Schweizer Schriftstellerin: Was die Buchpreisträgerin Elmiger in New York fatal findet

Dorothee Elmiger sieht New York als einen besonderen Ort voller Geschichten. „Beunruhigend“ findet die Gewinnerin des Deutschen Buchpreises aber eine bestimmte Entwicklung an ihrem Wohnort.
Die Schriftstellerin und Buchpreisträgerin Dorothee Elmiger („Die Holländerinnen“) zeigt sich über die Stimmung in ihrer Wahlheimat New York besorgt. „Es beunruhigt mich sehr, dass viele Leute dort überhaupt nicht mehr über den Zustand des Landes sprechen wollen. Weil sie sich nur noch ohnmächtig fühlen“, sagte die 40-Jährige im Interview der „Rheinischen Post“ (Donnerstag Print). „Und das ist natürlich fatal, wenn sogar am Küchentisch nicht mehr unter Freunden darüber gesprochen wird.“
New York, die Heimat von US-Präsident Donald Trump, hat weitgehend nicht Trump gewählt und gilt als Demokraten-Hochburg.
Die Schweizerin Elmiger hält New York City dennoch für einen besonderen Ort: „Man macht die Haustüre auf und ist mitten in tausend Büchern. In der Schweiz habe ich dagegen eher ein Vakuum wahrgenommen“, erzählt die Gewinnerin des Deutschen Buchpreises. „Mir hat ein Literaturwissenschaftler neulich erzählt, dass alle Schweizer Autoren, die nach New York gegangen sind, aufgehört haben, Geschichten zu schreiben, und nur noch Essays publizierten. Das hat mit der Dichte von Erfahrungen und Ereignissen dort zu tun.“
90er hatten eine gewisse Lethargie, sagt die Autorin
Elmiger, die seit rund drei Jahren in New York lebt, kam 1985 zur Welt, wuchs in einem Dorf in Appenzell auf. Sie war in den 90er Jahren Kind und Jugendliche. „Das war eine relativ ruhige Zeit, man sprach vom Ende der Geschichte. Gerade in der Schweiz habe ich damals eine gewisse Lethargie verspürt, in der der Kapitalismus zum Letztgültigen erklärt wurde. Und jetzt gibt es all die Kriege, die Konflikte, den Klimawandel.“
Elmigers ausgezeichnetes Buch „Die Holländerinnen“ handelt von einer kollektiven Grenzüberschreitung im Regenwald Südamerikas. Erzählt wird die unheimliche Geschichte weitgehend in der indirekten Rede.
Der Deutsche Buchpreis gilt als eine der wichtigsten Auszeichnungen für deutschsprachige Literatur. Er wird traditionell am Tag vor der Eröffnung der Frankfurter Buchmesse vergeben – die Verleihung 2025 war am Montagabend.
In Elmigers Roman berichtet eine Autorin in einer Poetikvorlesung von ihrer Reise in den Dschungel als Teil einer Theatergruppe, die auf den Spuren zweier holländischer Backpackerinnen ist, die vor Jahren dort verschwunden sind. Doch das Projekt läuft ziemlich aus dem Ruder: Die Gruppe wird vom Urwald nahezu verschluckt und erzählt sich verstörende Geschichten.