morgenstern: Die US-Regierung lässt die Amerikaner im Shutdown hungern

Das Lebensmittel-Programm in den USA wird eingestellt. Rechtsextremismus an deutschen Schulen. Und: Geht Merz in der Türkei auf Kuschelkurs? Die Lage am Morgen.

Guten Morgen, liebe Leserinnen und Leser,

die Regierungsgeschäfte in den USA stehen seit Wochen still. Weil Republikaner und Demokraten sich nicht auf einen Übergangshaushalt einigen können, befindet sich das Land in einem Shutdown. Während sich Republikaner und Demokraten keinen Schritt annähern, wird die Haushaltssperre für Menschen unter der Armutsgrenze lebensbedrohlich. Die Regierung um US-Präsident Donald Trump stellt ab Samstag das staatliche Lebensmittel-Programm ein. 

„Unsere Quellen sind ausgetrocknet“, verweist das für die Verteilung der Lebensmittelmarken verantwortliche Landwirtschaftsministerium auf seiner Homepage auf fehlende finanzielle Mittel. Und zeigt dann, warum die Fronten in der US-Politik so verhärtet sind. „Die Demokraten können weiterhin auf Gesundheitsversorgung für illegale Einwanderer und geschlechtsangleichende Operationen bestehen oder die Regierung wieder öffnen“, schreibt das Ministerium. 

Trump nutzt den Hunger als Druckmittel

Damit verbreitet es die falschen Behauptungen von Trump, dass die Demokraten mit dem Shutdown Vorteile für illegale Einwanderer erzwingen wollten. Die Demokraten streben jedoch nach einer Verlängerung der als Obamacare bekannten Gesundheitsreform, ohne die die Krankenversicherung für Millionen Amerikaner drastisch ansteigen würde.

42 Millionen Amerikaner – darunter 21 Millionen Kinder – sind vom Ende des Lebensmittel-Programms betroffen. Die Unterstützung von durchschnittlich 187 Dollar (rund 160 Euro) pro Person im Monat sind für viele Familien überlebenswichtig. In den vergangenen Tagen sind bereits die Suchanfragen nach den Tafeln im Land stark angestiegen.

Nicht nur Demokraten verurteilen das drohende Ende des Lebensmittel-Programms, auch Republikaner sind besorgt. „Es gibt keinen Grund und keine Entschuldigung dafür, den Armen jegliche Hilfe zu verweigern“, schrieb Senator Josh Hawley in einem Gastbeitrag für die „New York Times„. Letztlich ging es hier nicht um Politik, sondern „wer wir sind“. Hawley kündigte einen Gesetzentwurf an, der das Programm während des Shutdowns weiter finanzieren würde. Am Mittwoch teilten die Demokraten mit, diesen unterstützen zu wollen.

Gleichzeitig formiert sich auch in den US-Staaten Widerstand. 24 von ihnen reichten in dieser Woche eine Klage ein, um den Stopp des Programms zu verhindern. Haben beide Vorhaben keinen Erfolg, hungert ein Teil Amerikas ab dem Wochenende.

Ohne Frage, die Trump-Regierung nutzt den Hunger der Bevölkerung als Druckmittel, um die Demokraten zum Einlenken im Haushaltsstreit zu zwingen. Das Landwirtschaftsministerium weigert sich trotz vorheriger Ankündigung, eine finanzielle Notreserve anzuzapfen. Diese würde immerhin reichen, um zwei Drittel des Novembers abzudecken.  „Alles, was die Demokraten tun müssen, ist zu unterzeichnen“, sagte Trump am Mittwoch. Der Hunger der Menschen könnte das schnell bewirken.

Rechtsextremismus verbreitet sich rasant an Schulen

An deutschen Schulen gibt es eine Entwicklung, die Klassenräume und Pausenhöfe erfasst hat. Und das in einer Intensität und Geschwindigkeit, die einem den Atem rauben kann. Der Rechtsextremismus an deutschen Schulen hat ungeahnte Ausmaße erreicht, im Osten wie im Westen, hinweg durch alle Schulformen.

Ein Team von stern und RTL hat seit dem Frühjahr dazu recherchiert. Die Reporter sprachen mit Lehrkräften, die von Rechtsextremen bedroht werden, mit Schulleitungen, die sich von der Politik alleingelassen fühlen, mit Schülerinnen und Schülern, die Menschenverachtendes erleben, mit Eltern, die Hetze ausgesetzt sind. Das Team ermittelte aktuelle Zahlen zu rechtsextremen Vorfällen an Schulen und fand heraus: In manchen Bundesländern ist das Problem größer, als die Polizeistatistiken es vermuten lassen – in anderen fehlt ein akkurates Lagebild.  

Geht Merz auf Kuschelkurs mit Erdoğan?

Sie kennen sich bereits, sahen sich zuletzt beim Nahost-Gipfel im ägyptischen Scharm el-Scheich Mitte Oktober. Am Donnerstag trifft Friedrich Merz nun Recep Tayyip Erdoğan in Ankara zum offiziellen Antrittsbesuch. Der türkische Präsident macht es dem deutschen Kanzler nicht leicht, hat kurz vorher noch 19 Kulturschaffende verhaften lassen. Zudem hat ein Gericht gerade gegen Erdoğans einstigen Herausforderer, den Istanbuler Oberbürgermeister Ekrem İmamoğlu, einen weiteren Haftbefehl erlassen.

Wie sollte sich Merz verhalten? Warum braucht er Erdoğan so dringend und wie kann er den Besuch inhaltlich nutzen? Darüber diskutiert Miriam Hollstein mit stern-Chefredakteur Gregor Peter Schmitz.

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Abschließend noch ein Hinweis in eigener Sache: Durch den Feiertag in Hamburg am Freitag erscheint der nächste morgenstern erst wieder am 3. November.

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Ich wünsche Ihnen einen guten Start in den Tag! 

Take care!

Max Seidenfaden