Kolumne Daddy Issues: Wie ich die Trennung mit zwei gemeinsamen Kindern überstanden habe

Kolumnist Sebastian Tigges lebt seit Anfang des Jahres in Trennung. Warum die gemeinsamen Kinder den Abschied von seiner Partnerschaft härter gemacht haben, erzählt er hier.

Die meisten Leser haben das wahrscheinlich schon einmal irgendwann in ihrem Leben durchgemacht: eine Trennung. Oft läuft das ähnlich, so mein Eindruck. Man ist verletzt, wütend, Emotionen übernehmen das Steuer. Zeit heilt alle Wunden, heißt es. Richtigerweise, so die einhellige Erfahrung. Aber ist es allein die vergangene Zeit, die hilft, zu heilen? Lässt der oft gehörte – in aller Regel gut gemeinte – Spruch einen Faktor nicht unbeachtet?  

Ist es neben der Zeit, die nach einer Trennung vergeht, nicht auch oder vor allem der räumliche Abstand, der dafür sorgt, dass die anfänglich noch so starken und beherrschenden Gefühle mit der Zeit milder werden? Sorgt nicht die schlichte Abwesenheit der Person, von der man sich getrennt hat, dafür, dass man sich nicht nur räumlich, sondern auch emotional distanziert? Ich glaube schon.  

Es ist also nicht verwunderlich, dass die Trennung von der Mutter meiner Kinder so ganz anders verläuft als bisherige Trennungen in meinem Leben. Ich habe vor der Ehe mit Marie zwei längere Beziehungen geführt. Beide Trennungen waren hart, eine jedoch wesentlich mühsamer noch als die andere. Ich hatte meine damalige Freundin auch nach der Trennung noch häufiger getroffen. Dabei sind immer wieder Gefühle hochgekommen, die zuvor bereits abgeklungen waren. 

Jedoch war bei beiden Trennungen erst einmal eins klar: Der Kontakt wird für eine unbestimmte Zeit abgebrochen. „Abstand“ – das große Wort, das im besten Falle von beiden Seiten gleich verstanden und gelebt wird. Abstand hilft in der Regel beiden, auch wenn es individuell unterschiedlich lange dauern mag.  

Trennung wird mit Kindern zur Mammutaufgabe

Was aber, wenn Abstand nicht so leicht umsetzbar ist? Faktisch unmöglich gar? 

Wie oft hört man vom „Rosenkrieg“ nach Trennungen? Und wie oft spielt sich so ein Rosenkrieg zwischen Personen ab, die nach einer Trennung einfach getrennte Wege gehen können, weil sie über die Partnerschaft hinaus (und vielleicht gemeinsamen Besitz) nichts verbindet? Selten, oder?  

Ich behaupte, es sind erst die gemeinsamen Kinder – jedenfalls bis zu einem gewissen Alter der Kinder –, die eine Trennung zur Mammutaufgabe machen. Denn gemeinsame Kinder verunmöglichen echten Abstand. Jedenfalls im Optimalfall. Klingt paradox, ist es aber nicht. Denn wenn beide Eltern sich (auch) nach der Trennung (weiterhin) verantwortlich für die Sorge um die gemeinsamen Kinder fühlen, ist es – so meine ganz persönliche Erfahrung – recht schwer, dem Ex-Partner aus dem Weg zu gehen.  

Hilfreich nach einer Trennung wäre aus meiner Sicht, nach meinen Erfahrungen der vergangenen Wochen, Folgendes: vorübergehend keinen Kontakt, keine Nachrichten, keine Telefonate, keine persönlichen Treffen. Denn diese Kontakte sind im Zweifel, jedenfalls von einer der beiden beteiligten Seiten, getränkt von Verletzung, Verzweiflung. Oder sogar Wut und ähnlich nachvollziehbaren, aber in einer Kommunikation geäußert wenig weiterführenden Emotionen. Jedenfalls war das bei uns so. 

Ich wollte die Trennung einige Zeit, nachdem sie ausgesprochen war, weniger als Marie. Ich hatte das Gefühl, ich müsste um die Beziehung kämpfen. Rückblickend war das alles viel zu viel und viel zu früh. In der ersten Phase nach einer Trennung müssen sich beide Parteien erst einmal zurückziehen, um mit klarem Verstand auf die Situation blicken zu können, davon bin ich überzeugt.   

Aber wie sich zurückziehen, wenn man aktiv in Verbindung bleiben muss? Weil auch nach einer Trennung weiterhin alles laufen muss, weil die Partner-, jedoch keineswegs die Elternschaft ein Ende gefunden hat? Weil selbst am ersten Tag nach der Trennung Kinder etwas essen, weil selbst am zweiten Tag nach einer Trennung organisatorische Dinge rund um Kita, Kinderärzte und Klamotten besprochen werden müssen. Weil man als Eltern eben Eltern bleibt und es seinen Kindern schuldig ist, weiterhin zu funktionieren und sich dabei nicht zu zerfetzen. Weil die Kinder nicht mehr als ohnehin schon unter der neuen Situation leiden sollen.

Nachdem wir uns anfänglich noch schwer damit taten, die Emotionen aus der täglichen Kommunikation herauszuhalten, gelingt uns dies mittlerweile recht gut. Wir streiten nicht mehr bei jeder sich bietenden Gelegenheit. Wir besprechen vor allem die Themen, die die Kinder betreffen. Wir schaffen das gerade ganz gut. So gut sogar, dass wir jede Woche gemeinsam einen Podcast aufnehmen können. Wie? Das versuche ich an dieser Stelle in zwei Wochen in Worte zu fassen.