Apple-Feature: „Wo ist“-Funktion eines einzelnen iPhones überführt internationale Diebesbande

Wer sein iPhone sucht, kann es mit der App „Wo ist“ wiederfinden. Und damit brachte ein einzelnes Handy die Polizei auf die Spur einer internationalen Bande mit Millionenumsatz.
Wo ist es nur? Diese Frage stellen sich manche Smartphone-Besitzer öfter, als es ihnen lieb ist. In London lautet die Antwort häufig: in den Händen eines Diebes. Dort hat die Polizei jedenfalls gerade eine 18-köpfige Bande ausgehoben, die alleine im vergangenen Jahr 40.000 gestohlene Smartphones aus dem Land schmuggelte, wie die Londoner Polizei und die BBC berichten.
Den Behörden zufolge handelt es sich um die bislang größte Aktion gegen die in den vergangenen Jahren stark zunehmenden Smartphone-Diebstähle in der englischen Hauptstadt. Immer öfter reißen dort Täter ihren arglosen Opfern das Handy aus der Hand und rasen auf E-Bikes und Motorrollern davon. Die nun verhafteten 18 Täter sollen „für bis zu 40 Prozent aller Smartphone-Diebstähle in London verantwortlich sein“, erklärt ein Polizeisprecher.
„Wo ist“ führt zum unerwarteten Jackpot
Den Anfang für den Fang des Jahres machte ein einzelnes Diebstahl-Opfer. Die nicht näher beschriebene Person hatte ihr entrissenes iPhone vergangenes Jahr am Weihnachtsabend über den Apple-Dienst „Wo ist“ in einer Lagerhalle in der Nähe des Flughafens Heathrow ausfindig machen können. Die Lagerarbeiter erklärten sich bereit, ihr beim Suchen zu helfen – und stießen neben dem gesuchten iPhone noch auf 894 weitere Smartphones, verpackt für den Transport nach Hongkong.
Den ermittelnden Beamten gelang es in Folge dieser Entdeckung, weitere Pakete abzufangen – und zwei Tatverdächtige zu ermitteln. In einer dramatischen Aktion mit Tasereinsatz verhafteten sie schließlich zwei afghanische Staatsbürger. Die Männer in ihren Dreißigern hatten Dutzende Smartphones in ihrem Wagen, die mit Alufolie eingewickelt waren, um ein Aufspüren über Apple „Wo ist“ oder das Android-Äquivalent „Mein Gerät finden“ zu verhindern. Bei Wohnungsdurchsuchungen konnten die Beamten 2000 weitere gestohlene Smartphones sicherstellen.
Die beiden Verdächtigen und ein weiterer 29-Jähriger werden wegen Hehlerei angeklagt, 15 weitere Personen wurden wegen der Diebstähle und direkt damit verbundener Straftaten verhaftet. Bis auf eine Person soll es sich ausschließlich um Frauen handeln. „Die Entdeckung der ersten Lieferung war der Startpunkt für eine Ermittlung, die zur Aufdeckung einer internationalen Schmugglerbande führte“, so der Polizeisprecher.
iPhones als begehrtes Diebesgut
Die Handydiebstähle in London haben in den vergangenen Jahren dramatisch zugenommen. Waren es 2020 noch 28.609 Fälle, verdreifachte sich die Zahl bis 2024 auf über 80.000 Fälle. „Wir hören von Kriminellen, dass sie vom Drogenhandel zu Smartphone-Diebstählen umsteigen, weil es lukrativer ist“, erklärte Polizeiministerin Sarah Jones der „BBC“. Vor allem Apples iPhone sei ein begehrtes Ziel. „Unseren Erkenntnissen nach werden für ein Gerät in China bis zu 5000 Dollar gezahlt“, erklärte einer der Ermittler gegenüber „Yahoo“.
Die extrem hohen Preise haben mehrere Gründe. Zum einen ist der Markt für gebrauchte Geräte in China im Wachstum, Experten schätzen sein Volumen auf knapp 20 Prozent des Smartphonemarktes. „Dabei gibt es einen deutlichen Mangel an A-Ware, vor allem bei iPhones“, erklärt „Counterpoint Research“. Zum anderen sind Smartphones aus dem Westen in China aber noch wertvoller – weil auf ihnen die Internetbeschränkungen nicht installiert sind, mit denen in China die Zensurprogramme der Regierung durchgesetzt werden. Das lässt die Preise noch höher schießen.
Smartphone gestohlen? So sollten Sie vorgehen
Das erklärt auch, warum Opfer von Smartphone-Diebstählen immer öfter von SMS-Terror aus China berichten. Sowohl Apples Betriebssystem iOS als auch Googles Android bieten eine Accountsperre der Geräte an, die auch über ein Zurücksetzen des Smartphones bestehen bleibt. Wird ein Gerät gestohlen, erhalten die Besitzer Kurznachrichten aus China – die sie zum Entfernen der Sperre auffordern. Manchmal als Hersteller-Support getarnt, manchmal mit offenen Drohungen wird versucht, Druck auf die Bestohlenen aufzubauen. Das Ziel ist leicht erklärt: Werden die Geräte vom Besitzer von ihrer Accountsperre befreit, können die Diebe sie neu aufsetzen und so teurer verkaufen. Klappt es nicht, werden die Premium-Smartphones als Ersatzteile verhökert.
Betroffene sollten den Forderungen deshalb nie nachkommen. Wie Sie bei einem Diebstahl oder Verlust am besten vorgehen, erfahren Sie in diesem Artikel.
Quellen:London Metro Police, BBC, Yahoo