Kolumne Marinić: Warum hat Merz seinen Laden nicht im Griff?

In der CDU plädieren immer mehr Politiker für ein Ende der Brandmauer zur AfD – anders als ihr Parteichef Friedrich Merz. Unsere Kolumnistin fordert ein Machtwort des Kanzlers.
„Wir sind die Brandmauer“, das war der Titel einer meiner Kolumnen, zu der mir so viele Menschen geschrieben haben wie noch nie zu einem Text. Viele wollten im eigenen Stadtteil die Arme hochkrempeln, sich einbringen, mit Nachbarn diskutieren, die nach rechts abdriften.
Ich weiß, Slogans sind immer ein bisschen dämlich, eher Marketing als differenzierte Politik. Manchmal aber braucht es diese Slogans, um Themen, die sperrig sind, unter die Menschen zu bringen.
Seit Jahren gilt das Prinzip der Brandmauer gegenüber der AfD. Friedrich Merz selbst vertrat es bisher vehement. Doch hat der stern berichtet, dass sich namhafte Politiker der CDU wie Merkels Ex-Generalsekretär Peter Tauber für ein Ende der Brandmauer einsetzen.
Unzählige Historiker in diesem Land werden nicht müde, vor der AfD zu warnen; sie weisen auf die historische Bedeutung hin, die Konservative in der Bekämpfung Rechtsextremer stets hatten. Tauber und andere jedoch halten sich an den Historiker Andreas Rödder, der fern der geschichtlichen Evidenz behauptet, Rechtsextreme schwäche man, indem man sich mit ihnen ins politische Bett lege.
Warum hat Merz seinen Laden nicht im Griff? Warum lässt er sich so lange auf der Nase herumtanzen, bis er vor lauter Druck von einem Problem im „Stadtbild“ spricht, statt seine Erfolge zu präsentieren?
Wo ist die Standhaftigkeit der CDU?
Peter Tauber war ein Vertrauter Merkels, der Kanzlerin, die uns daran erinnerte, dass Deutsche auch ein freundliches Gesicht zeigen dürfen angesichts der Not anderer Menschen. „Sonst ist das nicht mehr mein Land“, sagte Merkel damals. Ihr ehemaliger General sorgt jetzt mit seinen Kollegen für ordentlich Tauberschiss auf das freundliche Gesicht unseres Landes, weil er nicht dafür kämpft, seine konservative Partei hart und geschlossen zum Arbeiten an Lösungen für die Zukunft zu kriegen. Stattdessen will er die CDU in den Schmutz ziehen, wo sie durch Klüngeleien mit Rechten, die vom Verfassungsschutz beobachtet werden, beschädigt werden wird. Das alles scheint Tauber, Rödder und ihren Unterstützern sinnvoller zu sein, als ihren Intellekt, den sie sonst so gerne ausstellen, zu nutzen, um nach vorn zu gehen und eine Zukunftsvision zu entwickeln für dieses Land.
Nur wenn die Gegenwart wieder das Versprechen einer besseren Zukunft in sich trägt, weil Probleme glaubhaft angegangen werden, ließe sich die AfD kleinkriegen, das wissen auch die Brandmauer-Einreißer. Sie zeigen mit ihrer Aktion nur, dass es machtgeile Kräfte in dieser CDU gibt, die sich lieber der AfD an den Hals werfen, als das Schwarzbrot gut gemachter Politik zu kauen. Die Verlierer werden die deutschen Bürger sein – und unsere Demokratie.
Es gibt zum Glück noch Vertrauenspolitiker wie Karl-Josef Laumann, Urgestein und Sympathieträger der CDU. Er kündigt an, wie jeder anständige Konservative es täte, den Laden zu verlassen, wenn mit der AfD zusammengearbeitet werde.
Die CDU steht vor einer möglichen Spaltung, was ein Sieg für die AfD wäre. Wann spricht Friedrich Merz ein Machtwort? Ja, ich fordere eine autoritäre Geste im Sinne der Demokratie, die schließlich wehrhaft sein soll.