolles Gemälde, das sie direkt ins Paris von 1895 katapultiert.
Mit dieser Entdeckung beginnt Cédric Klapisch seine Zeitreisegeschichte mit dem Titel „Die Farben der Zeit“. Darin verknüpft der 63-jährige Regisseur („L’auberge espagnol“, „Der Wein und der Wind“) Vergangenheit und Gegenwart – und bringt eine längst vergessene Familiengeschichte ans Licht.
Im Zentrum steht Adèle, die den Konventionen ihrer Zeit trotzt, während vier weit voneinander entfernte Verwandte in der heutigen Zeit plötzlich von einer gemeinsamen Ahnin erfahren – und dadurch nicht nur miteinander, sondern auch mit einer vergessenen Familiengeschichte verbunden werden.
Auf den Spuren einer unbekannten Vorfahrin
Adèle, bei ihrer Großmutter aufgewachsen, verlässt die Normandie, um in Paris ihre Mutter zu finden, deren Existenz für sie bislang nur eine Adresse ist. Unterwegs begegnet sie zwei freiheitsliebenden jungen Männern – Anatole, der von der Malerei träumt, und Lucien, ein angehender Fotograf.
Die vier Erben könnten unterschiedlicher kaum sein: ein kauziger Imker, eine erschöpfte Ingenieurin, ein Lehrer kurz vor der Pension und ein ambitionierter Web-Produzent – und doch stolpern sie gemeinsam in ein unerwartetes Familienabenteuer.
Von der Normandie ins Paris der Vergangenheit
Der Regisseur entführt sie in die lebendige Bohème-Welt von Montmartre, in leidenschaftliche Debatten über Malerei und Fotografie, wo sie historischen Persönlichkeiten wie Sarah Bernhardt, Victor Hugo und Claude Monet begegnen.
Mühelos verknüpft Klapisch die Zeitebenen. Die Szenen wechseln elegant: Adèle steigt die Treppen am Seineufer hinauf, im nächsten Moment joggt jemand von heute hinab – stets verbunden durch denselben Blick auf das Pariser Panorama – damals wie heute.
Zwischen Absurdem und Kunstgeschichte
Klapisch inszeniert mit viel Warmherzigkeit, leichter Melancholie und stellenweise absurdem Humor – etwa bei einer Séance, die die Gruppe auf halluzinogene Weise direkt in eine impressionistische Ausstellung des 19. Jahrhunderts versetzt. Dabei wird allmählich klar, dass Adèles Vater einer der berühmtesten Impressionisten seiner Zeit ist.
„Die Farben der Zeit“ (im Original „La Venue de l’avenir“) überzeugt mit Charme und Leichtigkeit. Die historische Realität wird dadurch jedoch etwas verharmlost, soziale Härten bleiben – vor allem für Frauen – zu blass.
Der Film lebt von stimmungsvollen Paris-Bildern, starken Darstellern und einer berührenden Geschichte über die Kraft familiärer Bande. Wie ein impressionistisches Gemälde fängt der Regisseur eher den Glanz als die Schatten der Vergangenheit ein – ein echtes Wohlfühlerlebnis.