Freundschaft endet tödlich: 90-Jährige wegen Mordes an 77-jähriger Freundin vor Gericht

Eine hochbetagte Seniorin ruft die Polizei – und meldet eine Tote in ihrer Wohnung. Es ist ihre engste Freundin. Was sich genau zutrug, soll nun ein Strafprozess klären.
Fast ein halbes Jahrhundert verband die beiden älteren Damen eine enge Freundschaft – im vergangenen Jahr endete sie tödlich. Im Streit soll damals eine 89-Jährige in ihrer Münchner Wohnung ihre 77 Jahre alte Freundin mit einem Kochtopf geschlagen und tödlich verletzt haben.
Nun beginnt vor dem Münchner Landgericht der Prozess gegen die inzwischen 90-Jährige. Sie ist wegen Mordes angeklagt und sitzt seit der Tat im vergangenen Sommer in Untersuchungshaft.
Die beiden schon körperlich beeinträchtigten Frauen, die so gut wie keine anderen Kontakte mehr hatten, sahen sich fast täglich. Die Jüngere kam zu der Älteren, half ihr etwa beim Einkaufen und verbrachte den Tag mit ihr.
Ein Sommertag mit tragischem Ende
Mitte Juli vergangenen Jahres gingen die beiden wie so oft gemeinsam in den Supermarkt und besuchten danach eine Eisdiele, um gemütlich Eis zu essen. An der Wohnung der Älteren angekommen, half ein Nachbar noch, die Einkäufe in die Wohnung zu tragen.
Von dem folgenden Streit bekam allerdings niemand im Haus etwas mit. Dazu kam es den Ermittlungen zufolge beim Verräumen der Einkäufe. Die 77-Jährige soll gegen den ausdrücklichen Wunsch der Älteren in deren sehr kleine Küche gegangen sein.
In der Enge dort stieß sie diverse Dinge zu Boden und richtete Chaos an – so soll jedenfalls den Ermittlungen zufolge später die mutmaßliche Täterin den Hergang geschildert haben. Darüber soll es zu einer gegenseitigen handgreiflichen Auseinandersetzung gekommen sein, in deren Verlauf die Ältere schließlich zu einem Kochtopf gegriffen und mit diesem die Jüngere geschlagen haben soll.
Tage später rief die 89-Jährige die Polizei. Die Beamten fanden nach damaligen Polizeiangaben in der Wohnung die Tote mit Spuren von Gewalteinwirkungen. Die Seniorin wurde festgenommen und sitzt seither in der Justizvollzugsanstalt Stadelheim.
Fluchtgefahr mit 90? Verteidigung kritisiert Haft
Die Verteidigung zweifelt zwar den Hergang grundsätzlich nicht an, sieht in der Tat aber keinen Mord. Es sei zu gegenseitigen Handgreiflichkeiten gekommen, sagt Anwalt Johannes Makepeace, der mit seiner Kollegin Annette von Stetten die Verteidigung übernommen hat. „Die Herausforderung in dem Prozess wird sein, den genauen Tathergang zu rekonstruieren – und wie es zu der Tat kam.“
Makepeace äußerte Unverständnis über die Untersuchungshaft für seine schwer geh- und sehbehinderte Mandantin. Wie die alte Dame, die in bescheidenen Verhältnissen lebe, sich mit all ihren körperlichen Einschränkungen auf die Flucht begeben sollte, „dafür fehlt mir die Fantasie“. Es gebe etwa das Instrument der elektronischen Fußfessel. „Man kann auch menschenwürdiger mit Verdächtigen umgehen.“