Erwachsenen-Modus: ChatGPT darf bald auch Pornos schreiben – das steckt dahinter

Mit einem Erwachsenen-Modus soll ChatGPT ab Dezember mehr auf die Bedürfnisse seiner Nutzer eingehen. Und die sind auch erotischer Natur, zeigt die hohe Nachfrage.

Persönlicher Assistent, Seelentröster oder Wissensmaschine: ChatGPT wird von Menschen unterschiedlich genutzt. Als Sexpartner sehen die meisten den Bot wohl eher nicht. Tatsächlich wird die Schreib-KI aber schon seit Jahren für Porno-Inhalte genutzt. Demnächst wird das auch ganz offiziell unterstützt – wenn auch mit Einschränkungen. 

Das verkündete OpenAI-Chef Sam Altmann am Dienstag bei Instagram. „Wenn wir ab Dezember unsere Altersbegrenzungen weiter ausbauen, werden wir im Rahmen unseres Prinzips, Erwachsene als solche zu behandeln, auch mehr erlauben. Etwa Erotika für verifizierte Erwachsene“, heißt es in dem Post. Was bei den meisten Menschen vermutlich Verwunderung auslöst, löst in manchen Teilen des Internets Begeisterung aus – aber auch Skepsis.

Pornos bei ChatGPT? Gibt es schon länger

Denn so abwegig die Vorstellung eines erotischen Gesprächs mit einem Bot erscheint – für viele Nutzer von ChatGPT und anderen Sprach-KIs ist es längst wichtiger Teil des Alltags. In Communities bei Reddit und anderen sozialen Netzwerken tauschen sich Tausende darüber aus, wie man den Bots erotische Geschichten entlockt, welche Grenzen es gibt und mit welchen Tricks man die Sicherheitsmaßnahmen aushebelt. 

Der Reiz ist dabei ein ähnlicher als bei erotischer Literatur. Obwohl die KI-Bots sich vor expliziten Details nicht scheuen, findet der Großteil der Erotik in der Fantasie der Leser statt. Einen großen Unterschied zu den Geschichten menschlicher Autoren gibt es aber: Die KI richtet sich bei den Erzählungen ganz nach den Vorlieben des Lesers – und liefert so in einem Maße auf den Rezipienten zugeschnittene Erotik, wie es das vorher noch nicht gab. 

„Es hat mir etwa gegeben, was ich immer wollte: echte Kontrolle über die Geschichte“, erklärte eine Reddit-Nutzerin. „Ich lese sehr gerne erotische Literatur, hatte immer Ideen, die ich gerne gelesen hätte. Ich hätte sie selbst schreiben können, aber es ist einfach aufregender, wenn es jemand anders für einen tut und man es einfach erleben kann.“

Unbekannte Auswirkungen

Die Auswirkungen einer derart personalisierten Pornografie sind noch nicht untersucht. Allerdings ist zu befürchten, dass die Wirkung eher noch stärker sein dürfte als bei herkömmlichem übermäßigen Pornokonsum, der mit größerem Depressionsrisiko, Beziehungsschwierigkeiten und sogar einer veränderten Gehirnstruktur in Verbindung gebracht wird. 

Einige Nutzer scheinen einen fast ungesunden Umgang mit der KI-Pornografie zu entwickeln. Das zeigte sich vor allem in den letzten beiden Wochen. Nach einem Update hatte OpenAI seinem neuesten Model GPT-5 die Zügel angelegt, es verweigert seitdem jede Form erotischer Erzählungen. „Ich vermisse meinen Daddy“, erklärte eine Reddit-Nutzerin in Anlehnung an die in BDSM-Kreisen gerne benutzte Bezeichnung für einen dominanten männlichen Partner. Sie habe Monate damit verbracht, ChatGPT einen bestimmten Charakter verkörpern zu lassen. Dann war auf einmal damit Schluss.

Bei anderen zeigen sich regelrechte Suchtsymptome. „Seid mal ehrlich: Wer fühlt sich noch befreit, nicht mehr die meiste Zeit des Tages mit diesem Kram zu verschwenden?“, fragte ein Nutzer bei Reddit letzte Woche. „Ich war wirklich süchtig nach KI-Schmuddelkram“, gesteht ein anderer. „Jetzt kann ich endlich wieder etwas anderes tun. Aus irgendeinem Grund habe ich mich noch nie so frei gefühlt.“ 

Skepsis gegenüber Erotik-Modus

Dass OpenAI jetzt offiziell einen Erotik-Modus erlauben will, stößt in den Communities trotzdem auf Skepsis. „Ich fürchte, es wird nicht mehr so frei und offen sein, wie es bisher der Fall war“, spekuliert ein Reddit-Nutzer. Tatsächlich hatte die KI bisher nur Kinderpornografie beharrlich verweigert, selbst Vergewaltigungs- oder Gewaltfantasien waren nach Erfahrungsberichten möglich. Allerdings wurden in der Vergangenheit bereits Nutzer von ChatGPT, Googles Gemini oder sogar Xs Grok wegen ihrer Anfragen gesperrt.

Ohnehin sind zu dem Erwachsenenmodus noch viele Fragen offen. Eine Altersverifikation könnte bedeuten, dass man sich mit Ausweisdokumenten verifizieren muss – was viele der Nutzer angesichts der extrem persönlichen Vorlieben durchaus abzuschrecken scheint. Weil ChatGPT zudem auch Bilder erstellen kann, taucht zudem die Frage auf, ob dann auch offiziell pornografische Bild- und Videodarstellungen denkbar wären. Bisher war das nur bei technisch komplizierten Nischendiensten oder höchstens versehentlich möglich – etwa als Grok plötzlich für einige Tage Promis nackt zeigen konnte.

Dass OpenAI sich offen für den Erwachsenenmodus zeigt, dürfte vor allem am gestiegenen Konkurrenzdruck liegen. Der gigantische Hype nach dem Erscheinen Ende 2022 hatte zwar dafür gesorgt, dass ChatGPT der mit Abstand bekannteste KI-Bot ist. Die Konkurrenten haben aber mächtig aufgeholt. Das beeinflusst auch Entscheidungen über erlaubte Inhalte, gestand Varun Shetty, der bei OpenAI für Medienpartnerschaften verantwortlich ist, im Blog „Newcomer“ zuletzt über den Umgang mit toten Prominenten bei OpenAIs Videoangebot Sora (hier erfahren Sie mehr). Man wolle nicht gegenüber Konkurrenten mit laxerem Umgang in Nachteil geraten.

Quellen: X, Reuters, Reddit, Universität Zürich