U-Boot der Kaiserliche Marine: Kaiserliches U-Boot: vom Meeresgrund in Museen

Ein Unterwasser-Boot zerfressen vom Meer: Warum die Bergung der U16 so heikel war – und welche Teile des Wracks bald in Dresden und im Harz zu sehen sind.
Mehr als 100 Jahre lang lag das U-Boot U16 am Meeresgrund der Nordsee, viele Meter unberührt in der Tiefe. Das Wrack geriet in Vergessenheit – bis es als Gefahr für die Schifffahrt galt und in einer Hauruckaktion geborgen wurde. Experten haben es in seine Einzelteile zerlegt. Einige davon sind nun unter anderem in Museen in Sachsen und Sachsen-Anhalt zu sehen – weit weg vom Meer.
Große Teile, darunter der mittlere Rumpfteil mit Turm, werden ab Ostern im Harz präsentiert: im Fahrzeug- und Technikmuseum Benneckenstein am Brocken. Das Militärhistorische Museum der Bundeswehr in Dresden möchte in seiner neuen Dauerausstellung Teile des Waffensystems ausstellen. Es erhält unter anderem die beiden vorderen Torpedorohre.
Mario Tänzer, Leiter des Museums zu Fuße des Brockens, sagt laut Mitteilung: „Gebaut 1911, gesunken 1919, gehoben 2015. Weltweit einmalig – ein Stück deutsches Kulturerbe. Ab 2026 können Besucher in meinem Museumeinen Anblick erleben, der sonst nur Wracktauchern vergönnt ist.“. Das Museum hat Erfahrung mit der Organisation von Schwertransporten und verfügtüber den notwendigen Platz zur Ausstellung großer Exponate.
Wrack zerbricht – Streit um Bergung
Normalerweise verrotten Wracks am Meeresgrund. „Solche U-Boote werden eigentlich nicht geborgen“, erläutert Henning Haßmann vom Niedersächsischen Landesamt für Denkmalpflege bei einer Pressekonferenz in Cuxhaven. Zu groß sei die Gefahr, dass beim Bergen etwas schiefgeht und das Denkmal zerstört wird.
Doch in diesem Fall entschied die Generaldirektion Wasserstraßen und Schifffahrt, das U-Boot mit einem Schiffskran aus der Tiefe zu holen. Wasser drohte das Wrack zu unterspülen, ein Teil hätte sich laut der Behörde heben und die Fahrrinne behindern können. Die Experten bargen das U-Boot – ohne Absprache mit der zuständigen Bundesanstalt für Immobilienaufgaben oder Archäologen.
Bei der Bergung zerfiel das Unterwasser-Boot in zwei Teile, Wissenschaftler zeigten sich fassungslos. Landesarchäologe Haßmann sagt: „Wir hätten uns gewünscht, dass wir schon bei der Bergung beteiligt worden wären. Die Kollegen haben aber vor allen Dingen die Sicherheit gesehen.“
„Metall weich wie Kartoffelchips“
Nach ersten Plänen sollte das Wrack komplett verschrottet werden. Auch dagegen regte sich Widerstand. Experten untersuchten schließlich die beiden Wrackteile – also das, was noch davon übrig war. „Das war im Grunde genommen eine Art archäologische Rettungsgrabung“, berichtet der Landesarchäologe.
Das Wrack war laut den Forschern nur noch eine Hülle, randvoll gefüllt mit stark kontaminiertem Sediment. Das Material hatte sich weitgehend zersetzt, wie Haßmann schildert. Teilweise sei das Metall „weich wie Kartoffelchips“ gewesen.
Die Experten scannten das U-Boot mit Lasern und nahmen Proben von Kabeln, Batterien und Stahl. Sie stellten fest, dass wichtige Teile wie eine Bordschraube oder ein Motor fehlten. „Man konnte deutlich sehen, dass Teile auch abgesägt worden sind“, sagt Mike Belasus, Experte für Nautik und Archäologie.
Wohin mit dem kaiserlichen U-Boot?
Die Wissenschaftler gehen davon aus, dass die Besatzung das U-Boot gezielt demoliert hatte. Es wurde 1911 für die Kaiserliche Marine in Kiel gebaut und war einige Jahre als Schulungsschiff im Einsatz. Nach Ende des Ersten Weltkriegs mussten die Deutschen das 57 Meter lange Boot eigentlich den Briten als Reparationsleistung überlassen. Die Alliierten interessierten sich damals für die Technik und Bauweise, aber auch für das massive Metall.
Ein Schlepper sollte das U-Boot 1919 Richtung Großbritannien bringen. Doch schon vor der Insel Scharhörn in der Helgoländer Bucht sank es – und blieb dort bis zur Bergung diesen Spätsommer liegen.
Wohin also nun mit dem Wrack? „Wir haben uns ein bisschen hinter den Türen gestritten“, räumt Haßmann ein. Bei dem Zustand sei schnell klar gewesen, dass sich das U-Boot nicht als begehbares Museum eignet. Die Behörden und Forscher hätten lange diskutiert, sagt der Landesarchäologe. „Wollen wir wirklich der Zerlegung zustimmen? Ist es jetzt ein bewegliches Denkmal oder nicht?“
Verschiedene Museen stellen Wrackteile aus
Mehrere Museen zeigten schließlich Interesse an dem Wrack. Nach Aussagen der Experten wäre es jedoch zu teuer gewesen, das gesamte Boot zu konservieren und auszustellen. Etwa ein Viertel des Wracks soll nun in Museen ausgestellt werden, andere Teile werden erforscht oder gleich verschrottet.
Das Deutsche Luftschiff- und Marinefliegermuseum „Aeronauticum“ in Nordholz bei Cuxhaven übernimmt unter anderem ein großes Segment aus der Oberseite des Achterschiffs, das Stadtmuseum in Hagen (NRW) zwei dort produzierte riesige Batterien und das Cuxhavener Wrack- und Fischereimuseum „Windstärke 10“ unter anderem die Ankerkette.
Weitere kleinere Teile sollen im Deutschen Marinemuseum in Wilhelmshaven, im Internationalen Maritimen Museum in Hamburg und im Hamburger Museum für Archäologie gezeigt werden.
Wie geht es weiter?
Mit der Übernahme verpflichten sich die Museen, die Relikte zu erhalten und diese für die Öffentlichkeit und für Forschungen zugänglich zu machen. Wissenschaftler der Universität Magdeburg und der Technischen Universität Clausthal möchten beispielsweise das verwendete Metall analysieren. „Das war eine geheime Wissenschaft“, erklärt Haßmann. Die Marine habe ihre Innovationen damals bewusst nicht dokumentiert.
Für die Forscher beginne die Arbeit jetzt erst so richtig. Alle Daten und Proben müssten ausgewertet und analysiert werden. „Das wird sicher noch Jahre in Anspruch nehmen und per se interdisziplinär zu führen sein, mit Metallurgen, mit Historikern, mit Schiffsexperten und Archäologen.“




