Neue Aufgabe: Früherer Verkehrsminister Wissing geht in die Wirtschaft

Den einstigen Verkehrsminister Wissing zieht es in die Wirtschaft. Sein neuer Boss ist ein alter Bekannter aus gemeinsamen FDP-Zeiten. Was machen eigentlich andere Ex-Kabinettsmitglieder heute so?
Der frühere Bundesverkehrsminister Volker Wissing wechselt beruflich aus der Politik in die Wirtschaft. Er wird den Vorsitz eines neuen Beirates der Christ Capital GmbH übernehmen, wie das Unternehmen mitteilte. Dieser Beirat soll demnach ein beratendes Gremium für die gesamte Unternehmensgruppe werden. Zu ihr gehört unter anderem die Beratungsfirma „Joschka Fischer & Company“ des früheren Außenministers und Grünen-Politikers Joschka Fischer.
Wissing ist in dieser Woche schon der zweite ehemalige Bundesminister, von dem neue berufliche Pläne gekannt werden. Erst am Montag hatte Ex-Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) sein Ausscheiden aus der Politik angekündigt.
Wissing und Christ kennen sich gut aus der FDP
Wissing war von 2020 bis 2022 Generalsekretär der FDP. In der Ampel-Koalition übernahm er das Amt des Bundesverkehrsministers. Nach dem Bruch der Koalition aus SPD, Grünen und FDP im November vergangenen Jahres trat er aus der FDP aus und verblieb als einziger Liberaler im Kabinett von Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD). Bis zur Bildung der neuen schwarz-roten Bundesregierung im Mai übernahm er von seinem früheren Parteifreund Marco Buschmann zusätzlich das Bundesjustizministerium.
Der Inhaber der Unternehmensgruppe, Harald Christ, hat eine bewegte politische Vergangenheit hinter sich. Er war zunächst Mitglied der SPD und zeitweise deren Mittelstandsbeauftragter. Ende 2019 trat er aus der Partei aus und begründete dies mit dem Linkskurs der neuen SPD-Vorsitzenden Saskia Esken und Norbert Walter-Borjans. Wenige Monate später wurde Christ FDP-Mitglied und übernahm dort 2020 für knapp zwei Jahre das Amt des Bundesschatzmeisters. Nach dem Scheitern der Ampel trat er im Dezember vergangenen Jahres aus der FDP wieder aus.
Neuer Job braucht Zustimmung der Bundesregierung
Der Berufung Wissings zum Beiratsvorsitzenden muss die Bundesregierung zustimmen. Nach dem Ministergesetz kann sie eine solche Tätigkeit für die Zeit von 18 Monaten nach dem Ausscheiden aus dem Amt ganz oder teilweise untersagen, wenn dadurch öffentliche Interessen beeinträchtigt werden. Das ist zum Beispiel dann der Fall, wenn es um eine Beschäftigung in Bereichen geht, in denen ein ehemaliges Mitglied der Bundesregierung während seiner Amtszeit tätig war.
Viele Ex-Regierungsmitglieder nicht mehr in der Politik
Wissing ist nur ein Beispiel von vielen früheren Mitgliedern der Regierung Scholz, die inzwischen aus der Politik ausgeschieden sind. Fast zwangsläufig vollzogen die einstigen FDP-Kabinettsmitglieder der Ampel-Koalition diesen Schritt. Erst wurden sie nach dem Ampel-Crash aus der Regierung entlassen. Dann verpasste die FDP bei der Bundestagswahl die Rückkehr ins Parlament.
Christian Lindner: Vortragsreisen und Vaterfreuden
Hart traf dies den einstigen FDP-Vorsitzenden und Bundesfinanzminister Christian Lindner. Er hatte keinen Hehl daraus gemacht, dass er auch in der nächsten Bundesregierung gern wieder der oberste Kassenwart der Nation geworden wäre. Nach dem FDP-Wahldebakel vom 23. Februar verschwand der 46-Jährige blitzartig von der politischen Bühne.
Im Mai genehmigte die Bundesregierung Lindner eine neue Tätigkeit als freiberuflicher Redner und Autor. Er zeigte der Regierung damals an, dass er Einladungen insbesondere von internationalen Kongressen angenommen habe und Auftritte unter anderem in Wien, Sofia und Zürich plane.
Daneben hat nun das Privatleben für den einstigen Vollblutpolitiker hohe Priorität: Im April bekam seine Frau Franca Lehfeldt ein Baby. „Momentan steht bei mir natürlich die Familie ganz im Vordergrund, jeden Tag und auch jede Nacht“, gab Lindner Anfang Mai in einem Videoclip bekannt.
Robert Habeck: Aufgabe des Bundestagsmandats
Der einstige Grünen-Vorsitzende, Bundeswirtschaftsminister und Vizekanzler ließ sich mit seinem Rückzug aus der Politik etwas Zeit. Seinen Platz im Bundestag nahm er zunächst ein. Erst am Montag kündigte er in einem „taz“-Interview an, das Mandat zum 1. September niederzulegen.
Seine Zukunftspläne: „Ich werde an verschiedenen ausländischen Forschungs- und Bildungseinrichtungen forschen, lehren und lernen“, sagte der 55-Jährige der Zeitung. Er nannte das Dänische Institut für Internationale Studien in Kopenhagen und die Universität Berkeley in Kalifornien. Er müsse „Abstand zu dem zu engen Korsett des Berliner Politikbetriebs gewinnen“.
Das sei keine Vorbereitung für nächste politische Karriereschritte, sagte Habeck anschließend in der Sendung „Markus Lanz“ im ZDF. Ob er sich ein politisches Comeback vorstellen könne, ließ er aber offen.
Annalena Baerbock: Abgang nach New York
Die frühere Außenministerin und – an Habecks Seite – Grünen-Chefin verabschiedete sich nach New York zu den Vereinten Nationen. Dort wurde sie zur Präsidentin der UN-Generalversammlung gewählt. Der Spitzenposition wird in erster Linie protokollarische Bedeutung beigemessen. Baerbock leitet die Sitzungen der Generalversammlung und legt Abläufe und Tagesordnungen fest.
Der neue Job in New York wird als möglicher Beginn einer internationalen Karriere für die 44-Jährige gesehen, die einen Masterabschluss im Völkerrecht hat. Ursprünglich war für das Amt die deutsche Top-Diplomatin Helga Schmid vorgesehen. Baerbock wurde für ihre späte Kandidatur nach der verlorenen Bundestagswahl kritisiert. Ihre offizielle Amtseinführung ist am 9. September.
Olaf Scholz: Vom Kanzler zum einfachen Abgeordneten
Keine vier Jahre – nur die Kanzler Ludwig Erhard (1963 bis 1966) und Kurt Georg Kiesinger (1966 bis 1969) waren kürzer im Amt als Olaf Scholz. Unter seinem CDU-Nachfolger Friedrich Merz im Kabinett zu dienen, kam für den Sozialdemokraten nicht in Frage. Der Verzicht auf sein Bundestagsmandat aber auch nicht.
Obwohl er mit 67 Jahren das Rentenalter erreicht hat, wechselte Scholz vom Kanzleramt auf die Hinterbank des Bundestags. Dort will der in seinem Wahlkreis Potsdam direkt gewählte Abgeordnete auch die ganze Legislaturperiode bleiben. Für ihn gilt: „Das höchste Amt, in das man in Deutschland direkt gewählt werden kann, ist das des Abgeordneten im Deutschen Bundestag.“
Cem Özdemir: Staatskanzlei in Stuttgart als Ziel
Der frühere Bundeslandwirtschaftsminister und Grünen-Vorsitzende möchte von der Bundes- auf die Landesebene wechseln. Bei der Landtagswahl in Baden-Württemberg im März kommenden Jahres will der 59-Jährige den nicht wieder antretenden Ministerpräsidenten Winfried Kretschmann (Grüne) beerben. Ein Landesparteitag wählte ihn im Mai zum Spitzenkandidaten.
Ob das klappt, steht allerdings in den Sternen. In den Umfragen lagen die Grünen zuletzt hinter der CDU. Bei den Beliebtheitswerten hängt der Grünen-Politiker allerdings seinen CDU-Kontrahenten Manuel Hagel deutlich ab.
Boris Pistorius: Verteidigungsminister in alter und neuer Regierung
Der einzige Bundesminister, der das Kunststück fertigbrachte, von der alten in die neue Regierung zu wechseln, war Boris Pistorius. Der SPD-Mann war Verteidigungsminister unter Scholz – und wurde es erneut unter Merz.
Der heute 65-Jährige hatte in der vergangenen Wahlperiode die glücklose Christine Lambrecht abgelöst. Schnell avancierte er in Umfragen zum beliebtesten Politiker Deutschlands. Auch in der Truppe ist der Klartext sprechende Pistorius beliebt. Soeben verabschiedete das Bundeskabinett sein Gesetz zur Einführung eines neuen Wehrdienstes.