Trumps pfälzische Wurzeln: Achtung, Mr. President, da kommt Besuch aus Deutschland!

Donald Trump hat deutsche Vorfahren aus Kallstadt. Angela Merkel und Friedrich Merz haben ihn vergeblich dorthin eingeladen – jetzt fliegt der Bürgermeister nach Washington.
Wann kommt denn jetzt Donald Trump? Seit Kanzler Friedrich Merz bei seinem Antrittsbesuch den amerikanischen Präsidenten in das Dorf eingeladen hat, aus dem seine deutschen Vorfahren stammen, wird Thomas Jaworek das immer wieder gefragt. Jaworek ist der Ortsbürgermeister von Kallstadt, jener 1250-Seelen-Gemeinde in der Pfalz, wo Trumps Großeltern geboren und aufgewachsen sind.
Doch jetzt erlebt die Geschichte eine überraschende Wendung: Der Präsident kommt erst mal nicht nach Kallstadt – dafür reist der Bürgermeister nach Washington.
Donald Trumps Großeltern stammen aus der Pfalz
Thomas Jaworek, 57, stammt aus Bayern. 1998 zog der Diplom-Chemiker in die Pfalz, arbeitet seither als Betriebsleiter bei BASF. 2004 zog er in den Gemeinderat von Kallstadt ein, 2014 wurde der CDU-Mann Bürgermeister und seither stets ohne Gegenkandidaten wiedergewählt. Wenn er in dieser Funktion wichtige Verpflichtungen hat, stellt ihn sein Arbeitgeber frei.
In ein paar Tagen ist die Verpflichtung besonders wichtig. Dann steigt Jaworek mit dem rheinland-pfälzischen Ministerpräsidenten Alexander Schweitzer ins Flugzeug in die US-Hauptstadt. Rheinland-Pfalz richtet in diesem Jahr die Feierlichkeiten zum Tag der Einheit an der deutschen Botschaft aus. Außerdem plant Schweitzer politische Gespräche über den Verbleib der in Rheinland-Pfalz stationierten US-Soldaten und ihrer Familien. Und über die Zollpolitik Donald Trumps, die auch das Land seiner Vorfahren hart trifft: Für manche Winzer in Rheinland-Pfalz sind die USA nach Deutschland der zweitgrößte Absatzmarkt. Dieses Problem betrifft auch Kallstadt und den Bürgermeister Jaworek.
Kallstadt, vergangenen Donnerstag. Die Straßen zwischen den historischen Fachwerkhäusern sind eng, The Beast, das berühmte gepanzerte Fahrzeug des US-Präsidenten, hätte es hier nicht leicht, zu manövrieren. Kallstadt lebt vom Tourismus, überall laden Weinwirtschaften Wanderer und andere Touristen mit ihren sonnigen Höfen zum Verweilen ein.
Thomas Jaworek führt den Ministerpräsidenten Schweitzer auf dessen Sommerreise mit einigen Journalisten durch die Freinsheimer Straße. Fast beiläufig weist er rechterhand auf das Haus des Großvaters, schräg gegenüber das der Großmutter. Friedrich Trump, Jahrgang 1869, ging als Jugendlicher nach Amerika, machte während des Goldrauschs im Nordwesten der USA als Gastronom ein Vermögen und kehrte zurück nach Kallstadt, wo er um die Hand der Nachbarstochter Elisabeth Christ anhielt.
Gemeinsam zogen beide wieder in die USA, diesmal nach New York. Eine neuerliche Rückkehr wurde Frederick Trump, wie er sich inzwischen nannte, von den Behörden – die Pfalz gehörte damals zum Königreich Bayern – verweigert: Man hielt ihm vor, sich mit seiner ersten Ausreise um den Wehrdienst gedrückt zu haben.
Donald Trump hat seinen Großvater nicht kennengelernt. 1918 verstarb Frederick Trump an der Spanischen Grippe. Das Immobilien-Imperium, von dem auch der Enkel profitierte, schuf vor allem die Großmutter. Sie hielt auch den Kontakt in die Heimat, 1960 feierte sie in Kallstadt ihren 80. Geburtstag.
Über seinen Vater erzählt Donald Trump unterschiedliche Geschichten. Mal behauptete der Präsident, der Vater sei in Deutschland geboren, mal, er komme aus Schweden. Richtig ist: Nur drei Monate nachdem die Großeltern Deutschland wieder verlassen mussten, kam ihr Sohn, ebenfalls Frederik genannt, in New York zur Welt. Später täuschte er eine schwedische Herkunft vor, um während der Nazi-Zeit und des Zweiten Weltkrieges wegen seiner deutschen Vorfahren keine geschäftlichen Nachteile zu riskieren.
Thomas Jaworek steht inzwischen in der Dorfkirche. Dem Altar gegenüber sieht man die Orgel, gebaut von der fränkischen Orgelbauer-Dynastie Geib, ein Vorzeigestück der kleinen Gemeinde. Die Kirche und das Instrument stehen aber auch beispielhaft für das ambivalente Verhältnis Donald Trumps zur Heimat seiner Vorfahren. Eine Spende Trumps für die Kirchengemeinde aus dem Jahr 2001 ist belegt, weit vor seiner politischen Karriere. Die Spende kam in Form eines Schecks über 5000 Dollar, damals mehr als 11.000 D-Mark, wie der Kirchensender Domradio.de 2017 berichtete.
Einmal hat Donald Trump gespendet – dann nicht mehr
Einige Jahre später wurde Trump erneut angefragt, für die Renovierung der Geib-Orgel zu spenden, doch diesmal knauserte er.
Wie Donald Trump zu seiner deutschen Herkunft steht, ist unklar. Schon Angela Merkel versuchte mit einer Reminiszenz an seine Familiengeschichte, das Verhältnis zum US-Präsidenten in dessen erster Amtszeit aufzulockern. Sie überreichte Trump den kolorierten Kupferstich einer Karte der Pfalz von 1705, auf der auch Kallstadt eingezeichnet ist. Auch damals gab es Gerüchte, Trump könne die Heimat seiner Vorfahren alsbald besuchen, zumal der damalige US-Generalkonsul James Herman Kallstadt bereits einige Monate vor Merkels Treffen mit Trump besichtigt hatte. Doch dann wurde nichts draus.
Immer wieder erwähnte Trump in den vergangenen Jahren seine Familiengeschichte, sprach von „großartigen Gefühlen“ für Deutschland. Bei einem G7-Treffen in Biarritz 2019 sagte Trump, er „habe deutsches Blut“, worauf die neben ihm sitzende Kanzlerin Merkel kurz vor Lachen prustete. Friedrich Merz schenkte Trump bei seinem Antrittsbesuch eine Kopie der Geburtsurkunde des Großvaters und lud ihn ebenfalls nach Kallstadt ein.
Doch zu einem Besuch in Deutschland ist es bislang nicht gekommen und er ist auch nicht absehbar, wohl auch, weil Trump sich nicht willkommen fühlt: „Die Deutschen haben Obama geliebt, mich nicht“, sagte er im jüngsten Wahlkampf.
In Kallstadt rechnet man einstweilen auch nicht mehr mit dem US-Präsidenten. Das Brimborium drumherum, die Sicherheitsvorkehrungen und wohl auch Trumps Persönlichkeit machen die Einheimischen eher skeptisch. Er glaube, sagt Thomas Jaworek unumwunden, die Kallstädter hofften mehrheitlich, „dass der Kelch an uns vorübergeht“. Auch der Ministerpräsident hat noch keine Hinweise auf einen Staatsbesuch. Aber natürlich werde man Trump gegebenenfalls gebührend empfangen, Saumagen servieren, wie es schon Helmut Kohl gerne getan hat. Außerdem könne er sich einen Abstecher auf das Hambacher Schloss vorstellen, sagt Schweitzer, das als Geburtsort der deutschen Demokratie gilt. Er habe gehört, die Demokratie sei auch in den USA gerade ein Thema, scherzt der Ministerpräsident.
Wird Thomas Jaworek den Präsidenten in Washington treffen? Eher nicht. Die Feierlichkeiten zum 3. Oktober finden im Garten der Residenz des deutschen Botschafters statt. Es gibt Reden und pfälzische Spezialitäten. Natürlich sind auch Vertreter aus der US-Politik eingeladen. Dass der Präsident höchstselbst vorbeischaut, ist sehr unwahrscheinlich, zumal man ihn auch mit Pfälzer Wein nicht locken kann – angeblich trinkt er keinen Alkohol. Aber bei Donald Trump weiß man ja nie.