Impfschutz: Covid-19-Schutzimpfung kaum noch gefragt – Arzt besorgt

Corona und die Risiken einer Covid-19-Erkrankung scheinen seit dem Abklingen der Pandemie vielen Menschen aus dem Bewusstsein gerückt zu sein. Die Impfzahlen sind rasant gesunken.
In Thüringen nimmt nur noch eine kleine Minderheit die Corona-Schutzimpfung in Anspruch. Im vergangenen Jahr haben sich weniger als 32.000 Menschen impfen lassen, wie die Kassenärztliche Vereinigung auf Anfrage mitteilte. Das entspricht etwa der Einwohnerzahl der Stadt Altenburg.
Im Jahr 2023 spritzten niedergelassene Ärzte noch rund 63.000 Menschen – auch das war weit von den Zahlen in der Hochphase der Corona-Pandemie entfernt. Die Corona-Impfquote lag in der Saison 2023/24 nach aktuell verfügbaren Zahlen des Berliner Robert Koch-Instituts im Landesdurchschnitt bei 7,4 Prozent.
Der Jenaer Infektionsmediziner Mathias Pletz plädiert angesichts dieser Entwicklung für neue Wege, die Impfbereitschaft zu steigern. Krankenkassen sollten Versicherte auf verständliche Weise über deren individuelles Risiko für eine schwere Corona-Infektion und Langzeitfolgen informieren, zum Beispiel durch Anschreiben, sagte er der Deutschen Presse-Agentur. Vor allem besonders gefährdete Menschen, etwa Ältere, Diabetiker oder Lungenkranke müssten erreicht werden.
Impflücken auch durch Klinikärzte schließen
Pletz leitet das Institut für Infektionsmedizin und Krankenhaushygiene am Universitätsklinikum Jena. Ebenso wichtig ist es aus seiner Sicht, das Thema Impfen bereits in der Schule zu behandeln. „Ich würde mir wünschen, dass das Prinzip und die Wirkungsweise von Impfungen, die Risikoabwägung und der Prozess von Impfstoffzulassungen schon den Schulkindern erklärt wird.“
Zudem ließen sich Impflücken auch schließen, indem neben niedergelassenen Ärzten auch Krankenhäuser stärker in die Impfungen einbezogen würden. Patienten, die sich ohnehin zu stationären Behandlungen in Kliniken aufhielten, könnten gleich dort geimpft werden.
Mit dem Ende des Sommers haben sich Corona und Covid-19 – die durch das Coronavirus ausgelöste Krankheit – zurückgemeldet. Die Fallzahlen in Thüringen steigen nach Angaben des Gesundheitsministeriums seit August wieder an, betroffen seien hauptsächlich Kinder unter einem Jahr und Erwachsene über 70 Jahre. Seitdem hätten im Freistaat 61 Menschen wegen Covid-19 stationär behandelt werden müssen. Eine Klinikeinweisung gilt als schwerer Krankheitsverlauf. Auch zwei Todesfälle im Zusammenhang mit einer Infektion wurden gezählt.
Empfehlung zur Impfung
Die Covid-19-Schutzimpfung wird unter anderem Menschen über 60 Jahre, vor allem jenen mit Begleiterkrankungen, Pflegeheimbewohnern und Gesundheitspersonal empfohlen. Die Corona-Immunität nach einer durchgemachten Infektion sei nicht von Dauer, sagte Pletz. Geimpft werden sollte, wenn die letzte Corona-Infektion länger als 12 Monate zurückliegt. Die Impfung soll hauptsächlich vor schweren Krankheitsverläufen schützen und das Risiko für Covid-Langzeitfolgen (Long Covid) verringern. Wurden in der Pandemie-Hochphase im Jahr 2021 in Thüringen mehr als 1,3 Millionen Impfungen verabreicht, waren es 2022 noch 532.000.