Jüdischer Friedhof Weißensee: Andacht für Margot Friedländer: „Du lebst weiter“

Sie war Holocaustüberlebende, Berliner Ehrenbürgerin und eine eindrucksvolle Persönlichkeit. Heute wäre Margot Friedländer 104 Jahre alt geworden. An ihrem Grab erinnern Freunde und Bekannte an sie.
Im Mai starb die Holocaustüberlebende Margot Friedländer, heute wäre sie 104 Jahre alt geworden: Aus Anlass ihres Geburtstags versammelten sich am Vormittag Freunde und Weggefährten an ihrem Grab auf dem Jüdischen Friedhof in Berlin-Weißensee. Darunter waren der Sänger Max Raabe, Schauspielerin Iris Berben und die frühere Kulturstaatsministerin Monika Grütters.
Ein Duo mit Trompete und Akkordeon spielte traurig-schön den Beatles-Song „Let it be“. Auf dem Grab lagen Blumen und Gestecke. „Du lebst weiter“, stand auf einer Schleife. Berlins Regierender Bürgermeister Kai Wegner (CDU) nahm darauf Bezug. Margot Friedländer sei an einem anderen Ort, aber immer noch da. „Sie bewegt uns immer noch, tagtäglich“, sagte er.
Wegner würdigte Friedländer als eine „kleine, zierliche, leise Frau, die so groß und wichtig war“ und erinnerte an ihr jahrelanges Engagement für Toleranz und Menschlichkeit und gegen Antisemitismus. „Unsere Aufgabe ist, den Weg, den Margot Friedländer gegangen ist, weiterzugehen“, sagte er. „Die Aufgaben sind groß in diesem Bereich. Das sehen wir jeden Tag.“
Wegner sichert einen Ort für die Erinnerung an sie zu
Auch die Diskussion über die Frage, ob eine Straße oder ein Platz in Berlin nach Friedländer benannt werden sollte, thematisierte der Regierende Bürgermeister an ihrem Grab: „Wir sind in Gesprächen, an welchem Ort wir das Gedenken an sie organisieren“, sagte er und versicherte: „Wir werden einen sehr guten Ort finden.“ Und sehr persönlich ergänzte er: „Danke, dass ich dich kennenlernen durfte. Wir werden dich niemals vergessen!“
Karsten Dreinhöfer, Vorstandsvorsitzender der Margot Friedländer Stiftung, erinnerte daran, wie Friedländer in den vergangenen Jahren fast unermüdlich Termine wahrgenommen, Schulen besucht und Reden gehalten habe. „Du hast uns gebeten, deine Mission fortzuführen“, sagte er. „Wir stehen an einem Punkt, an dem wir nicht nur erinnern, sondern handeln müssen.“
Rabbiner wünscht sich mehr Liebe für die Gesellschaft
Rabbiner Yehuda Teichtal forderte alle Anwesenden auf, Margot Friedländer ein besonderes Geburtstagsgeschenk zu machen: „Eine gute Tat zusätzlich heute“, sagte er. „Und mehr Liebe für die Gesellschaft.“
Margot Friedländer wurde als jüdische Deutsche 1921 in Berlin geboren. 1944 wurde sie von den Nazis ins Konzentrationslager Theresienstadt deportiert. Als einzige ihrer Familie überlebte sie den Holocaust. Nach der Befreiung 1945 ging sie mit ihrem Mann ins Exil in die USA. Nach mehr als sechs Jahrzehnten in New York kehrte Friedländer im Alter von 88 Jahren nach Berlin zurück. Im Mai starb sie im Alter von 103 Jahren.




